Liselotte Pulver Edition

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Vier populäre Filme mit dem "Fräuleinwunder" der Nachkriegszeit

Es ist ein durchaus heiterer, doch auch von der Nostalgie lange vergangener Zeiten geprägter Hauch, der bei der Betrachtung dieser Filme mit Liselotte Pulver aus den 1950er und frühen 1960er Jahren des letzten Jahrhunderts über den Bildschirm weht. Damals galt die heute 85-jährige, schweizerische Schauspielerin nicht nur in deutschen Produktionen als beliebter Star flotter Literaturverfilmungen, sondern drehte an der Seite von James Cagney und Horst Buchholz auch mit Billy Wilder, spielte in französischen Filmen gemeinsam mit Größen wie Jean Gabin und nicht zuletzt häufig zusammen mit ihrem Ehemann Helmut Schmid, mit dem sie von 1961 bis zu seinem Tod über dreißig Jahre lang verheiratet war und zwei Kinder hatte.
Hierzulande tauchte das so bezeichnete, mehrfach ausgezeichnete Fräuleinwunder der Nachkriegsära – ein Phänomen, das Liselotte Pulver in Billy Wilders satirischer Komödie Eins, Zwei, Drei / One, Two, Three eigens als „Fräulein Ingeborg“ karikiert – Ende der 1970er Jahre als „Lilo“ in der Sesamstraße auf und übernahm die eine oder andere Rolle in weiteren Fernsehproduktionen oder auch Kinofilmen. Ihre von privaten Tragödien wie dem Tod ihrer Tochter Melisande unterbrochene Leinwandpräsenz neigte sich 1996 dem Ausklang zu, nachdem sie zuletzt inmitten eines illustren Ensembles in Das Superweib und schließlich im TV-Film Alles gelogen auftrat, um 2007 nach Die Zürcher Verlobung – Drehbuch zur Liebe, einer Fernsehvariante des Stoffes von 1957, in welcher sie sich selbst spielt, komplett auszusteigen – bis jetzt. Denn laut Pressemedlungen anlässlich ihres 85. Geburtstags im vergangenen Jahr wirkt die Frau mit dem markanten, explosiven und herzhaften Lachen noch äußerst agil.

Es sind vier signifikante Spielfilme der wandlungsfähigen, burschikosen Diva, die als Liselotte Pulver Edition erneut erscheinen und von der Dokumentation Humor ist eine ernste Sache – Der Filmregisseur Kurt Hoffmann von Christian Bauer flankiert werden. Hier ereignet sich ein unspektakuläres, sympathisches Portrait des „Gute-Laune-Regisseurs“, mit dem Liselotte Pulver auch vor und jenseits ihres gewaltigen Durchbruchs mit Ich denke oft an Piroschka (1955) – der chronologisch erste Film der Edition – noch häufig zusammengearbeitet hat und der als „Erfinder des Pulvers“ gilt, wie die Schauspielerin selbst ihn im Interview liebevoll bezeichnet.

Diese humorig-melancholische Romanze nach dem gleichnamigen Roman von Hugo Hartung über die Sommerliebe zwischen einem deutschen Austauschstundenten und einer jungen Ungarin avancierte damals in den Kinos zum Publikumsliebling und erhielt das Filmband in Silber sowie den Deutschen Kritikerpreis. Zwei Jahre darauf versprühte Liselotte ihr Pulver als Schriftstellerin „Julchen“ Thomas in Die Zürcher Verlobung von Helmut Käutner nach der literarischen Vorlage von Barbara Noack, einer turbulenten Beziehungskomödie mit satten satirischen Attacken auf die damalige Filmindustrie. 1960 entstand nach der ebenso betitelten Novelle von Conrad Ferdinand Meyer die deutsch-österreichische Koproduktion Gustav Adolfs Page mit Curd Jürgens als schwedischem König, den seine als Page verkleidete, unerschütterlich loyale Dienerin Gustl (Lieselotte Pulver) bis in den Tod begleitet. Kohlhiesels Töchter (1962) schließlich als derb-humoriger Bauernschwank bescherte der hier auch gesanglich auftönenden Schauspielerin eine Doppelrolle als mal süßlich-sanfte, dann wieder griesgrämige Pensionstochter, hinter welcher sich tatsächlich ein extrem unterschiedliches Zwillingspaar verbirgt.

Der Ton der leichtgängigen, dynamischen und überwiegend optimistischen Unterhaltung mit der unerlässlichen Portion zarter bis zäher Romantik und dem sensiblen bis sentimentalen Schuss Schwermütigkeit dieser Filme, in denen Liselotte Pulver als attraktive, strahlend lachende und mitunter drollig auftrumpfende, durchaus unkonventionelle Dame vom Dienst überzeugt und zuvorderst das deutsche Filmgeschäft in seiner bemühten Emanzipation von der düsteren Drastik des Zweiten Weltkriegs und seinen traumatisierenden Konsequenzen tüchtig ankurbelt, zeugt spürbar vom Bedürfnis des damaligen Publikums nach auflockerndem Vergnügen und Stoff für die Träume im Alltag des späten Wiederaufbaus, des Wirtschaftsaufschwungs und auch der Wiederbewaffnung.

Vorwiegend auf der bereits bestehenden Basis populärer Literatur sind hier aus heutiger Perspektive Filme mit mal vorsichtig, dann wieder provokant gesetzten ironischen Spitzen entstanden, die neben ihrer gefälligen Repräsentation traditioneller Moralvorstellungen auch einen Aufbruch beispielsweise aus traditionellen Geschlechterrollen andeuten, der sich innerhalb des kommenden Jahrzehnts zu einer regelrechten Revolution auswachsen sollte, ungeachtet der glänzenden, glättenden Fassaden der Filmwelten.

Liselotte Pulver Edition

Es ist ein durchaus heiterer, doch auch von der Nostalgie lange vergangener Zeiten geprägter Hauch, der bei der Betrachtung dieser Filme mit Liselotte Pulver aus den 1950er und frühen 1960er Jahren des letzten Jahrhunderts über den Bildschirm weht.
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