Midnight Son - Brut der Nacht

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Geburt ist immer schmerzhaft

Bei klein budgetierten Vampirfilmen erwartet man nicht viel. Entweder es wird billig gesplattert oder man imitiert Blockbuster, was aufgrund der Budgetzwänge nur in die Hose gehen kann. Ganz selten gestaltet sich der Low-Budget-Vampir so wie in Midnight Son — Brut der Nacht. Ein Film in der Tradition von George A. Romeros Martin, nur konsequenter in der Wahl seiner Genrezugehörigkeit.
Jacob führt ein einsames Leben als Nachtwächter. Für ihn der perfekte Job, leidet er doch an einer Krankheit, die es nicht erlaubt, dass er sich dem Sonnenlicht aussetzt. In seinem Leben tut sich nicht viel, aber etwas hat sich verändert. Urplötzlich entwickelt Jacob einen immensen Blutdurst, den er mit immer drastischeren Mitteln zu stillen sucht. Zugleich lernt er die Bardame Mary kennen, die einer anderen Sucht verfallen ist. Die einsamen Seelen kreisen umeinander, während in der Stadt immer häufiger blutleere Leichen gefunden werden …

Man fühlt sich an Martin erinnert. Auch ein wenig an Die Weisheit der Krokodile. Vampirfilme, die keine solchen sind, sondern sich mit Menschen befassen, die sich selbst für Blutsauger halten. Auch Midnight Son geht in diese Richtung, anders als die blutigen Genossen findet er jedoch schneller zu dem Punkt, an dem die Ungewissheit der Gewissheit weicht. Zum Konzept von Romeros und Po-Chi Leongs Filmen gehört es, dass man niemals sicher weiß, ob die Protagonisten verrückt sind oder tatsächlich zu Kreaturen der Nacht geworden sind. Mit dieser Idee spielt auch Scott Leberechts Film, zieht die Geschichte dann aber größer auf. Nur im ersten Drittel lässt er die Möglichkeit offen, dass Jacob dem Wahnsinn verfällt, danach präsentiert er seine Geschichte als lange und schmerzhafte Geburt eines Vampirs.

Ob Jacob der erste seiner Art ist, bleibt unklar, ist aber auch nicht von Belang. Es könnte, muss aber nicht so sein. Den Film interessiert weniger, wie Jacob wird, was er ist. Vielmehr ist Midnight Son daran interessiert, die Isolation und die Verzweiflung seiner Hauptfiguren greifbar zu machen. In seiner Darstellung bleibt er trist, nicht unähnlich einem anderen Klassiker dieses Subgenres des Vampirfilms, Abel Ferarras Addiction. Er behandelt Jacobs Zustand als eine Art Sucht und stellt ihm die Kokainabhängigkeit von Mary gegenüber. Midnight Son lässt sich so als eine Metapher auf Suchtverhalten lesen. Das Vampirthema könnte im Grunde einfach nur das Trägermittel sein, das Leberecht nutzt, um die Geschichte zu erzählen, die ihm eigentlich vorschwebt. Die Stärke des Films ist, dass er mit seiner symbolträchtigen Inszenierung auf vielerlei Art gelesen werden kann. In seiner reinsten Form ist Midnight Son jedoch eine kleine Genre-Perle, die es trotz kleinerer Makel in der Ausformulierung der Geschichte dennoch versteht, sich auf ungewöhnliche und interessante Art und Weise mit einem überstrapazierten Filmmonster zu befassen und diesem neue Aspekte abzugewinnen.

Midnight Son - Brut der Nacht

Bei klein budgetierten Vampirfilmen erwartet man nicht viel. Entweder es wird billig gesplattert oder man imitiert Blockbuster, was aufgrund der Budgetzwänge nur in die Hose gehen kann. Ganz selten gestaltet sich der Low-Budget-Vampir so wie in „Midnight Son — Brut der Nacht“. Ein Film in der Tradition von George A. Romeros „Martin“, nur konsequenter in der Wahl seiner Genrezugehörigkeit.
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