Club der roten Bänder (Staffel 1)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Zwischen Leben und Tod

Schwerkranke Kinder, ein Erzähler, der im Koma liegt und der Tod eines guten Freundes – eigentlich macht diese Serie alles falsch, um die Stimmung zu heben, und gerade deshalb vieles richtig. Beim deutschen Publikum traf Club der roten Bänder zumindest voll ins Herz. Die erste Staffel der Serie, die auf Albert Espinosas Buch Glücksgeheimnisse aus der gelben Welt beruht, erscheint nun auf DVD.

Auf den ersten Blick wirkt Albert Espinosa wie ein Durchschnittstyp. In Spanien ist dieser unscheinbare Mann ein Superstar, den täglich 10.000 E-Mails von Fans erreichen. Bei Autogrammstunden bestürmen ihn kreischende Teenager wie das Mitglied einer Boygroup. Espinosas Leistung: überleben. Über seinen Kampf gegen den Krebs, den er zehn Jahre lang führte und der ihn ein Bein, einen Lungenflügel und einen Teil seiner Leber kostete, hat Espinosa das Buch Glücksgeheimnisse aus der gelben Welt geschrieben. Aus dem Verkaufsschlager wurde eine Fernsehserie, die mittlerweile in 18 Ländern ausgestrahlt wird. In vielen Nationen erhielt sie eigens eine Adaption mit heimischen Schauspielern. Steven Spielberg produzierte den amerikanischen Ableger. Von November bis Dezember 2015 lief die erste Staffel der deutschen Ausgabe beim Privatsender VOX.

Dabei scheint Espinosas Geschichte auf den ersten Blick viel zu bitter für ein breites Publikum. Der 17-jährige Jonas (Damian Hardung) ist an Krebs erkrankt. Die Ärzte können sein rechtes Bein nicht mehr retten. Zur Amputation wird er in ein neues Krankenhaus verlegt. Dort trifft er auf Leo (Tim Oliver Schulz), der nach mehreren Chemotherapien bereits den linken Unterschenkel verloren hat. Doch Leo lässt sich nicht unterkriegen. Mit Galgenhumor rollt er durch die Krankenhausflure, scherzt mit Pflegern und Krankenschwestern und bietet den Ärzten die Stirn. Seine roten OP-Bänder trägt er stolz zur Schau: als Abzeichen eines Überlebenden. Gemeinsam mit Jonas gründet er schließlich eine Gang. Ein Name ist schnell gefunden: „Club der roten Bänder“. Und wie es sich für eine richtige Gang gehört, hat sie sechs Mitglieder. Neben Leo, der den Anführer gibt, und Jonas als dessen Stellvertreter gehören ein Schlauer, ein Schöner, ein Mädchen und ein guter Geist dazu. Deren Plätze nehmen der leicht autistische Toni (Ivo Kortlang), der herzkranke Alex (Timur Bartels), die magersüchtige Emma (Luise Befort) und der komatöse Hugo (Nick Julius Schuck) ein. Gibt es Zoff, hält Hugo die Freunde mit seinem Rat zusammen. Denn Toni hat einen Draht in Hugos Welt, die irgendwo zwischen Leben und Tod liegt.

Espinosas Club der roten Bänder hat seinen Siegeszug auch in Deutschland fortgesetzt. Die erste Staffel bescherte VOX mehr als zwei Millionen Zuschauer pro Folge und eine Auszeichnung in der Kategorie „Beste Serie“ beim Deutschen Fernsehpreis. Der Erfolg ist einfach zu erklären: Espinosas Vorlage wie auch ihre deutsche Umsetzung nehmen die Protagonisten ernst. Krankheit und Tod werden konsequent aus einer jugendlichen Perspektive geschildert, ohne dabei den Humor zu verlieren. Das fantastische Element verleiht zusätzliche Würze. Aus Erwachsenensicht wirkte Hugos Zwischenwelt schnell lächerlich oder esoterisch verkitscht, durch die Augen der Jugendlichen drückt sie vor allem Hoffnung im eintönigen Krankenhausalltag aus, den die durchweg gelungene Besetzung über weite Strecken glaubwürdig vermittelt.

Club der roten Bänder ist damit ein weiterer Versuch, sich von gängigen Fernsehformaten abzuheben. Mit den typischen deutschen Krankenhausserien von der Schwarzwaldklinik bis Doctor’s Diary und ihrer allzu simplen Dramaturgie zwischen (fehlbaren) Göttern in Weiß und Herzschmerz hat das nicht mehr viel zu tun. Vom souveränen seriellen Erzählen US-amerikanischer Vorbilder ist freilich auch Club der roten Bänder noch weit entfernt. Dazu entwickeln sich die Charaktere und die Problemlösungen bei aller Härte dann doch etwas zu glatt. Alleine der mutige Ansatz ist jedoch einen zweiten Blick wert. Wer mehr zum Autor und zur Entstehung der Serie erfahren möchte, findet ein umfangreiches Making-of im Bonusmaterial, das allerdings an zu vielen Stellen einer ausgedehnten Inhaltsangabe gleicht. Davon einmal abgesehen: So kann es mit dem deutschen Fernsehen weitergehen.
 

Club der roten Bänder (Staffel 1)

Schwerkranke Kinder, ein Erzähler, der im Koma liegt und der Tod eines guten Freundes – eigentlich macht diese Serie alles falsch, um die Stimmung zu heben, und gerade deshalb vieles richtig. Beim deutschen Publikum traf „Club der roten Bänder“ zumindest voll ins Herz. Die erste Staffel der Serie, die auf Albert Espinosas Buch „Glücksgeheimnisse aus der gelben Welt“ beruht, erscheint nun auf DVD.

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