Das Leben ist schön (1997)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Komik gegen Grauen

Was als witzige Liebesromanze beginnt, verkehrt sich nach der Hälfte in ein tragisches Drama vor dem historischen Hintergrund des Nationalsozialismus: Der italienische Spielfilm Das Leben ist schön von Roberto Benigni aus dem Jahre 1997 zählt zu jenen merk- und denkwürdigen Filmen, die nicht nur einen starken Bruch der grundlegenden Ausrichtung aufweisen, sondern bei denen auch Heiterkeit und Tragik verstörend nahe beieinander liegen. Längst ein Klassiker, einer der erfolgreichsten italienischen Filme überhaupt und seinerzeit mit einer beachtlichen Reihe von Nominierungen und Filmpreisen ausgezeichnet schlägt dieser Film Töne an, die ein weites Spektrum menschlicher Emotionen zum Klingen bringen und provoziert gleichzeitig mit seiner oftmals geradezu absurden Ambivalenz, durch welche das Postulat eines rigorosen Humanismus immer wieder energisch hervorschimmert.

Der lebensfrohe und oftmals chaotisch erscheinende Guido Orefice (Roberto Benigni) hält sich mit einem Gelegenheitsjob als Kellner über Wasser, bis er sich in die aparte Lehrerin Dora (Nicoletta Braschi) verliebt, die allerdings bereits mit einem Anderen verlobt ist. Dennoch gelingt es dem charmanten Freigeist, Doras Herz für sich zu gewinnen, und nach der Hochzeit der beiden gelingt es Guido, seine eigene kleine Buchhandlung zu eröffnen. Das Glück des Paares wird durch ihren kleinen Sohn Giosué (Giorgio Cantarine) gekrönt, bis die Truppen der Nationalsozialisten 1943 in Italien einmarschieren und auch die harmonische Welt der Orefices zerstören, denn Guido ist Jude und wird gemeinsam mit dem nunmehr fünfjährigen Giosué in ein Konzentrationslager verschleppt, und auch Dora lässt sich freiwillig dort unterbringen, um ihren Liebsten nah zu sein. Um seinen Sohn vor den unsagbar harten Realitäten dieses schrecklichen Schicksals zu schützen, greift Guido zu einer drastischen Entscheidung: Er vermittelt seinem Sohn den Einzug und das Leben im Lager als Abenteuer, als ausgefallenes Spiel mit ganz bestimmten Regeln, das es möglichst geschickt zu meistern gilt, um letztlich zu gewinnen, und zwar nichts Geringeres als einen Panzer. So manövrieren sich Vater und Sohn mit ihren geheimen Absprachen durch den Alltag, wobei Guido alle Entbehrungen und Demütigungen für Giosué positiv umzudeuten bemüht ist, bis eines Tages das Lager geräumt wird, weil die Amerikaner auf dem Vormarsch sind …

Angesichts inhumaner, entsetzlicher Umstände nicht zu verzweifeln, sondern alle Kraft für positive, lebenserhaltende Momente innerhalb der Katastrophe einzusetzen – besonders bei der Fürsorge für ein Kind, um dessen Traumatisierung zu verhindern –, davon handelt Das Leben ist schön, dessen Titel hierbei Programm ist. Anhand der Extremsituation unter der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten wird dabei die Weigerung, die gegebenen Verhältnisse als Macht in der Ohnmacht zu akzeptieren, zur (Über-)Lebensmaxime erhoben, welche die absurde Wirklichkeit durch eine eigenmächtig verzerrte ersetzt, die den erzwungenen, lähmenden Opferstatus zumindest kognitiv und emotional außer Kraft setzt. Dieses gewagte Konstrukt einer geradezu grotesken Selbstbehauptung zur Verteidigung der eigenen Würde wird in Das Leben ist schön darstellerisch und mit liebevollen Details versehen ebenso konsequent wie überzeugend durchexerziert, so dass auch bei mitunter kleinen Schwächen und Brüchen innerhalb der Dramaturgie ein ganz wundervoller Film entstanden ist, der dem unabwendbaren Grauen den trotzigen Klamauk der Komik als durchaus wirksamen Widerstand entgegensetzt.
 

Das Leben ist schön (1997)

Was als witzige Liebesromanze beginnt, verkehrt sich nach der Hälfte in ein tragisches Drama vor dem historischen Hintergrund des Nationalsozialismus: Der italienische Spielfilm „Das Leben ist schön“ von Roberto Benigni aus dem Jahre 1997 zählt zu jenen merk- und denkwürdigen Filmen, die nicht nur einen starken Bruch der grundlegenden Ausrichtung aufweisen, sondern bei denen auch Heiterkeit und Tragik verstörend nahe beieinander liegen.

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Meinungen

Hans im Glück · 06.12.2021

Ein schwieriges Thema endlich einmal neu und auf andere Weise bearbeitet und gezeigt.
Definitv ein sehendwerter Film.