Cobbler

Eine Filmkritik von Martin Beck

Der Superheld des kleinen Mannes

Es fällt inzwischen schwer, einen Adam-Sandler-Film unvoreingenommen anzugehen – zumal Cobbler bei uns gar nicht erst ins Kino kommt und in Amerika gnadenlos untergegangen ist. Der Mann steht praktisch synonym für das massive Humorproblem, das Amerikas Mainstreamkino seit Jahren plagt, und hält uns nun breit grinsend einen knallroten Damenschuh vor die Nase. Das deutsche Cover von Cobbler setzt ganz auf eine weitere Runde „high concept“-Blödsinn, doch dahinter werden überraschenderweise kleine bis fast schon subtile Brötchen gebacken.
In gewisser Weise ist der Film eine Art Gegenentwurf zu Jack und Jill, indem er die Filmminuten seines Hauptdarstellers durch einen magischen Trick erfreulich weit zusammenkürzt und darüber hinaus quasi unmöglich macht, dass dieser magische Trick Sandler in eine Frau verwandeln kann. Der Cobbler, also der Schuster verwandelt sich nämlich, wenn er die Schuhe seiner Kunden anzieht, in ebendiese Kunden – aber nur in die, die die Größe 10 ½ haben. Er wird dank einer magischen Nähmaschine zu einer Art Superheld und macht daraus etwas, das man so eigentlich noch kaum gesehen hat: Er bleibt auf dem Boden.

Was zugleich sehr sympathisch ist, weil es eben nicht in überdrehten CGI-Quatsch mündet, und ebenso aber auch ziemlich frustriert. Der Cobbler wird als so unscheinbares Mauerblümchen gezeigt, dass man ihn am liebsten zu einem großangelegten Scam oder der Rettung der Welt schubsen möchte. Was er mit den Schuhen macht, ist zum Beispiel vor einer nackten Schönheit zu kneifen oder umsonst in einem Restaurant zu essen. Na bravo. Dass der Film hier Erwartungen unterläuft und immer schön sein Independent-Zepter schwingt, erzeugt nur so lange Interesse, bis man beginnt sich selber mögliche „body switch“-Szenarien auszudenken.

Cobbler bleibt auf gewisse Weise unberechenbar, weil man wiederholt Schwierigkeiten hat, die Wendungen der Geschichte gutzuheißen. Eigentlich steckt in dieser Idee ein ganz anderer Film, der aber an einem dezidiert kleinen Tellerrand hängenbleibt und sich dann in einem uneinheitlichen Durcheinander aus Härte, Konvention und Sentiment verliert. Gut gelungen ist der Subplot um den Vater des Cobblers (Dustin Hoffman), der einst die Familie verließ und nun, nach seinem Tod, noch einmal zu Hause auftaucht, so gar nicht passen wollen die Gangsterklischees mit Method Man und die Miethai-Charade mit Ellen Barkin.

Cobbler steht irgendwann, als die Situation etabliert ist und die ersten zaghaften „body switch“-Versuche durch sind, an einem Scheidepunkt…und läuft in die einfache, die mechanische, die „typische“ Indie-Richtung. Der Film gefällt als Riff auf Superhelden-Standards und Adam Sandler liefert eine erstaunlich sympathische, nuancierte Vorstellung ab, aber jenseits dieser ausgehebelten Erwartungen zerrt die allzu zaghafte Herangehensweise an den Möglichkeiten, die dann letztendlich doch bekannte Bahnen einschlagen und sich dazu keine wirklich zwingende Dramatik zutrauen. Schwammig bleibendes Stückwerk, manchmal immerhin auch sehr schön und rührend. Dass es kaum große Lacher gibt, darf als Kompliment verstanden werden.

Wenn man sich die bisherige Filmographie von Regisseur und Drehbuchautor Thomas McCarthy ansieht, The Station Agent, Ein Sommer in New York und Win Win, möchte man dem Mann liebend gerne eine Rückkehr in seine Komfortzone vorschlagen. Das wäre dann auch kein Rückschritt, sondern eine Konzentration auf seine Stärke — die bei einfachen, kleinen Geschichten liegt, und nicht unbedingt bei halbfertigen „high concept“-Ideen mit Adam Sandler und Independent-Glasur.

Cobbler

Es fällt inzwischen schwer, einen Adam-Sandler-Film unvoreingenommen anzugehen – zumal „Cobbler“ bei uns gar nicht erst ins Kino kommt und in Amerika gnadenlos untergegangen ist. Der Mann steht praktisch synonym für das massive Humorproblem, das Amerikas Mainstreamkino seit Jahren plagt, und hält uns nun breit grinsend einen knallroten Damenschuh vor die Nase.
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