The Last Face

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Unverfroren

Sean Penn ist fraglos ein Mann mit einem Anliegen und einer Mission. Immer wieder meldet sich der Schauspieler und Regisseur in verschiedenen politischen Angelegenheiten zu Wort. Nicht immer agiert er dabei besonders glücklich, aber seine Engagements gegen den dritten Golfkrieg und gegen die Bush-Regierung sowie auf Haiti und in anderen Krisenregionen sind unbenommen. Daher ist es kein Wunder, dass auch der neueste Film von Penn eine Botschaft hat.

Sehr fraglich ist hingegen die überaus heulsusige und beinahe schon peinliche Art und Weise, mit der der Filmemacher hier seine Mission unters (Heim-)Kinovolk bringen will: Als Liebesmelodram mit hohem Schluchzfaktor, überwiegend ausgesucht schönen Bildern und wuchtigem Hans-Zimmer-Score, das so offensichtlich auf die Tränendrüsen und die Brieftaschen der Zuschauer zielt, dass man ob solcher Unverfrorenheit schnell sauer wird.

Im Kern geht es in The Last Face um die Liebesgeschichte zwischen Dr. Wren Petersen (Charlize Theron), deren Vater die (tatsächlich existierende) Hilfsorganisation MdM (Médecins du Monde) gründete, und dem Arzt Dr. Miguel Leon (Javier Bardem), der im Jahre 2003 für die NGO in Liberia und Sierra Leone arbeitete. Als sich die beiden begegnen, ist sie, die ausgebildete Medizinerin, eigentlich längst fest in die Administration eingebunden, während er für die Rettung der Bürgerkriegsflüchtlinge tagtäglich sein Leben aufs Spiel setzt. Dann steckt sie unvermutet vor Ort fest, und es entwickelt sich zwischen ihr und dem gutaussehenden Arzt eine Affäre, die aber im Laufe der Jahre zunehmend unter den unterschiedlichen Sichtweisen und dem häufigen Getrenntsein leidet, bis sie schließlich 13 Jahre später kurz vor dem endgültigen Scheitern steht.

Um das Leid in der Welt zu schildern, spart Sean Penn nicht mit drastischen Bildern: Abgetrennte Gliedmaßen, Messer, die sich tief ins Fleisch hineinschneiden, ekelerregende Kriegsgräuel wie herausgerissene Gedärme, die als eine Art Schranke zwischen zwei Bäumen aufgespannt sind, dazu die perversen Spiele der Rebellen, die einen kleinen Jungen dazu zwingen wollen, seinen eigenen Vater zu erschießen – all das schlägt dem Zuschauer schon heftig auf den Magen. Noch viel schlimmer allerdings ist die Garnitur, die Sean Penn zur Überzuckerung seines Films darreicht: Eine tränennasse Liebesgeschichte mit allerlei amourösen Verwicklungen direkt aus der Hölle des TV-Primetime-Programms, mit zum Teil hochnotpeinlichen Dialogen, einem schwülstigen Soundtrack, viel Slo-Mo-Gegenlicht-Großaufnahmen-auf-nachdenklichen-Gesichtern-Gedöns. Dazu gibt es viel edles Gedankengut, hohle Pathos-Reden und andere Ingredienzien aus der Kitschkiste, die systematisch jegliche beabsichtigte Sympathie für die sicherlich hehren Anliegen des Films unterlaufen und aus dem Film eine Romanze in Mull machen, bei der man sich am Ende betroffen fragen muss, wer hier eigentlich am meisten gelitten hat: Die beiden Ärzte mit Helfersyndrom? All die Kriegsopfer und traumatisierten Flüchtlinge, die hier doch niemals mehr sind als Statisten für schöne Bilder? Oder nicht vielleicht doch der Zuschauer, der hier auf allzu dreiste und offensichtliche Weise in emotionale Geiselhaft genommen werden soll? Allein dass sich diese Frage überhaupt stellt, ist schon schlimm genug. Betrachtet man alles aber mit einigem Abstand, dann läuft in The Last Face beinahe alles derart schief, dass der Film seinem eigentlich sehr noblen Anliegen eher schadet als nützt.
 

(Joachim Kurz)

The Last Face

Sean Penn ist fraglos ein Mann mit einem Anliegen und einer Mission. Immer wieder meldet sich der Schauspieler und Regisseur in verschiedenen politischen Angelegenheiten zu Wort. Nicht immer agiert er dabei besonders glücklich, aber seine Engagements gegen den dritten Golfkrieg und gegen die Bush-Regierung sowie auf Haiti und in anderen Krisenregionen sind unbenommen.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Ales Keller · 14.01.2019

Wer diesen Film so in den Dreck zieht wie einige so genannte Kritiker und auch Zeitungen hat glaube ich nix verstanden.
Sehe ihm gerade zum 3. Mal weil ich es verstehen will, warum sich einige Leute soooo das Maul über den Film zerreißen???
Meine Meinung :
"Jede Sekunde ist sehenswert und Realität sehr nah, Augen auf und nicht zu!!!