Buffalo '66

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine Art Liebesgeschichte

Als dieser so überspannt wie verloren wirkende Billy Brown (Vincent Gallo, als Kind: John Sansone) aus dem Gefängnis entlassen wird, beschäftigt ihn zunächst einmal ein gleichermaßen banales wie existenzielles Bedürfnis, das sich zu einem drängenden Problem auswächst: Er muss ganz dringend pinkeln, und Billy ist eben keiner jener Typen, die das schlichtweg mal rasch irgendwo am Rande erledigen, so dass er sogar in Betracht zieht, zu diesem Zwecke zurück in den Knast zu wandern. Dabei hat er dort fünf Jahre mehr oder weniger freiwillig für ein Verbrechen gesessen, das er nicht begangen hat, und nun treibt ihn die Absicht an, sich dafür an jenem Mann zu rächen, den er als Schuldigen für seine damalige Zwangslage identifiziert hat: Ein Football-Spieler der Buffalo Bills, dem er Bestechlichkeit beim Super Bowl vor fünf Jahren vorwirft.
Auf diese Weise beginnt das Regiedebüt des US-amerikanischen Schauspielers, Filmemachers und Künstlers Vincent Gallo aus dem Jahre 1998, zu dem er selbst die Musik komponierte und gemeinsam mit Alison Bagnall das Drehbuch verfasste. Buffalo ‚66 präsentiert neben Vincent Gallo in der Hauptrolle als bindungsarmer, schräger Freak unter der Wirkungsmacht einer lieblosen Kindheit ein engagiert aufspielendes Ensemble mit glänzenden Größen wie Anjelica Huston, Ben Gazzara, Rosanna Arquette und Mickey Rourke, die dieser seltsamen Tragikomödie in einzelnen Aspekten sowie in ihrer Gesamtheit ihr ganz persönliches Flair verpassen. Christina Ricci, die im Jahre zuvor in Ang Lees Der Eissturm / The Ice Storm überzeugt hatte, brilliert hier in ihrer Rolle als vermeintliche Ehefrau des bizarren Antihelden und wurde dafür unter anderem mehrfach als Beste Nebendarstellerin nominiert und auch ausgezeichnet.

Weil zur Tarnung eines vorgeblich gut funktionierenden Lebens eine Frau gehört, die Billy seiner Mutter Jan (Huston) und seinem Vater Jimmy (Gazzara) bei seinem obligatorischen Besuch im Elternhaus präsentieren will, entführt er kurzerhand die junge, gutmütige Tanzschülerin Layla (Ricci), die sich dann rasch auch sehr loyal verhält und munter die glückliche Gattin spielt. Angesichts der katastrophalen Gefühlslage in der offensichtlich kräftig verkorksten Familie Brown entwickelt sich allmählich zwischen Layla und Billy ein zartes Band der Zuneigung und Zugehörigkeit, das sogar die Rachepläne destillieren lässt. So wird aus diesem abgefahrenen, sonderbaren Drama mit seiner derben Komik doch noch eine Art Liebesgeschichte mit sehenswerten Qualitäten für jene, die den saloppen, doch sorgfältigen Stil dieses Vincent Gallo schätzen, der nur allzu gern ungefällig daherkommt und seinen Ruf als Enfant terrible wohlweislich zu bewahren weiß.

Buffalo '66

Als dieser so überspannt wie verloren wirkende Billy Brown (Vincent Gallo, als Kind: John Sansone) aus dem Gefängnis entlassen wird, beschäftigt ihn zunächst einmal ein gleichermaßen banales wie existenzielles Bedürfnis, das sich zu einem drängenden Problem auswächst: Er muss ganz dringend pinkeln, und Billy ist eben keiner jener Typen, die das schlichtweg mal rasch irgendwo am Rande erledigen, so dass er sogar in Betracht zieht, zu diesem Zwecke zurück in den Knast zu wandern.
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