Der Leichendieb

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Ein Szenario signifikanter Schattenhaftigkeit

Es sind überwiegend ausgewählte Schwarzweißfilme von berühmten und weniger bekannten Regisseuren aus den 1930er bis 1960er Jahren, markante Kleinode der Filmgeschichte, die innerhalb der Reihe „Arthaus Retrospektive“ präsentiert werden. Dass sich hier so manch nur selten gezeigter cineastischer Schatz sichten lässt, zeigt Der Leichendieb von 1945 mit dem unheimlichen, legendären Boris Karloff (1887-1969) sowie dem nicht minder gespenstischen Bela Lugosi (1882-1956) – zwei Stars des Horror-Genres, die vor allem während der 1930er Jahre in Filmen wie Die schwarze Katze / The Black Cat und Der Rabe / The Raven zusammen vor der Kamera agierten und hier letztmalig gemeinsam auftreten.
Edinburgh im Jahre 1831: Der humanistisch orientierte, aus einfachen Verhältnissen stammende Medizinstudent Donald Fettes (Russell Wade) avanciert zum Assistenten des angesehenen Arztes Dr. MacFarlane (Henry Daniell), der angehende Ärzte ausbildet und in diesem Rahmen Anatomiekurse mit frischen Leichen als Anschauungsobjekte für Studienzwecke abhält. Als Fettes ihn bittet, die junge Georgina Marsh (Sharyn Moffett) zu operieren, die nach einem Unfall nicht mehr laufen kann, lehnt MacFarlane zunächst ab, da sein Interesse sich auf Forschung und Lehre konzentriere und ohnehin ein Mangel an benötigten Leichen als Übungsmaterial herrsche. Doch Fettes, dem die Aufgabe zufällt, die Körper von kürzlich Verstorbenen in Empfang zu nehmen, die der verschlagene Kutscher John Gray (Boris Karloff) regelmäßig für ein ansehnliches Entgelt an MacFarlane liefert, gibt nicht auf, sich für Georgina und ihre attraktive Mutter (Rita Corday) einzusetzen, auch wenn ihm die Praxis der Leichenbeschaffung zunehmend dubios erscheint. Als sich abzeichnet, dass der skrupellose und machtgierige Gray, der inzwischen seinen aufmüpfigen Gehilfen Joseph (Bela Lugosi) erwürgt, weder vor Erpressung, noch vor Mord zurückschreckt, um sein lukratives Geschäft aufrechtzuerhalten und MacFarlane zu kontrollieren, eskalieren die Ereignisse …

Während der idealistisch erscheinende Medizinstudent Fettes mit seiner warmen Freundlichkeit einen Lichtblick innerhalb des inhaltlich wie visuell düster gestalteten Films nach der Kurzgeschichte The Body Snatcher des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson darstellt, überwiegen in Der Leichendieb die düsteren bis grausamen Charaktere und Stimmungen, eingebettet in das eindrucksvolle schwarzweiße Szenario einer signifikanten Schattenhaftigkeit. Der ambitionierte Arzt, dessen komplexe Verstrickungen mit dem diabolischen Leichendieb in Andeutungen verbleiben, repräsentiert die Arroganz einer elitären medizinischen Sozietät, die stärker am wissenschaftlichen Fortschritt als am Wohl ihrer Patienten interessiert erscheint. Darüber schwebt die Bedeutungslosigkeit der armen Bevölkerung, die jenseits von Pietät und Skrupel auch im Tode noch ausgebeutet wird. Diese Kaltblütigkeit ist es, die den wahren Horror dieses Films ausmacht, den Regisseur Robert Wise mit meisterhafter Souveränität inszeniert hat.

Der Leichendieb

Es sind überwiegend ausgewählte Schwarzweißfilme von berühmten und weniger bekannten Regisseuren aus den 1930er bis 1960er Jahren, markante Kleinode der Filmgeschichte, die innerhalb der Reihe „Arthaus Retrospektive“ präsentiert werden. Dass sich hier so manch nur selten gezeigter cineastischer Schatz sichten lässt, zeigt „Der Leichendieb“ von 1945 mit dem unheimlichen, legendären Boris Karloff (1887-1969) sowie dem nicht minder gespenstischen Bela Lugosi (1882-1956)
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