Verfolgt (1947)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Western, Familientragödie und Film Noir

Weit über hundert Filme hat der US-amerikanische Schauspieler und Regisseur Raoul Walsh (1887-1980) zeit seines Lebens inszeniert und damit bedeutsame Akzente innerhalb der Filmhistorie gesetzt. Neben populären Klassikern wie Der Dieb von Bagdad / The Thief of Bagdad (1924), Der große Treck / The Big Trail (1930) und White Heat (1949), die als besonders erhaltenswert in das National Film Registry der USA aufgenommen wurden, hat der vielseitige Filmschaffende mit der berühmten Augenklappe zu Beginn seiner Karriere im Jahre 1913 zahlreiche Stumm- und Kurzfilme gedreht und sich später vor allem auf Western, Abenteuer- und Kriegsfilme spezialisiert. Verfolgt von 1947, der auch unter den deutschen Titeln Späte Rache oder Blutrache bekannt ist, stellt eine eindrucksvoll inszenierte Kombination aus Western, Familiendrama und Film Noir dar, dessen bildgewaltige Intensität von düsteren, bedrohlichen Schatten dominiert wird.
Als kleines Kind verliert Jeb Rand (Robert Mitchum) unter ungeklärten Umständen seine Eltern, und die couragierte Witwe und Farmerin Mutter Cullum (Judith Anderson) nimmt den verstörten und unter Alpträumen leidenden Jungen, den sie verängstigt in einem Versteck findet, schlichtweg mit zu ihrer Familie. Gemeinsam mit Thorley (Teresa Wright) und Grant Cullum (Dean Jagger) wächst Jeb nun behütet heran und entwickelt sich zu einem geschätzten Mann, der bei seiner Heimkehr aus dem Spanisch-Amerikanischen Krieg als Held gefeiert wird. Insgeheim hat sich zwischen ihm und seiner „Schwester“ Thorley mit der Zeit ein Liebesverhältnis angebahnt, das allerdings unter keinem guten Stern steht, zumal Jeb noch immer durch üble Träume von Stiefeln mit markanten Sporen und später auch durch furchterregende Halluzinationen von seiner belastenden, mysteriösen Vergangenheit eingeholt wird und auch sein eifersüchtiger „Bruder“ Grant ihm zusetzt …

Mit psychologischer Dichte und einem Feingefühl für die widerstreitenden Emotionen seiner detailliert gezeichneten Charaktere erzählt Raoul Walsh nach dem Drehbuch von Niven Busch, der damals mit der weiblichen Hauptdarstellerin Teresa Wright verheiratet war, die Geschichte vom unwegsamen Schicksal eines Mannes, der sein Kindheitstrauma nicht überwinden konnte und letztlich aufgrund widriger Umstände nicht nur von seinen inneren Desolationen, sondern auch noch von der Staatsgewalt verfolgt und damit zu einem heimatlosen Gejagten wird. Präzise Beobachtungen der Protagonisten sowie ihrer Befindlichkeiten und Haltungen lassen Verfolgt zu einem dichten, hintergründigen Schwarzweiß-Drama mit kräftigen Kontrasten werden, dessen signifikante Lichtgestaltung die Atmosphäre in New Mexico zu Beginn des 21. Jahrhunderts als schicksalshafte Beklemmung für den tragischen Helden erscheinen lässt, der hier mit sichtbarer Verwundbarkeit ungeheuer sensibel von Robert Mitchum verkörpert wird, mit der gleichermaßen ausdrucksstarken Teresa Wright an seiner Seite. Und am Ende zeichnet sich ein neuer Anfang ab, von einem eindringlichen „Schau niemals zurück“, das zuvor ein Hemmnis bildete, als nunmehr eindeutige Botschaft getragen.

Verfolgt (1947)

Weit über hundert Filme hat der US-amerikanische Schauspieler und Regisseur Raoul Walsh (1887-1980) zeit seines Lebens inszeniert und damit bedeutsame Akzente innerhalb der Filmhistorie gesetzt. Neben populären Klassikern wie „Der Dieb von Bagdad“ / „The Thief of Bagdad“ (1924), „Der große Treck“ / „The Big Trail“ (1930) und „White Heat“ (1949), die als besonders erhaltenswert in das National Film Registry der USA aufgenommen wurden, hat der vielseitige Filmschaffende mit der berühmten Augenklappe zu Beginn seiner Karriere im Jahre 1913 zahlreiche Stumm- und Kurzfilme gedreht und sich später vor allem auf Western, Abenteuer- und Kriegsfilme spezialisiert.
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