These Final Hours

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Ende aller Tage

Was tust du, wenn du weißt, dass in ein paar Stunden die Welt untergehen wird weil ein Meteor mit der Erde zusammengestoßen ist? Die Filmkritikerin, die diesen Text schreibt, würde ja darauf spontan antworten: richtig gut essen und Liebe machen. Und vielleicht nicht unbedingt auf das Ende warten, sondern das Ganze selbst in die Hand nehmen.
Aber mich fragt ja keiner und deswegen ist die Antwort von James (Nathan Phillips), dem Protagonisten in Zak Hilditchs Film These Final Hours dann eine ganz andere. Denn zum Anfang der letzten 12 Stunden, die die Menschheit noch zu leben hat, verlässt James die Frau, die er liebt, nachdem sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt. Ein Kind, das nie geboren werden wird — das ist zuviel. James fährt davon. Er ist auf dem Weg zu einer Party. Oder besser DER Party schlechthin. Und so schlägt er sich durch die sonnengebleichten Straßen Perths, einem Ort, an dem man eigentlich schon nicht wohnen will, geschweige denn sterben.

Doch ob James die letzten 12 Stunden überhaupt noch schafft, ist unklar. Die Straßen sind voller wild gewordener Menschen, die randalieren, zertrümmern, vergewaltigen und töten. Die Hölle auf Erden geht dem Ende der Menschheit schon einmal voraus. Mitten in all dem Trubel sieht James die junge Rose (Angourie Rice), die gerade von zwei schmierigen Kerlen in ein Haus verschleppt wird. Er rettet das Mädchen. Doch was nun? Die Kleine hat ihre Familie in dem Chaos verloren. Und er will doch nur zu seinem Rave, was also soll er machen mit der Kleinen? So beginnt eine eigenartige Odyssee, die James und Rose die Gegend durchstreifen lässt auf der Suche nach Familien, Freunden und nach einem Sinn des Ganzen. Denn ja, so einfach ist die Frage dann doch nicht zu beantworten: Was tust du, wenn du weißt, dass du in ein paar Stunden sterben wirst? Und vor allem: Mit wem willst du dann sein?

Ganz solide schwingt der Film hier hin und her zwischen Action und Melodram und für lange Zeit schafft er damit auch die Spannung zu halten. Die Bilder, die These Final Hours liefert, sind rau und markant, stets in Gelbtönen, mit gleißendem Licht und Staub, ja, irgendwie erinnern sie doch immer mal an die alte Mad Max- Trilogie. Wenige Filme vermögen ihre Umgebung so bedingungslos und ökonomisch einzusetzen wie dieser. Aber was blieb ihm auch anderes übrig bei solch einem kleinen Filmbudget. Und doch, neu ist das nicht und auch nicht innovativ.

Vielmehr scheint Hilditch sich hier vor allem von Mike Nichols Take Shelter inspiriert haben zu lassen und recycled erfolgreich schon bekannte Bilder und Momente. Schade ist das trotzdem, denn irgendwie hat man das schon alles einmal gesehen. Während die lauten, hedonistischen, gewalttätigen Momente immer wieder Tempo und Ton anziehen lassen, so sind es dann doch eher die ruhigen, die den Zuschauer mit ein paar großartigen Szenen honorieren. Vor allem die Suche und das Finden der eigenen Familien inmitten des Chaos vermögen es kurz, wirklich emotionale Tiefe und Authentizität zu erzeugen: Das hat der Film auch nötig, denn ansonsten leidet er massiv an der Krankheit eines ausgehöhlten Drehbuchs. Die Charaktere sind durchweg zweidimensional geraten, ihre Persönlichkeiten eher nicht komplex, sondern auf eine Handvoll Eigenschaften reduziert. Zwar geben sich sowohl Nathan Phillips, als auch Angourice Rice große Mühe, alles aus ihren Figuren herauszuholen, doch viel lässt sich da nicht machen.

Darunter leidet alsbald auch der Film, der nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Figuren hier fixierte Ideen sind mit einem äußerst engen Spielraum für Entwicklung. Und das, obwohl man eigentlich meinen sollte, dass eine bevorstehende Apokalypse ein guter Katalysator für massive Bewegung sein kann. Dem aufmerksamen Zuschauer wird schon nach der ersten halben Stunde klar sein, wo der Film sich letztendlich hinbewegen wird und was James lernen soll bzw. was das Endergebnis seiner Odyssee ist. Rose hingegen ist nichts weiter als die Nebenfigur, an der sich James 86 Minuten lang abarbeitet, bis er es dann endlich verstanden hat.

Was soll man sagen zu These Final Hours? Dass es ein guter, solider Versuch geworden ist, mit kleinen Mitteln großes Apokalypsenkino zu machen. Dass der Film visuell durchaus mithalten kann aber inhaltlich so große Schwächen hat, dass er sich damit letztendlich ein Bein stellt.

