Der Satan lockt mit Liebe

Eine Filmkritik von Martin Beck

Sexy, kurios, dezent morbide und ein bisschen doof

Junge, Junge! Was das Label Filmjuwelen so alles rausbringt. Mächtig eingestaubte Exploitation-Juwelen aus Deutschland z.B., die zuerst einmal mit einem reißerischen Titel locken und sich dann als pulpiges Film-Noir-Drama entpuppen. Der Satan lockt mit Liebe: tadaaa! Flugs den Trenchcoat-Kragen hochgestellt, mit dem gefälschten Ausweis bei der paffenden Kassiererin vorbeigehuscht und dann ab zu einer weiteren Spitzenproduktion aus dem Hause Rapid Film – ihres Zeichens verantwortlich für z.B. die Schulmädchenreport-Reihe oder so illustre Titel wie Das Mädchen mit den schmalen Hüften oder Du stirbst um sechs in Tetuan.
Filme, bei denen aus dem Stand alles klar ist. Rustikal zusammengeschusterte Schmachtfetzen, die volle Kanne aufs Genre-Gas steigen und aus dem Auspuff dann moralinsaure Lebensweisheiten absondern. Wie z.B., dass sich Verbrechen selten lohnen, fast genauso selten wie Dreiecksbeziehungen, bei denen einer der Drei Carlos heißt und eine Lederjacke trägt. Seine Freundin soll für ihn Geld stehlen, doch dabei plagen sie natürlich Gewissensbisse. Der Beklaute ist selber ein Dieb, möchte zurück auf den rechten Weg und verliebt sich auch noch. Es kommt wie es kommen muss: Carlos rastet aus!

Denn wer Carlos heißt und auch noch eine Lederjacke sein eigen nennt, kann ja nur eine kurze Lunte haben. Alle Figuren in Der Satan lockt mit Liebe plärren einem ihre Motivationen geradezu entgegen, was dann natürlich auch „Weltstar“ Belinda Lee ihre schönsten Schlafzimmer-Augen aufschlagen und in einer schummrigen Hafenkneipe ein wehmütiges Lied zum Besten geben lässt. Sie verkörpert gleichzeitig „femme fatale“ und gebeuteltes Opfer, eine heiße Braut zwischen Loyalität, Kittchen und großer Liebe. Das Hafenviertel ist sowohl ihr natürliches Zuhause als auch ihr Schicksal.

Überhaupt, die Bühne des Dramas: Nacht, Nebel, dreckige, verwinkelte Straßen, Spelunken, Nutten und komische Männer. Das Hafenviertel in Der Satan lockt mit Liebe ist DAS Hafenviertel und wird dann auch noch ergänzt durch DAS Schiff, auf dem Carlos mit seiner Freundin fliehen will. Und es dabei mit einem ehrenhaften Kapitän, einem neugierigen Chinesen und einer verschlagenen Mannschaft zu tun bekommt, die nur dann nicht die Polizei ruft, wenn Bares den Besitzer wechselt. Kaum vorstellbar, dass Carlos überhaupt je eine Chance hatte. Sobald seine Lederjacke das erste Mal zu sehen ist, ziehen dunkle Film-Noir-Wolken auf.

Im Grunde genommen möchte Der Satan lockt mit Liebe nichts anderes als Sharknado, nur dass hier hinter dem strammen Titel auch noch ein schöner Film steckt, der so unglaublich altbacken, retro und in seiner damaligen Vorstellung von Exploitation verhaftet ist, dass man sich wie in einem Museum vorkommt. Und dabei in einer Tour grinsen muss, weil die abgesonderte Dramatik durchaus darstellerische und inszenatorische Qualitäten vorweisen kann. „Hass und Liebe, Angst und Glück“; irgendwann einmal wurde das zumindest so ernst genommen, dass man nicht in Versuchung kam, auf hingeschlampten Trash-Blödsinn umzusteigen.

Besonders viel Qualität trägt Ivan Desny bei, der wie geschaffen ist für Carlos, Belinda Lee sieht immerhin gut aus (und war ein Jahr später tot) und Regisseur Rudolf Jugert, der eine ellenlange TV-Karriere hatte und davor so zuckersüße Retro-Monster wie Blonde Mädchen für Havanna oder Frauenarzt Dr. Sibelius inszenierte, beherrscht auf jeden Fall sein Handwerk – das zwar weitgehend konturenlos bleibt, aber immerhin von A nach B kommt und das Hafenviertel nicht wie drei Pommes-Buden mit Dunkelblende erscheinen lässt. Der Satan lockt mit Liebe und einer liebenswerten Zeitreise, die im Grunde genommen genauso ist wie Belinda Lee: sexy, kurios, dezent morbide und ein bisschen doof.

Der Satan lockt mit Liebe

Junge, Junge! Was das Label Filmjuwelen so alles rausbringt. Mächtig eingestaubte Exploitation-Juwelen aus Deutschland z.B., die zuerst einmal mit einem reißerischen Titel locken und sich dann als pulpiges Film-Noir-Drama entpuppen. „Der Satan lockt mit Liebe“: tadaaa!
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