Der Glöckner von Notre-Dame

Eine Filmkritik von Marie Anderson

"Anaykh"

Im Paris des 15. Jahrhunderts tobt das Volk zu Fastnacht beim Fest der Narren ausgelassen auf den Plätzen und in den Gassen, und das erbauliche Theaterstück des Dichters Jean-Pierre Gringoire (Robert Hirsch), das auf Initiative von Claude Frollo (Alain Cuny), dem alchimistisch orientierten Geistlichen der Kathedrale Notre-Dame, im Rathaus aufgeführt wird, erntet lediglich den Spott der Massen. Doch als die schöne Esmeralda auf dem Kirchplatz vor Notre-Dame singt und tanzt, ist vor allem das männliche Publikum äußerst angeregt, und das feiernde Volk greift begeistert ihren Vorschlag auf, doch den beinahe tauben, verkrüppelten Glöckner Quasimodo (Anthony Quinn) zum König der Narren zu küren.
Als dieser Esmeralda später im Auftrag seines Herren Frollo, der sie gleichermaßen verachtet wie begehrt, entführen will, tritt der schmucke Phoebus (Jean Danet) als Hauptmann der Stadtgarde zu ihrer Rettung auf und erobert damit ihr Herz. Esmeralda wiederum bewahrt in der Nacht den Dichter Gringoire vor dem Galgen, als er im Quartier der Diebe und Bettler aufgehängt werden soll, indem sie ihn als Ehemann aufnimmt. Am nächsten Tag wird Quasimodo auf dem Kirchplatz öffentlich gezüchtigt und vom Mob verhöhnt, und allein Esmeralda empfindet Mitleid für ihn und gibt ihm zu trinken. Frollo, der den Glöckner wieder befreit, ist zunehmend von Esmeralda besessen und beginnt sie nicht nur mit seinen Augen zu verfolgen.

Obwohl er mit der Dame Fleur de Lys (Danielle Dumont) verlobt ist, trifft sich Phoebus in seinem Liebesnest heimlich mit Esmeralda, doch auch Frollo ist wie ein dunkler Schatten zugegen und sticht von Eifersucht geplagt auf seinen Rivalen in den Armen Esmeraldas ein, die daraufhin verhaftet, der Hexerei angeklagt und gefoltert wird. Unter den Schmerzen des Spanischen Stiefels gesteht sie und wird zum Tode verurteilt, doch während der Zeremonie zur Hinrichtung gelingt es Quasimodo, Esmeralda in der Kathedrale unter dem Schutz des Kirchenasyls in Sicherheit zu bringen, während Frollo sich unter quälenden Selbstvorwürfen an den Ort seiner Tat zurückzieht, nicht ahnend, dass Esmeralda lebt …

Nach dem gleichnamigen Roman von Victor Hugo aus dem Jahre 1831 hat der französische Filmemacher Jean Delannoy mit bunten Kostümen, einem illustren Ensemble und einigen komödiantischen Einlagen ein tragisches Drama des klassischen Stoffes inszeniert, das mit Gina Lollobrigida und Anthony Quinn in den Hauptrollen längst zu den Glanzlichtern der Literaturverfilmungen gehört und nun bei Arthaus erstmals in Deutschland auf DVD erscheint. Der Glöckner von Notre-Dame schildert zu Beginn eine kleine Begebenheit über die Entstehung des Romans, die von einem Besuch Victor Hugos in Notre-Dame erzählt, bei welchem er mit „Anaykh“ auf ein ins Gemäuer gemeißeltes, griechisches Wort stieß, das so viel wie „Fatalité“ oder „unausweichliches Verhängnis“ bedeute, und die Frage nach der gequälten Kreatur, die dieses hinterlassen hat, habe ihn zu seiner Geschichte inspiriert.

Es sind Krisen, Qualen und Rettungen, um die dieses verdichtete Drama mit seinen verhängnisvoll verstrickten Figuren kreist, und es ist der Verrat im Kleinen wie in großem Stil, der als Antagonist zu den loyalen, humanistischen Aspekten der Beziehungen der Protagonisten untereinander auftritt. Die ästhetische Ausstattung und Gestaltung verzichtet zu Gunsten einer prächtigen Visualität auf eine realistische Darstellung des mittelalterlichen Szenarios und produziert dadurch eine abstrahierende Atmosphäre des Artifiziellen, die den Schauspielcharakter des Geschehens einmal mehr betont, der durch die mitunter clownesken Umtriebe der Volksmasse entsteht, die einen krassen Kontrast zu der tiefen Tragik Quasimodos bilden. Sein Schicksal wächst während der Geschichte mächtig aus der Opferrolle hinaus, und am Ende setzt er einen morbid-romantischen Akzent, der als zeitlose Demonstration von Treue ein unvergessliches Bild abgibt.

Der Glöckner von Notre-Dame

Im Paris des 15. Jahrhunderts tobt das Volk zu Fastnacht beim Fest der Narren ausgelassen auf den Plätzen und in den Gassen, und das erbauliche Theaterstück des Dichters Jean-Pierre Gringoire (Robert Hirsch), das auf Initiative von Claude Frollo (Alain Cuny), dem alchimistisch orientierten Geistlichen der Kathedrale Notre-Dame, im Rathaus aufgeführt wird, erntet lediglich den Spott der Massen.
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