In a Valley of Violence (2016)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Rache für den Hund

Bislang tobte sich Ti West – seines Zeichens Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Cutter und Gelegenheitsschauspieler – bevorzugt im Horrorgenre aus und orientierte sich dabei nicht selten, etwa in The House of the Devil, an vergangenen Filmdekaden. Nach dem beklemmend-unheimlichen Sekten-Schocker The Sacrament und zwei gruseligen Fernseh-Beiträgen wendet er sich in seinem jüngsten Spielfilm nun dem Western zu, wobei vor allem die dreckig-rauen Italo-Klassiker In a Valley of Violence beeinflusst haben. Deutlich zu sehen schon in der Titelsequenz, die an den kunstvoll-stilisierten Vorspann aus Sergio Leones Für eine Handvoll Dollar angelehnt ist.

Da der vom Bürgerkrieg zermürbte Soldat Paul (Ethan Hawke) so schnell wie möglich sein Heimatland in Richtung Mexiko verlassen will, nimmt er gegen den Rat eines Wanderpredigers (Burn Gorman) zusammen mit seiner Hündin Abbie eine Abkürzung durch das Wüstenkaff Denton. Einen Ort, der als „Tal der Gewalt“ verschrien ist. Bei einem Zwischenstopp im Saloon wird der streitlustige Gilly (James Ransone) auf den Fremden aufmerksam, ärgert sich über sein Desinteresse und fordert ihn zu einem Faustkampf heraus. Paul, der Abbie versprochen hat, der Gewalt abzuschwören, sieht sich irgendwann gezwungen, den Hitzkopf niederzuschlagen, was dessen Vater, den lokalen Marshal (John Travolta mit Holzbein und Krücke), auf den Plan ruft. Um eine weitere Eskalation abzuwenden, verweist der Ordnungshüter den Soldaten aus der Stadt und lässt ihn unbehelligt weiterziehen. Gilly will die Kränkung allerdings nicht auf sich sitzen lassen und heftet sich mit seinen Kumpanen an Pauls Fersen. In der Nacht überwältigen sie den Ahnungslosen, töten seine geliebte Hündin und stoßen den Reisenden einen Abhang hinunter. Paul überlebt jedoch und macht sich abermals auf den Weg nach Denton.

Dass sich der Kriegsteilnehmer nichts gefallen lässt, unterstreicht bereits der prägnant-intensive Einstieg, bei dem Paul dem zwielichtigen Prediger gehörig die Leviten liest. Der Mann hat ein Ziel vor Augen, möchte keinen Ärger machen, weiß sich, wenn er einmal herausgefordert wird, aber durchaus zu wehren. Auch wenn die Ausgangslage hochgradig generisch ist, baut West in seinen Rachestreifen einige Nuancen ein, die Altbekanntes etwas auffrischen. Eher ungewöhnlich ist beispielsweise die innige Beziehung zwischen Paul und seiner Hündin, mit der er immer wieder Zwiegespräche führt. Nachdem er Frau und Tochter zurückgelassen hat, weil er mit seinen Kriegstaten hadert, liegt ihm Abbies Gesellschaft besonders am Herzen, weshalb er Gillys Tat um jeden Preis rächen will.

Gewitzt zieht das von West verfasste Drehbuch auch die erste Auseinandersetzung mit Gilly auf, der sich Paul zunächst konsequent verweigert. Während er im Saloon sitzen bleibt, brüllt sich der Sohn des Marshals auf der Dorfstraße die Seele aus dem Leib und steigert sich zunehmend in seine Wut hinein. Angesichts des verhältnismäßig langen Vorbaus ist es umso amüsanter, dass der Fremde das Duell schließlich kurz und schmerzlos mit nur einem Fausthieb beendet. Anders als man es mit Blick auf den Spitznamen des Ortes vielleicht vermuten könnte, tritt der von John Travolta kernig gespielte Stadtpatron als überlegter Pragmatiker in Erscheinung, der Paul laufen lässt, weil er in ihm einen gefährlichen Gegner erkennt. Trotz dieses Gnadenaktes wirkt der autoritäre Gesetzeshüter bedrohlicher als sein aufgekratzter Sohn, den weder Wests Vorlage noch Darsteller James Ransone als ernst zu nehmenden Kontrahenten etablieren können.

Gleichwohl funktioniert In a Valley of Violence recht ordentlich als gradlinig-simple Vergeltungserzählung, die in schöner Regelmäßigkeit auf den Italo-Western und seine Meilensteine verweist. Etwa durch die treibende, an Ennio Morricone erinnernde Musik. Oder eine Badewannen-Szene, die dem eingeweihten Zuschauer eine ikonische Passage aus Leones Zwei glorreiche Halunken ins Gedächtnis rufen dürfte. Schade ist bei aller Freude über die betont altmodische und anspielungsreiche Ausrichtung, dass West der spannenden Frauenfigur Mary-Anne (Taissa Farmiga) nur einen verhalten modernen Anstrich verpasst. Etwas mehr Profil hätte die gesprächige Hotelbetreiberin sicherlich vertragen können.
 

In a Valley of Violence (2016)

Bislang tobte sich Ti West – seines Zeichens Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Cutter und Gelegenheitsschauspieler – bevorzugt im Horrorgenre aus und orientierte sich dabei nicht selten, etwa in „The House of the Devil“, an vergangenen Filmdekaden. Nach dem beklemmend-unheimlichen Sekten-Schocker „The Sacrament“ und zwei gruseligen Fernseh-Beiträgen wendet er sich in seinem jüngsten Spielfilm nun dem Western zu, wobei vor allem die dreckig-rauen Italo-Klassiker „In a Valley of Violence“ beeinflusst haben.

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