Tarantula (1955)

Eine Filmkritik von Martin Beck

Eine Stadt in Angst und Schrecken!

Eine mutierte Riesenspinne entweicht aus einem kalifornischen Labor und kann nur durch den Einsatz des Militärs unschädlich gemacht werden. Tarantula muss man Freunden des phantastischen Films nicht mehr vorstellen, zu unumstößlich ist sein Klassiker-Status, zu zahlreich die Wiederholungen in den Dritten Programmen. Im Grunde genommen variiert Regisseur Jack Arnold lediglich die Geschichte von King Kong oder Godzilla, doch trotzdem kann der Film eine ganz eigene Wirkung entfalten – sofern man denn in der Lage ist, heutige Sehgewohnheiten um 60 Jahre zurückzuschrauben und die immanente B-Natur des Geschehens nicht als grundsätzlichen Nachteil auszulegen.

Denn keine Frage, da kann Klassiker auch gerne KLASSIKER buchstabiert werden, der ganz große Wurf ist Tarantula nicht. Anders als zum Beispiel bei Die unglaubliche Geschichte des Mr. C. gelingt es Jack Arnold hier nicht, den Spezialeffekten ein ebenbürtiges, beziehungsweise involvierendes Drehbuch entgegenzusetzen. Grobe bis holzschnittartige Figuren, wie der irre Wissenschaftler (Leo G. Carroll) oder die neue, vor allem kurvenreiche Laborantin (Mara Corday), treffen auf das wie üblich lernresistente Militär und bangen unisono, dass die stetig größer werdenden Waffen irgendwann das Viech in die Knie zwingen.

Ein bisschen kommt bei Tarantula! natürlich die atomare Angst zur Sprache, die Wachstums-Experimente basieren auf dem Wunsch, den Welthunger zu besiegen, und der Kalte Krieg wabert auch noch im Hintergrund. Klar im Vordergrund jedoch steht eine naive Baukasten-Geschichte, die die grundsätzliche Tugend der Herauszögerung des ersten „vollen“ Monsterangriffs in eine zähe Geduldsprobe verwandelt und danach halt immer wieder dieselbe Rückpro-Tarantel über Hügel und durch Straßen laufen lässt. Der Film hätte auf jeden Fall ein höheres Budget vertragen können oder zumindest eine weniger deutliche Fokussierung auf die bloße Anwesenheit einer Riesenspinne. Die damals ganz sicher für einen Kinobesuch ausreichenden Thrills sorgen heutzutage eher für museale Belustigung.

Wenn man nach den Qualitäten von Tarantula! sucht, die letztendlich auch den Klassiker-Status rechtfertigen, ist vor allem die stimmige Inszenierung zu nennen, die innerhalb der inhaltlichen und finanziellen Möglichkeiten straff nach vorne zieht. Jack Arnold war ein Meister des erzählerischen Aufbaus, der auch hier geradezu linear ansteigend auf das große Ereignis, den ersten richtigen Angriff der Spinne, zusteuert. Die Figuren werden eingeführt, der Ausbruch aus dem Labor, einzelne Unglückliche erblicken (Modell-)Teile der Spinne und schließlich kracht es dann richtig, gefolgt von weiteren Attacken und wiederholten, sich steigernden Gegenattacken des Militärs.

Ebenfalls in Ordnung gehen tatsächlich die Tricks, wieder bezogen auf das mögliche Budget, die sorgfältig um- und eingesetzt werden und gerade im Kontext des Films relatives Spektakel verbreiten können. Man kann ja mal als Vergleich zum Beispiel einen Bert I. Gordon-Film wie Insel der Ungeheuer gegenüber stellen, dann erkennt man rasch, dass hier die Technik so weit auf den Punkt gebracht wurde, dass die Illusion wirklich greifen kann – gerne unterstützt durch einen geschickten Schnitt und die horrorlastige Inszenierung der Spinnenangriffe. Tarantula! ist einfach ein deutliches Produkt seiner Zeit, und dabei aber auch so gut gemacht, dass die ewigen TV-Wiederholungen die Klassiker-Orgel praktisch durchspielen lassen.

Auf Blu-Ray ist so ein Film natürlich ebenfalls willkommen, zumal die Qualität der TV-Ausstrahlungen durchaus Luft nach oben lässt. Die Veröffentlichung von Koch-Media kann mit okayem bis gutem Bild und (Mono-)Ton aufwarten, was wahrscheinlich alles ist, was man hier ohne eine größere und finanziell sicher kaum tragbare Restaurierung hinbekommen kann. Filmgriesel, ein paar Kratzer, ab und an schwammige Kontraste – lebt damit. Aus der Bonusabteilung sticht vor allem ein knapp halbstündiges, sehr interessantes Interview mit Jack Arnold hervor, der Rest, wie zum Beispiel eine achtminütige Super-8-Heimkino-Fassung oder diverse Trailer, kommt aus der Abteilung „fühlt sich wertig an, ist es aber nicht.“
 

Tarantula (1955)

Eine mutierte Riesenspinne entweicht aus einem kalifornischen Labor und kann nur durch den Einsatz des Militärs unschädlich gemacht werden. „Tarantula“ muss man Freunden des phantastischen Films nicht mehr vorstellen, zu unumstößlich ist sein Klassiker-Status, zu zahlreich die Wiederholungen in den Dritten Programmen.

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