Teorema (Limited Collector´s Edition)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Im Angesicht Gottes

Pier Paolo Pasolinis Teorema wird von manchen seiner Bewunderer als seine beste Arbeit bezeichnet. Mit seiner symbolträchtigen Erzählform, die sich mit Pasolinis Kernthemen befasst – Marxismus, Religion, Homosexualität – gibt es auch tatsächlich gute Gründe, ihn als eines der besten Werke des skandalträchtigen Regisseurs einzuordnen.
Ein seltsamer Besucher (Terence Stamp) findet Einlass in einer reichen Familie. Nacheinander beginnt er eine sexuelle Beziehung mit allen Mitgliedern des Hauses: dem religiösen Dienstmädchen, dem sensiblen Sohn, der frustrierten Mutter, der verängstigten Tochter und dem innerlich zerrissenen Vater. Als er die Familie so plötzlich verlässt, wie er erschienen ist, hat er das Leben aller verändert.

Pasolini, der den Roman schrieb und diesen dann verfilmte, setzt bei Teorema vor allem auf die Kraft der Bilder. Es gibt Dialoge, sie sind jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Was vielmehr zählt, sind die Aussagen, die Pasolini zwischen den Zeilen verortet. Er präsentiert seinen Film als Fabel, als eine scheinbar simple, aber doch höchst komplexe Geschichte, bei der viel davon abhängt, was man bereit ist in das Gezeigte hineinzuinterpretieren. Definitive Antworten vermeidet Pasolini, weswegen sein Film sowohl Atheisten als auch Gläubige anspricht. Teorema kann für jede Glaubensrichtung etwas bieten, ganz davon abhängig, wie man die Identität des geheimnisvollen Besuchers einschätzen will. Man kann ihn als Sendling Gottes sehen, aber auch nur als einen ganz normalen Menschen. Und selbst, wenn man den Hang zum Übernatürlichen präferiert, dann ist es längst nicht so, dass diese eine Heilandsgeschichte ist. Ebenso gut könnte der Besucher eine Verkörperung des Teufels sein, der mit seinen Versuchungen das Leben jener um sich herum aus den Angeln reißt. Doch ob nun Gottesfigur oder dessen Gegenteil, am Ende bleibt die unangenehme Frage offen, ob diese Begegnung mit dem Besucher die Menschen nun glücklicher oder unglücklicher gemacht hat.

CMV präsentiert den mehr als 40 Jahre alten Film in einer wundervollen Edition. Bild und Ton sind für das Alter sehr gut, das Bonusmaterial wertig. Neben einem Booklet mit anregendem Essay von Silvia Szymanski gibt es eine Bonus-DVD mit zwei deutsch untertitelten Dokumentationen. Besonders interessant ist Die letzte Nacht des Pier Paolo Pasolini, in der sein mutmaßlicher Mörder zu Wort kommt.

Teorema (Limited Collector´s Edition)

Pier Paolo Pasolinis „Teorema“ wird von manchen seiner Bewunderer als seine beste Arbeit bezeichnet. Mit seiner symbolträchtigen Erzählform, die sich mit Pasolinis Kernthemen befasst – Marxismus, Religion, Homosexualität – gibt es auch tatsächlich gute Gründe, ihn als eines der besten Werke des skandalträchtigen Regisseurs einzuordnen.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen