Kehraus (1983)

Eine Filmkritik von Renatus Töpke

Ein Klassiker des deutschen Kinos ist er mit Sicherheit; Gerhard Polts erster Kinofilm Kehraus aus dem Jahre 1983. Zielsicher und ohne Hektik nimmt sich diese bissige Satire den Problemen des kleinen Mannes mit dem deutschen Beamtenapparat an. Wo Stromberg heute noch detailverliebter und fieser den Finger in die Wunde legt, gibt Kehraus den großen Bruder und ebnet für Polts kurze Kinokarriere – es sollten noch Man spricht deutsch und Herr Ober! folgen — den Weg. Kehraus ist eine der besten deutschen Tragikomödien überhaupt und jeder Bürohengst sollte sie sich mindestens einmal im Jahr zu Gemüte führen.

Staplerfahrer Ferdinand Weitel (Gerhard Polt) wird vom Versicherungsvertreter Mehling (windig: Nikolaus Paryal) über den Tisch gezogen. Dieser dreht Ferdinand diverse unnötige Versicherungen an und sucht nach erfolgreicher Unterzeichnung hastig das Weite. Der etwas tumbe Ferdinand durchschaut die unnützen Verträge zwar schnell, aber da ist Mehling schon weg. Ferdinand macht sich am nächsten Tag auf, um im Gebäude der Versicherung den Vertreter zur Rede zu stellen. Doch hier beginnt eine Odyssee durch die Stockwerke und Abteilungen, immer eine Handbreit hinter dem sich immer wieder verleugnen lassenden Mehling hinterher hinkend. Einzig die anfangs zickige Sekretärin Waguscheit (großartig: Gisela Schneeberger) hat Mitgefühl und gibt Ferdinand den Rat, auf die abendliche Faschingsveranstaltung der Versicherung zu gehen. Dort werde Ferdinand den Mehring mit Sicherheit treffen. Gesagt, getan…

Bis in die Nebenrollen toll besetzt (Jochen Busse als fieser Professor Heinzel ist herrlich schmierig over the top), mit einem ausgezeichneten Drehbuch versehen, für das es den Filmpreis in Gold gab und mit einem Gespür für Situationen und Zwischentöne, gibt Kehraus dem weitverbreiteten Bild des Bürohengstes Zucker. Treffend werden Büroalltag und Stutenbissigkeit unter Kollegen bebildert. Doch der Film funktioniert nicht nur als Satire oder Komödie, sondern auch als Zeitdokument. Frisuren, Kleidung, Musik und Filmlook spiegeln genau den Zeitgeist der frühen 1980er wieder. Ein Kleinod für Nostalgiker und Filmarchäologen gleichermaßen. Und: Kehraus ist aktuell wie nie!

Bild und Ton sind gut. Leider beinhaltet die DVD nur den Trailer als Extra. Dafür wurde der DVD das einstige Originalplakat von Renato Casaro spendiert. Das freut insofern, dass heute beinahe jede DVD-Veröffentlichung ein neues, pseudo-hippes, aus diversen Fotos zusammen gefotoshoptes 08/15 Bild spendiert bekommt (siehe z.B. die aktuelle Poltergeist-DVD.
 

Kehraus (1983)

Ein Klassiker des deutschen Kinos ist er mit Sicherheit; Gerhard Polts erster Kinofilm „Kehraus“ aus dem Jahre 1983. Zielsicher und ohne Hektik nimmt sich diese bissige Satire den Problemen des kleinen Mannes mit dem deutschen Beamtenapparat an.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen