Zeuge gesucht (Film Noir Collection #15)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Dem Mörder auf der Spur

Wenn ein Film den Test der Zeit besteht und auch sieben Jahrzehnte nach seiner Entstehung nichts von seinem Reiz verloren hat, dann kann man wirklich von einem Klassiker sprechen. Robert Siodmaks Zeuge gesucht ist ein solcher Film, der in Film-Noir-Top-Listen immer wieder auftaucht.
Nach einem Streit mit seiner Frau gabelt Scott Henderson in einer Bar eine Frau auf, mit der er ins Theater geht. Als er später am Abend nach Hause kommt, findet er seine Frau tot vor: Erdrosselt mit einer seiner Krawatten. Die Polizei ist sicher, dass er der Mörder ist. Ein Alibi hat er nicht, da die geheimnisvolle Frau, die ihn ins Theater begleitete, nicht auffindbar ist und sich niemand an sie erinnert. Hendersons Sekretärin Carol glaubt ihrem Boss jedoch und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln.

Zeuge gesucht steht sicherlich nicht auf einer Stufe mit den ganz großen Film-Noir-Klassikern, ein spannender und psychologisch interessanter Film ist er allen Abstrichen zum Trotz aber dennoch. Das größte Problem stellen sicherlich die Logiklücken dar, die bei einer Geschichte wie dieser fast nicht zu vermeiden sind. Die Prämisse ist aufregend, aber die Glaubwürdigkeit, dass sich niemand an die mysteriöse Dame erinnert bzw. die Polizei kaum jemanden nach ihr befragt, ist schon eine Kröte, die man schlucken muss. Ist man dazu in der Lage, überrascht Zeuge gesucht. Denn schon frühzeitig erfährt man, wer der wahre Mörder ist. Das nimmt die Spannung jedoch nicht raus, sondern potenziert sie, streng nach Alfred Hitchcocks Regel, dass es weit effektiver ist, dem Zuschauer die Bombe unter dem Tisch zu zeigen und ihn minutenlang auf die Folter zu spannen anstatt sie ohne Vorwarnung zu zünden. In diesem Fall sind Carols Ermittlungen die Bombe, denn sie kommt dem Mörder nahe, gerät damit aber auch in Gefahr, die man als Zuschauer lange vor ihr entdeckt.

Bemerkenswert ist der Film auch wegen der berüchtigten Trommelszene mit Elisha Cook, deren Subtext etwas ganz anderes suggeriert. Eine derart offene sexuelle Anspielung gab es in kaum einem anderen Film jener Dekade.

Zeuge gesucht ist ein spannender, mit starkem Licht- und Schattenspiel gestalteter Thriller mit gelungener psychologischer Komponente, dessen krude Logik man bisweilen einfach willentlich missachten muss. Dann wird man von diesem kleinen, feinen Film Noir einfach mitgerissen.

Zeuge gesucht (Film Noir Collection #15)

Wenn ein Film den Test der Zeit besteht und auch sieben Jahrzehnte nach seiner Entstehung nichts von seinem Reiz verloren hat, dann kann man wirklich von einem Klassiker sprechen. Robert Siodmaks „Zeuge gesucht“ ist ein solcher Film, der in Film-Noir-Top-Listen immer wieder auftaucht.
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