Wenn du krepierst - lebe ich - Limited Edition (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Martin Beck

Ab in den Urlaub!

Am Anfang steht der Titel: Wenn du krepierst – lebe ich ist einfach wunderschön und erinnert in seiner Fakten schaffenden Poesie an Spaghetti-Western à la Sartana – noch warm und schon Sand drauf oder Gnade spricht Gott, Amen mein Colt. Als Überraschung darf deshalb gelten, dass hier tatsächlich ein radikales Roadmovie auf der Sleaze-Autobahn ansteht, und der Regisseur dazu, Pasquale Festa Campanile, ansonsten eher leichten Ulk wie Bingo Bongo oder Als die Frauen noch Schwänze hatten auf dem Kerbholz hat.
Für Wenn du krepierst – lebe ich jedoch legt der Mann die ganz grobe Exploitation-Kutte an und kuschelt mit niederen Instinkten wie Gier, Sex, Rache oder Gewalt. Die Hauptfiguren sind Walter und Eva Mancini (Franco Nero & Corinne Cléry), ein Ehepaar, das mit dem Wohnwagen durch Amerika reist und sich abgrundtief zu hassen scheint. Nach den ersten 15 Minuten wurde sie bereits zweimal zum Geschlechtsverkehr gezwungen und als „Hure“ betitelt, so dass das Auftauchen eines Anhalters (David Hess) zunächst wie eine reinigende Dusche wirkt. Es kann ja auch keiner wissen, dass sich die beiden hier einen sadistischen Schwerverbrecher ins Auto geholt haben, der mit einer Millionenbeute nach Mexiko abhauen möchte.

Obwohl, doch, sie hätten es wissen müssen, denn die Visage von David Hess schreit einfach nach einem süffisanten Serienschänder, der seit Last House On the Left verdient den „bad guy“-Olymp regieren darf. Wenn dieser Typ am Straßenrand den Daumen hochstreckt, gibt man besser mal Vollgas, ansonsten droht ein derbes Eskalations-Dreieck, das alle Hauptfiguren gleichermaßen auf die eigentlich zu vermutende Rollenverteilung spucken lässt. Besonders Franco Nero, der doch eigentlich vor Hess kuschen und still wimmernd die Befummelung seiner Frau ertragen sollte, gibt sich wie die Axt im Walde: Pöbeln, stänkern, saufen, mit der Frau auf einem toten Hirsch kopulieren und wahllos Minderheiten beleidigen. Bravo!

Das Schöne an Wenn du krepierst – lebe ich ist sein unmissverständliches Bekenntnis zu prolligem Bahnhofskino-Krach, der auf feinfühlige Figurenzeichnung einen feuchten Rülpser lässt. Subtil ist bei diesem Film gar nichts, aber genau dafür liebt man ja das italienische Kino, für seine Ausrufezeichen. Pasquale Festa Campanile inszeniert mit hemdsärmeliger Direktheit und hat überhaupt keine Probleme, das große Thema menschlicher Niedertracht nach allen Regeln der Kunst auszuweiden. Von besonderer Bedeutung dabei ist der absolut zwingende Nihilismus des Drehbuchs, der, untermalt mit deftigen bis kuriosen Dialogen, keine moralischen Wertungen verteilt, sondern alle Personen gleich verkommen zeichnet. Schon früh werden zwei Polizisten einfach so erschossen, es gibt eine miese Vergewaltigung am heimeligen Lagerfeuer und das Ende würgt dann nochmal richtig einen rein.

„Geld oder Liebe“, heißt es da nämlich, und man kann schon ahnen, dass sich auch hier alle so richtig schön mies verhalten. Von David Hess ist man ja solche Magenschläge bereits gewohnt, aber auch Franco Nero und Corinne Cléry treten eindrucksvoll auf die dunkle Seite menschlicher Regungen. Untermalt mit einem großartigen Ennio-Morricone-Score, der dem Geschehen Hippie-eske Klänge entgegensetzt, macht Wenn du krepierst – lebe ich keine Gefangenen und suhlt sich in einer hysterischen Schlammkuhle gesellschaftlicher Empörung. Drei Wild Dogs auf dem Weg in die Hölle. Was für ein Urlaub!

Trotz seines drastischen Rufs gab es den Film zuvor nie in Deutschland auf DVD oder Blu-Ray. Das hat sich jetzt geändert, gleich bezogen auf beide Formate, denn ofdb Filmworks hat eine dreiteilige Box veröffentlicht, die den Film auf Blu-Ray und auf DVD enthält. Wie üblich darf die Frage gestellt werden, was das soll, außer Geldschneiderei, und nicht wie üblich gibt es immerhin noch eine weitere DVD in der Box, die eine knapp 90-minütige Doku namens Road to Ruin enthält. Zusammen mit einem Audiokommentar von Marcus Stiglegger bekommt man hier tatsächlich echten Mehrwert, was letztendlich die Freude über den Film auch auf diese schicke Veröffentlichung überspringen lässt. Zitat Cinema: „Ein geschmackloses Machwerk voller Perversitäten“. Oh wie wahr, wie wahr!

Wenn du krepierst - lebe ich - Limited Edition (Blu-ray)

Am Anfang steht der Titel: „Wenn du krepierst – lebe ich“ ist einfach wunderschön und erinnert in seiner Fakten schaffenden Poesie an Spaghetti-Western à la „Sartana – noch warm und schon Sand drauf“ oder „Gnade spricht Gott, Amen mein Colt“. Als Überraschung darf deshalb gelten, dass hier tatsächlich ein radikales Roadmovie auf der Sleaze-Autobahn ansteht, und der Regisseur dazu, Pasquale Festa Campanile, ansonsten eher leichten Ulk wie „Bingo Bongo“ oder „Als die Frauen noch Schwänze hatten“ auf dem Kerbholz hat.
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