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Otfried Preußlers Kleine Hexe hat genau so viele Jahre auf dem Buckel wie ihre Geschichte Seiten: 127. Sechs Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung kommt die Verfilmung des Kinderbuchs mit Karoline Herfurth in der Hauptrolle in die Kinos und hat nichts von seiner Magie verloren.

Die kleine Hexe (2018)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Kleine Hexe, großes Herz

Die kleine Hexe (Karoline Herfurth) muss noch viel lernen, schließlich ist sie mit ihren 127 Jahren noch ein echter Jungspund. Den richtigen Zauberspruch etwa, um es regnen zu lassen, beherrscht sie nicht. Und so prasseln erst Tannenzapfen, dann Wäscheklammern und zu schlechter Letzt Suppenlöffel vom Himmel, als sich die Kamera, getragen von der verspielten Musik, zwischen Igeln und Rehen ihren Weg zum Hexenhäuschen bahnt.

An einem Tümpel steht es windschief im Wald. Die Fassade ist aus Lehm, das Dach aus Stroh, die Liebe zum Detail die große Stärke dieser Adaption, die einen von Beginn an in die eigene Kindheit zurückversetzt.

Wer Otfried Preußlers Vorlage kennt und präsent hat, wird die kleinen Abweichungen schnell bemerken. Im 1957 erschienenen Kinderbuch regnet es weiße Mäuse und Frösche, bevor die Tannenzapfen folgen. Vielleicht setzt der Film hier einfach erst später ein, denkt das Geschehen weiter. Wie Drehbuchautor Matthias Pacht all die kleinen Episoden in eine stringente Handlung überführt, einige davon klug zusammenfasst und Figuren bereits früher als im Buch die Wege kreuzen lässt, ist überhaupt die große Herausforderung dieser Umsetzung und vollauf gelungen.

Wem der in 47 Sprachen übersetzte Bestseller nichts sagt, dem sei hier noch einmal schnell erklärt, worum es geht: Wie nichts anderes auf der Welt möchte die kleine Hexe in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg ums Feuer tanzen. Allein, sie ist zu jung und in den Augen der anderen zu dünn, zu klein, zu dumm und zu wohlriechend. Als sie es dennoch wagt und erwischt wird, stellt ihr die Oberhexe (Therese Affolter) ein Ultimatum. Bis zur nächsten Versammlung im kommenden Jahr muss sie alle 7892 Zaubersprüche auswendig lernen und eine gute Hexe werden. Ihr Rabe Abraxas (Stimme: Axel Prahl) steht ihr mit Rat und Tat zur Seite, hat allerdings keine Ahnung, was eine gute von einer schlechten Hexe unterscheidet. Statt den Guten zu helfen, indem sie die Bösen quält, entwickelt die kleine Hexe alsbald auch für letztere Verständnis und freundet sich mit den Kindern Vroni (Momo Beier) und Thomas (Luis Vorbach) an. Mit kritischem Blick und belehrenden Sprüchen lauert ihre Muhme, die Wetterhexe Rumpumpel (Suzanne von Borsody), stets hinter der nächsten Ecke.

Die Produzenten des Films, Ulrike Putz und Jakob Claussen, haben mit Krabat (2008) und Das kleine Gespenst (2013) bereits zwei Werke Preußlers und mit Johanna Spyris Heidi (2015) einen weiteren Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur auf die große Leinwand übertragen. Damit stehen sie in der beinahe schon altbewährten Tradition des deutschsprachigen Kinder- und Familienfilms. Denn was sich in Buchform gut verkauft und als Marke etabliert hat, hat schließlich auch in anderen Medien Erfolgsaussichten. Dementsprechend geben sich alljährlich Nachwuchsdetektive, wilde Kerle und Hühner, Internatsschüler und -schülerinnen oder Hexen auf dem Reiterhof in den Kinosälen die Klinke in die Hand. Wie bei den Superheldenstreifen oder, um im Lande zu bleiben, Komödien wie Fack ju Göhte wird die Kuh so lange gemolken, bis sie ins Gras beißt. Die Einfallslosigkeit dieser Erfolgsformel hat Kollege Rochus Wolff auf Kino-Zeit bereits mehrfach beschrieben, jüngst etwa hier. Und in manchen Fällen ist ein geradezu reaktionärer Rückfall in die Zeiten der Vorlagen sicher nicht von der Hand zu weisen.

Auch wenn Regisseur Michael Schaerer und sein Team ihrem Film einen altmodischen Look verpassen, die Kostüme etwa vom Viktorianischen Zeitalter um 1900 inspiriert sind, ist daran nichts altbacken. Otfried Preußlers Geschichte mag 60 Jahre auf dem Buckel haben, sie versprüht auch heute noch so viel Esprit wie ihre aufmüpfige, ja nach Hexenverständnis geradezu jugendliche Protagonistin. Mit ihrer kecken Art und einer winzigen, aber entscheidenden Prothese auf der Nasenspitze könnte es gar keine bessere Wahl als Karoline Herfurth für die Hauptrolle geben. Sie spielt nicht, sondern ist diese Figur einfach, wie auch Axel Prahl als Sprecher im Raben Abraxas voll aufgeht. In einer Welt, in der Begriffe wie „Hexenjagd“ wieder heiß diskutiert werden, bildet die Hauptfigur ein positives Gegengewicht. Herfurths kleine Hexe setzt sich mit Witz und Herz gegen all jene zur Wehr, die nicht für voll nehmen, wer mit seinem Besen in eine andere Richtung als der gleichförmige Rest will.

Die kleine Hexe (2018)

Da „Die kleine Hexe“ gerade erst 127 Jahre alt ist darf sie noch nicht am Hexenfest zur Walpurgisnacht teilnehmen. Das lässt sie sich aber nicht gefallen und schleicht sch unter die älteren Hexen. Doch dann wird sie entdeckt und muss zur Strafe alle Zaubersprüche aus dem magischen Buch auswendig lernen, innerhalb nur eines Jahres. „Die kleine Hexe“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Kinderbuches und Klassiker von Otfried Preußler.

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Meinungen

miklós · 10.10.2019

verblödete,merkwürdige und klamottenhafte hexen, dilettantische und chaotische szenen-und bildgestaltung, klischeebedienende kostüme, brav abgefilmte natur, regieführung auf grundschulniveau. und als tiefpunkt eine nicht wiederzuerkennende Karolin Herfurt, von der maske grausam verunstaltet: das hat Otfried Preußler nicht verdient