Tatanka

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Vom Schicksal gejagt

Es ist eine alte Regel: Eine schwache erste Hälfte kann man noch auswetzen, wenn die zweite Hälfte und das Ende funktionieren. Das ist es, was dem Zuschauer schließlich im Gedächtnis bleibt. Er wird mit einem befriedigenden Gefühl aus dem Film entlassen. Schön und gut, aber was macht man, wenn die erste Hälfte hervorragend ist, die zweite jedoch wirr daherkommt?
Wer in Neapel arm ist, hat nur eine Möglichkeit, aufzusteigen. Indem er sich der Camorra anschließt. Besonders für Jugendliche, die keine Zukunftsperspektiven haben, ist das organisierte Verbrechen der einzige Weg zu Macht und Geld. Boxer Michele sucht nach einer anderen Alternative für sein Leben, als er jedoch die Schuld an einem Verbrechen auf sich nimmt, das sein Freund begangen hat, wird er zu acht Jahren Haft verurteilt. Wieder frei, will er Italien verlassen, aber sein alter Kumpel, mittlerweile ein hohes Tier in der Camorra, will ihn als Boxer einsetzen – und daran gut verdienen.

Tatanka ist im Grunde ein durchaus guter Film, aber er will zu viel. Gleich mehrere Geschichten will er erzählen, mit zahlreichen Figuren jonglieren, die ganz großen Themen anschneiden und zugleich den Zuschauer tief ins Geschehen hineinziehen. Aber daran scheitert Regisseur Giuseppe Gagliardi, der auch am Drehbuch mitschrieb. Als einer von fünf Autoren, was den Verdacht nahelegt, dass das Sprichwort mit den vielen Köchen einmal mehr Wahrhaftigkeit ausstrahlt.

Immerhin kann sich Gagliardi auf starke Mimen verlassen und hat mit Michele Paradisi einen Kameramann, der es versteht, Neapel in Bilder zu kleiden, die noch lange nachwirken. Durch Kamera und Schnitt gelingt es dem Film, ein Gefühl der Gefahr heraufzubeschwören. Hauptdarsteller Lorenzo Scialla schafft es konstant dem Zuschauer zu vermitteln, einen Getriebenen vor sich zu haben, der anders als Michael Corleone gar nicht in dieses Leben hineinwollte, aber ebenso wie er immer wieder in die Schattenwelt der Camorra zurückgezogen wird.

Hätte der Film eine klarere narrative Struktur, anstatt auch noch Anleihen bei konventionellen Boxerdramen zu nehmen, hätte aus Tatanka ein ganz großer Wurf werden können. So ist er durchwachsen, nie ganz überzeugend, aber zumindest technisch ansprechend umgesetzt und exzellent besetzt.

Tatanka

Es ist eine alte Regel: Eine schwache erste Hälfte kann man noch auswetzen, wenn die zweite Hälfte und das Ende funktionieren. Das ist es, was dem Zuschauer schließlich im Gedächtnis bleibt. Er wird mit einem befriedigenden Gefühl aus dem Film entlassen.
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