Leben und Sterben in God's Pocket (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Verloren in atmosphärischer Dichte

John Slatterys Regiedebüt erlangte traurige Berühmtheit: Leben und Sterben in God’s Pocket ist Philip Seymour Hoffmans letzter Film, bei dem all seine Szenen vor dem Tod des Schauspielers bereits im Kasten waren. Das Ergebnis liegt nun auf Blu-ray vor.
Philadelphia, Anfang der 1980er: Im Arbeiterviertel God’s Pocket hat jeder ein wenig Dreck am Stecken; trinkt, stiehlt oder betrügt. Die Nachbarschaft ist gerne unter sich, misstraut Fremden. Einer davon ist Mickey Scarpato (Philip Seymour Hoffman). Obwohl der Fleischhändler schon seit Jahren in God’s Pocket lebt und seine Frau Jeanie (Christina Hendricks) von dort stammt, beäugen ihn seine Nachbarn mit Argwohn. Mit dem Blumenhändler Arthur Capezio (John Turturro) hat Mickey gerade ein Ding gedreht. Doch als Mickeys Stiefsohn Leon (Caleb Landry Jones) auf einer Baustelle ums Leben kommt, gerät die Situation außer Kontrolle. Jeanie glaubt nicht an einen Unfall. Mickey will Leon einfach nur unter die Erde bringen. Doch dann beginnt der abgehalfterte Journalist Richard Shellburn (Richard Jenkins) zu recherchieren.

John Slattery dürfte den meisten Zuschauern als Roger Sterling, einer der Geschäftsführer der Werbeagentur aus der Serie Mad Men bekannt sein. Mit Leben und Sterben in God’s Pocket gibt der 1962 in Boston geborene Schauspieler sein Debüt als Spielfilmregisseur. Zuvor hatte er bereits bei einigen Folgen Mad Men auf dem Regiestuhl Platz genommen. Was Ausstattung und Kameraarbeit betrifft, geht Slattery seinen Film ebenso akribisch wie die Serienmacher an. In entsättigten Farben, die mit ihren Grün- und Gelbtönen stark an The Drop – Bargeld erinnern, zeigt Slattery einen atmosphärisch dichten Ausschnitt einer vergangenen Epoche und eines sozialen Milieus. Beim Arbeiterviertel God’s Pocket handelt es sich zwar um ein fiktives, der Schriftsteller Pete Dexter hatte es aber bereits in seiner Romanvorlage an den tatsächlich existierenden Stadtteil Devil’s Pocket im Süden Philadelphias angelehnt.

Darin ist Mickey Carpato der Verlierer unter lauter Verlierern. Philip Seymour Hoffman gibt den kleinen Mann einmal mehr überzeugend. Er legt Mickey irgendwo zwischen Pragmatismus und Resignation an. Neben Hoffman ist vor allem Richard Jenkins als versoffener Journalist sehenswert. Doch leider nutzt Slattery das Angebot seiner gut aufgelegten Schauspieler zu wenig zum eigenen Vorteil. Zu selten trifft der Regisseur in seiner Inszenierung den richtigen Ton, kann sich gemeinsam mit seinem Drehbuch nicht recht entscheiden, welche Art Film Leben und Sterben in God’s Pocket sein will. Was wie eine melancholische Sozialstudie beginnt, schlägt in einen Gangsterkomödie mit schwarzem Humor um und endet schließlich irgendwo dazwischen. Zwei Unfälle und drei eruptive Gewaltausbrüche bilden die Kern- und Wendepunkte des Films. In ihrer Tonlage könnten sie unterschiedlicher kaum sein. Die atmosphärische Dichte ist am Ende nur noch auf der visuellen Ebene vorhanden, die erzählerische ging hingegen unterwegs verloren.

Leben und Sterben in God's Pocket (Blu-ray)

John Slatterys Regiedebüt erlangte traurige Berühmtheit: „Leben und Sterben in God’s Pock“ ist Philip Seymour Hoffmans letzter Film, bei dem all seine Szenen vor dem Tod des Schauspielers bereits im Kasten waren. Das Ergebnis liegt nun auf Blu-ray vor.
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