(Beatrice Behn)
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Was wäre, wenn… Steht diese Frage im Mittelpunkt eines Films, sorgt das in der Regel für eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Zuschauer — zumal dann, wenn die Situation, in die er hineingeworfen wird, eindrücklich und nachvollziehbar ist. An beidem mangelt es nicht bei Zak Hilditchs Endzeit-Thriller These Final Hours, der von den letzten zwölf Stunden der Menschheit erzählt und ein ums andere Mal die Frage aufwirft: Wie würde man selbst reagieren, wenn man wüsste, dass in weniger als einem Tag die Erde untergeht? Die Antworten gibt der Film auf teilweise recht drastische Weise, um dann am Ende doch zu einer recht schlichten Antwort zu finden, die der filmischen Apokalypse einiges von ihrem Potenzial nimmt.

Irgendwo im Nordatlantik ist ein riesiger Meteor eingeschlagen und hat die Erdkruste so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass diese sich auflöst und abschält wie „eine glühende Apfelsinenschale“. Noch ist Australien weit weg von dieser Feuerwalze, die Kontinent um Kontinent verschlingt, doch das Ende ist absehbar, unausweichlich und unaufhaltsam. Schon wird es „down under“ heißer und heißer, während die Menschen dort in heillosem Chaos versinken und ganz unterschiedlich auf das nahende Ende reagieren. Die einen finden in diesen letzten Stunden zu Gott und stehen betend am Straßenrand, andere plündern, brandschatzen, morden und vergewaltigen oder lassen sonstwie die Sau raus, um noch einmal alles auszukosten, was das Leben vermeintlich ausmacht. Zur letzten Spezies gehört irgendwie auch James (Nathan Phillips), der es plötzlich ziemlich eilig hat, von seiner Affäre Zoe (Jessica De Gouw) wegzukommen, um auf eine Weltuntergangsparty seines Kumpels Freddy (Daniel Henshall) zu gelangen – und das obwohl sie ihm gerade eröffnet hat, dass sie schwanger von ihm ist und ihn eigentlich an ihrer Seite braucht in diesen letzten Stunden. James aber will sich zudröhnen, will nichts mehr spüren, weil er sich dem Schmerz über das Unabwendbare nicht ausliefern will. Und so macht er sich auf die Reise. Die verläuft aber ganz anders, als er sich das vorgestellt hat, denn zufällig beobachtet er auf dem Weg, wie zwei üble Zeitgenossen mit finsteren Absichten ein Mädchen namens Rose (Angourie Rice) in ein Haus verschleppen. Und so egoistisch James auch sein mag, er kann nicht einfach so zusehen, wie so etwas vor seinen Augen geschieht. Also greift er ein – und trägt damit plötzlich die Verantwortung für das Mädchen, dessen Vater unauffindbar ist.

Trotz des gewaltigen Szenarios, das These Final Hours als Prämisse setzt, bleibt der Film vergleichsweise klein in seinem Fokus, er heftet sich James an die Fersen und bleibt konsequent auf dessen Fersen bei seiner Irrfahrt durch eine Gesellschaft außer Rand und Band. Dabei verzichtet Zak Hildritch weitgehend auf allzu drastische Bilder, sondern deutet vieles nur an, bzw. zeigt es im Vorüberfahren oder als unscharfes Hintergrundgeschehen. Dennoch verfehlen die Szenen ihre Wirkung nicht, sondern erweisen sich vielmehr als äußerst effizient.

Diese Konzentration ist sicherlich teilweise auch dem mutmaßlich bescheidenen Budget geschuldet und verleiht dem Film auch die nötige Eindringlichkeit, zugleich aber besteht zumindest am Anfang das Problem, dass dieser selbstsüchtige James sich zu Beginn nicht gerade als Sympathieträger erweist. Das ändert sich erst mit dem Auftauchen von Rose, für die der Mann nach anfänglichem Zögern endlich die Verantwortung übernimmt, die er sonst in seinem Leben vermutlich vermissen ließ. Mit dieser Katharsis im Angesicht der Katastrophe steht dann auch recht schnell fest, wie James das Ende selbst erleben wird – auch wenn er selbst eine Weile braucht, um endlich das Richtige zu tun.

Natürlich fühlt man sich während des Films immer wieder an Werke wie Mad Max, Tim Fehlbaums Hell, John Hillcoats The Road, David Michôds The Rover und Lars von Triers Melancholia erinnert, wobei es These Final Hours durchaus versteht, eigene Akzente und Schwerpunkte zu setzen. Die erscheinen zwar nicht an jeder Stelle konsequent genug umgesetzt bzw. aus der Psychologie der Figuren her stimmig. Dennoch und trotz mancher dramaturgischer Holprigkeiten bleibt man als Zuschauer durchgängig an und auf der Seite von James und bedauert es schlussendlich nur, dass er und Rose sich am Ende wieder trennen.

Klar, dass Zak Hilditch dem dänischen Weltuntergangsopus in Sachen Tiefe und Opulenz nicht das Wasser reichen kann, eindrücklich und bedrückend ist der Film aber allemal. Und er deutet an, dass man diesem Mann ruhig einmal ein größeres Budget anvertrauen könnte – er ist nämlich definitiv auf dem richtigen Weg.

These Final Hours

Was tust du, wenn du weißt, dass in ein paar Stunden die Welt untergehen wird weil ein Meteor mit der Erde zusammengestoßen ist? Die Filmkritikerin, die diesen Text schreibt, würde ja darauf spontan antworten: richtig gut essen und Liebe machen. Und vielleicht nicht unbedingt auf das Ende warten, sondern das Ganze selbst in die Hand nehmen.
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