Die rabenschwarze Nacht - Fright Night (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Keusche heile Welt

Wer von Fright Night nur das Remake mit Colin Farrell als blutsaugendem Vampir Jerry kennt, sollte sich dringend mal das Original ansehen. Tom Hollands Regiedebüt aus dem Jahr 1985 liegt in Deutschland erstmals auf Blu-ray vor.
Das Ende ist dem Zuschauer vertraut. Wenn Jan Kiessers Kamera nach 100 Minuten zum zweiten Mal zu einem Zimmerfenster im ersten Stock eines Hauses emporfährt, schließt sich ein Kreis. Der Teenager Charley Brewster (William Ragsdale) liegt mit seiner Freundin Amy Peterson (Amanda Bearse) auf dem Bett, aus dem Fernseher grüßt Peter Vincent (Roddy McDowall), und die Laken bleiben sauber.

Tom Hollands Fright Night, der in Deutschland den Titel Die rabenschwarze Nacht verpasst bekam, ist ein Lehrbeispiel des Horrorgenres. Und ein äußerst unterhaltsames noch dazu.
Als neben Charley und seiner Mutter Judy (Dorothy Fielding) der gutaussehende Jerry Dandrige (Chris Sarandon) mit seinem Gehilfen Billy (Jonathan Stark) einzieht, gerät die heile Welt der austauschbaren Kleinstadt aus den Fugen. Charley hegt den Verdacht, dass sein neuer Nachbar ein Vampir ist. Doch niemand will dem Jugendlichen glauben. Anders als im Western ist die Gefahr, die vom Fremden für die Gemeinschaft ausgeht, nicht jedermann ersichtlich. Einzig Charley, seine Freundin Amy und deren Mitschüler Evil Ed (Stephen Geoffreys) erkennen, was im Geheimen vor sich geht.
Die Teenager suchen Hilfe bei Peter Vincent. Der abgebrannte Film- und Fernsehstar gibt auf der Mattscheibe seit Jahren die Rolle des Vampirjägers. Zwar glaubt auch Vincent nicht an das Übernatürliche, doch für 500 Dollar ist er mit von der Partie. Und so beginnt eine rabenschwarze Nacht um Leben und Tod.

Holland hat sein Debüt mit Respekt vor den Größen des Genres inszeniert. Für die Jugendlichen an der Schwelle zum Erwachsenwerden geht von Jerry Dandrige in erster Linie eine geschlechtliche Bedrohung aus. Der Vampir als Verführer, der im Gegensatz zu Charley die erwachende Sexualität Amys ernst nimmt. Chris Sarandon gibt den Blutsauger jedoch stets mit einer parodistischen Note. Amanda Bears ist zwei Jahre vor ihrer bekanntesten Rolle in der Sitcom Eine schrecklich nette Familie mal als Unschuld vom Lande, mal als lüsterner Vamp zu sehen. Und dennoch gelingt Fright Night diese Gratwanderung wunderbar. Denn der Film hat einerseits die Stimmung alter Hammer-Produktionen eingesogen, atmet andererseits zutiefst den Geist der 1980er.

Was Fright Night aus dem Wust an Produktionen dieses Jahrzehnts heraushebt ist seine feine selbstironische und medienreflexive Note. Gleich zu Beginn gehen die Zuschauer Holland auf den Leim, wenn ein Unheil verkündender Dialog nicht aus den Mündern der Protagonisten, sondern aus einem Fernseher kommt. Film und Fernsehen werden in Fright Night stets mit einem nostalgischen Blick bedacht. Peter Vincent steht stellvertretend dafür. Der heruntergekommene Star trauert dem Glanz vergangener Tage nach. Ein Relikt, das im Mausoleum der eigenen Karriere haust. Zum Helden wird Vincent nur, indem er nicht er selbst ist, sondern eine seiner Rollen spielt.

Und so ist Holland mit Fright Night eine Hommage an den Vampirfilm gelungen, die auch ganz eigenständig funktioniert, ohne dass der Zuschauer die Referenzen kennen muss. Einen Seitenhieb auf die Entwicklung des Horrorfilms kann sich Holland dennoch nicht verkneifen. Dem Vampirjäger Vincent schreibt er folgenden Satz ins Drehbuch: „Offensichtlich will man nur noch irgendwelche verrückt gewordenen Männer sehen, die in irren Masken herumlaufen und Jungfrauen aufschlitzen.“ Dass er damit recht behalten sollte, konnte Holland seinerzeit kaum ahnen.

Die rabenschwarze Nacht - Fright Night (Blu-ray)

Wer von „Fright Night“ nur das Remake mit Colin Farrell als blutsaugendem Vampir Jerry kennt, sollte sich dringend mal das Original ansehen. Tom Hollands Regiedebüt aus dem Jahr 1985 liegt in Deutschland erstmals auf Blu-ray vor.
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