Mojave - Die Wüste kennt kein Erbarmen

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Ungefällige Unterhaltung mit unschlüssigem Ergebnis

„Ich muss in die Wüste“, lautet der Beschluss des erfolgreichen Regisseurs Tom (Garrett Hedlund) zu Beginn des Films, quälend gelangweilt von seiner frühen, andauernden Berühmtheit und wohl auch von seinem Dasein insgesamt. Dieses Vorhaben setzt Tom dann auch sehr rasch um, ohne sich bei Familie und Freunden abzumelden, die sein gelegentliches Abtauchen offensichtlich ohnehin schon gewohnt sind. Mit leichtem Gepäck und einem unterwegs besorgten Wasservorrat startet er seinen Geländewagen vom komfortablen Los Angeles aus in die karge Mojave-Wüste, um es dort mit seiner schwelenden Sinnkrise aufzunehmen. In Mojave – Die Wüste kennt kein Erbarmen fungiert das symbolträchtige, vegetationsarme Territorium der Wüste mit ausdrucksstarken Bildern einmal mehr als Metapher für Rückzug, Reduktion, Kontemplation und Sinnsuche, und zwar im Milieu der ganz harten Burschen, die dort herauszufinden bemüht sind, was sie wollen oder was sie sind, wie Tom bemerkt. Doch der Wüstentrip wandelt sich für den melancholischen Mann bald von einer Konfrontation mit sich selbst zu einem unbeabsichtigten Duell mit dem herumstreunenden Jack (Oscar Issac), der an seinem Nachtlager eintrifft und ihm von nun an bis in die privatesten Winkel seiner Existenz folgen wird.
Treffen sich zwei Männer in der Wüste, kann es am Lagerfeuer leicht zu einem näheren Gespräch über die grundlegenden Aspekte des Daseins kommen. Doch Tom muss erkennen, dass es dem gewieften Jack nicht um einen anregenden Austausch geht, sondern um einen kategorischen Kampf in grausamer Manier, um den Zufallsgegner zu vernichten. Kann Tom Jack zunächst überwältigen und auf Abstand halten, folgt ihm dieser in eindeutiger Absicht durch das schroffe Gelände, und als Tom ihn in bedrohlicher Nähe wähnt und schießt, hat er versehentlich einen Ranger getötet, mit Jack als Zeugen. Dieser spürt Tom schließlich in Los Angeles auf und eröffnet damit sein teuflisches Spiel um Erpressung und Macht, in dem Tom seine Rolle als verschlagener Gegenpart einnimmt, in zwielichtige pseudophilosophische Diskurse mit dem Aggressor verstrickt. Es sind die derben, stilisierten und anspielungsreichen Dialoge der beiden Hauptdarsteller und auch weiterer Charaktere wie Toms Produzent Norman (Mark Wahlberg), die ein bedeutsames Stilmittel in diesem Film markieren, das eine so klischeeträchtige wie ironisierte Männerwelt und -perspektive manifestiert.

Die minimalistische, bewusst kryptisch gehaltene Gestaltung der Geschichte und Figuren in Mojave – Die Wüste kennt kein Erbarmen entwirft das puristische Szenario einer Mannsbildkrise, in dem sich die Protagonisten in einem selbstverliebten, destruktiven Machotum suhlen. Ob und inwieweit das tatsächliche Geschehen um Tom dabei nun eine Rolle spielt oder möglicherweise sogar nur imaginiert ist, bietet einen immensen Interpretationsspielraum, der allerdings seitens der Dramaturgie kaum genährt wird. So wie hier im deutschen DVD-Titel die Wüste kennt auch Regisseur und Drehbuchautor William Monahan diesbezüglich kein Erbarmen mit seinem Publikum, der hier nach London Boulevard (2010) seinen zweiten Spielfilm inszeniert hat, nachdem er sich mit Drehbüchern für Martin Scorsese (Departed – Unter Feinden) und Ridley Scott (Der Mann, der niemals lebte) einen klingenden Namen erworben hat. Seine Männercharaktere spielen steinhart und mit süffisanter Sprache auf, die hier im Filmmilieu Hollywoods angesiedelt ist und damit einen schroffen Zynismus dieser als elitär und sinnverloren skizzierten Gesellschaft gegenüber zum Ausdruck bringt. Doch Mojave – Die Wüste kennt kein Erbarmen wirkt insgesamt wenig witzig, verbleibt im vagen Modus der Motivverschleierung und konzentriert sich auf ein existenzialistisches Duell, das am Schluss lediglich Signale hinsichtlich eines Krisenaufbruchs aussendet.

Ein echter Männerfilm also, der von seiner nahezu durchgängig unsympathischen Darstellerkraft und seinen seltsamen, beinahe apokalyptischen Stimmungen lebt? Durchaus, wobei es insbesondere Oscar Issac mit seiner erstaunlichen Wandlungsfähigkeit gelingt, diabolische und wahnartige Dimensionen zu personalisieren. Jack ist der todernste Spieler, die Herausforderung des Schicksals und der Moral für Tom, der sich auf diese Weise seinen dunklen, gewalttätigen Impulsen stellen kann und muss, gezwungenermaßen. In der Fülle seines Luxuslebens sehnt er sich nach exotischen Extremen jenseits käuflicher Exzesse, und darin liegt auch der zentrale Reiz dieser diffusen Thematik, die ungefällig unterhält, mit unschlüssigem Ergebnis.

Mojave - Die Wüste kennt kein Erbarmen

„Ich muss in die Wüste“, lautet der Beschluss des erfolgreichen Regisseurs Tom (Garrett Hedlund) zu Beginn des Films, quälend gelangweilt von seiner frühen, andauernden Berühmtheit und wohl auch von seinem Dasein insgesamt. Dieses Vorhaben setzt Tom dann auch sehr rasch um, ohne sich bei Familie und Freunden abzumelden, die sein gelegentliches Abtauchen offensichtlich ohnehin schon gewohnt sind.
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