55 Tage in Peking

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Ein kleiner Monumentalfilm

Was das Monumentalkino der 1960er Jahre betrifft, gehört 55 Tage in Peking nicht zur ersten Garde. Es ist ein aufwendiger Film, der hier geboten wird, von Kopf bis Fuß mit großen Namen besetzt, aber bisweilen zu melodramatisch für die Geschichte, die eigentlich erzählt werden will.
Peking im Jahr 1900: Das Land ist verarmt, die Menschen fühlen sich gegängelt. Zwar herrscht die Kaiserin, aber die Menschen glauben, dass der ausländische Einfluss zu groß ist. Die Boxer proben den Aufstand. Nach dem Mord am deutschen Botschafter fordert die Kaiserin die Vertreter ausländischer Regierungen auf, das Land zu verlassen. Diese weigern sich jedoch und warten unter Führung des britischen Repräsentanten auf das Eintreffen einer alliierten Befreiungsarmee. Das Botschaftsviertel wird belagert, nur 400 Mann stehen einer immensen Übermacht gegenüber. Die 55 Tage in Peking haben begonnen.

Die politischen Hintergründe, die zum Aufstand der Boxer führten, werden zwar angeschnitten, sind aber derart komplex, dass sie nur oberflächlich aufbereitet werden, um die eigentliche Geschichte voranzutreiben. Denn Nicholas Ray geht es in erster Linie darum, einen Belagerungsfilm von epischen Ausmaßen zu liefern. Er setzt dabei auf die Kraft seiner Akteure, aber auch die exotische Lokalität – und am Ende auch auf ein großes Action-Finale. Aber in seiner Inszenierung bleibt Ray hinter dem Potenzial der Geschichte zurück. Etwas mondän ist seine Visualisierung der 55 Tage in Peking geraten. Unter den Händen eines virtuoseren Regisseurs hätte ein echter, nicht nur ein Semi-Klassiker herauskommen können.

Monumental-Veteran Charlton Heston ist auch dabei, aber im Oeuvre seiner gewaltigen Produktionen nimmt sich dieser Film erstaunlich klein aus. Und das nicht nur, weil die Geschichte simplifiziert wird, sondern weil die Starparade auch nur wenig mehr als das ist. Das ist durchaus gefällig. Langeweile kommt in den gut zweieinhalb Stunden nicht auf, aber gänzlich mitreißend oder einnehmend wie das andere monumentale Epen jener Ära waren und sind, ist dieser Film definitiv nicht.

Er ist eine Fußnote, sowohl im Schaffen der Akteure als auch im Gesamtwerk des Studios. Gut 50 Jahre nach seiner Entstehung hat er Patina angesetzt, weswegen man wohl auch ein Faible für das Technicolor-Kino längst vergangener Zeiten haben muss, um den Film dennoch schätzen zu können.

Bild und Ton sind ansprechend, so schön hat man diese Belagerung niemals zuvor gesehen. Zugleich kann er aber mit den Restaurationen der ganz großen Klassiker auch nicht mithalten, eine Featurette kündet aber immerhin davon, welcher Aufwand für diese neue Edition betrieben wurde. Abgesehen davon gibt es nur Trailer, Filmographien und eine Bildergalerie.

55 Tage in Peking

Was das Monumentalkino der 1960er Jahre betrifft, gehört „55 Tage in Peking“ nicht zur ersten Garde. Es ist ein aufwendiger Film, der hier geboten wird, von Kopf bis Fuß mit großen Namen besetzt, aber bisweilen zu melodramatisch für die Geschichte, die eigentlich erzählt werden will.
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