Ram & Leela (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

SMS von Romeo

Da hat sich der indische Regisseur Sanjay Leela Bhansali (Ich gab dir mein Herz, Geliebter / Hum Dil De Chuke Sanam, 1999, Devdas – Flamme unserer Liebe / Devdas, 2002, Guzaarish, 2010) für seinen neusten Film von einem der berühmtesten Stoffe der Welt inspirieren lassen, und diese Verfilmung nach den Motiven des klassischen Shakespeare-Stücks Romeo und Julia / The Most Excellent and Lamentable Tragedy of Romeo and Juliet, für welche er selbst die Musik komponiert hat, kommt wie ein modernistischer, romantisch-rüder Rausch daher.
Es sind zwei kriminelle Klans, seit Urzeiten unversöhnlich miteinander verzwistet, die im indischen Gujarat im Allgemeinen und tagtäglich bei jedem nur erdenklichen Anlass um die Vorherrschaft in der Region kämpfen, auf deren Märkten der Waffenhandel wie kein anderer expandiert. Mit einer bildmächtigen, turbulenten Darstellung der örtlichen Gesellschaft und Gegebenheiten führt Sanjay Leela Bhansali sein Publikum in die Geschichte ein: Opulent, farbenprächtig und offensiv gestaltet sich der Auftakt von Ram & Leela mit zahlreichen illustren Statisten, bevor sich der Fokus auf die Sippen der Rajadis und der Saneras richtet und von dort aus deren Sprösslinge Ram (Ranveer Singh) und Leela (Deepika Padukone) näher ins Auge fasst, deren schicksalhafte Begegnung einen wahrhaften Strudel von Emotionen und Ereignissen im kriegerischen Gujarat nach sich zieht.

Sichtbar erfahren in der Inszenierung literarischer Werke trumpft Sanjay Leela Bhansali im Rahmen seiner sorgfältig konventionell angelegten Dramaturgie mit einer ausführlichen, satirisch überzeichneten Schilderung des von Korruption geprägten, gangsterhaften Milieus auf, in dem er die erotisch aufgeladene, letztlich unglückliche Liebesgeschichte verortet. Dabei wird die Figur des exaltierten, eigensinnigen Ram deutlich komplexer und ambivalenter gezeichnet als jene der energischen, eher insgeheim widerspenstigen Leela: Der wilde Frauenliebling und -liebhaber, der zum muskulösen Beau mit verwegener Gesichtsbehaarung stilisiert wird, zeigt seinen Klan-Interessen zum Trotz pazifistische Tendenzen, handelt dabei munter mit Pornographie und bombardiert seine Angebetete Leela mit poetischen Ergüssen via Short Message Service. Auch wenn sie besonders während der ersten hitzigen Verliebtheit die eingefahrenen Bahnen ihrer Sippenzugehörigkeit und Position als künftige Regentin meist heimlich verlässt, bleibt Leela schließlich doch den Traditionen verhaftet und trifft damit die wesentliche Entscheidung, die in das artifiziell überhöhte Finale mündet.

Auch dialogisch überraschend frech bis mit anzüglichen Anspielungen mitunter sogar räudig gestaltet bricht Ram & Leela provokativ anmutend mit den Gepflogenheiten der herkömmlichen Bollywood-Romanze, selbst wenn sich diese allmählich, doch stetig von ihrer puristischen Form fortentwickelt. Sanjay Leela Bhansalis Variante der altbekannten Geschichte transportiert auch in ihrer soziohistorischen Dimension jede Menge Zeitgeist und Zündstoff, und das extrem entworfene Gujarat als Ort der Handlung legt Assoziationen mit den politisch-religiösen Konflikten und Ausschreitungen dieser Region nahe.

Doch die Betonung dieses vielschichtigen Films liegt auf seiner exzessiven, unmittelbar überwältigenden audiovisuellen Ausprägung und Unterhaltung, die einer attraktiven Attacke gleich über die Leinwand strömt, rast und wütet, einem Schicksal entgegen, das trotz seiner Unabänderlichkeit die zarten Möglichkeiten eines Wandels beherbergt. Am Ende dann wird die finale Zweisamkeit als legendäres Motiv des tragischen Liebespaares wohlweislich entschleunigt und symbolträchtig zelebriert, so dass der Rausch gelungen abklingt und die Erkenntnis einsetzt, dass das Wissen um den Ausgang hier kaum die Spannung der Geschichte mindert.

Ram & Leela (Blu-ray)

Da hat sich der indische Regisseur Sanjay Leela Bhansali („Ich gab dir mein Herz, Geliebter“ / „Hum Dil De Chuke Sanam“, 1999, „Devdas – Flamme unserer Liebe“ / „Devdas“, 2002, „Guzaarish“, 2010) für seinen neusten Film von einem der berühmtesten Stoffe der Welt inspirieren lassen, und diese Verfilmung nach den Motiven des klassischen Shakespeare-Stücks „Romeo und Julia“ / „The Most Excellent and Lamentable Tragedy of Romeo and Juliet“, für welche er selbst die Musik komponiert hat, kommt wie ein modernistischer, romantisch-rüder Rausch daher.
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