Hammett

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Das Phantasierte im Biographischen

Gleichermaßen erschöpft, erleichtert und zufrieden lässt sich der Krimi-Schriftsteller Samuel Dashiell Hammett (Frederic Forrest) auf die Kissen sinken, denn gerade hat er eine seiner schrägen, spannenden Geschichten fertiggestellt, die ihm in seiner Nachbarschaft im San Francisco der späten 1920er Jahre und darüber hinaus eine respektable Popularität bescheren. Doch diese neue Episode aus den Abgründen kriminalistischer Begebenheiten wird Hammett rasch wieder verlieren, denn bald darauf wird er von Jimmy Ryan (Peter Boyle), einem alten Kollegen aus seiner Zeit als Privatdetektiv bei der berühmt-berüchtigten Pinkerton-Agentur, aus der fiktiven Sphäre in die Realität gerissen. Ryan bittet den sich sträubenden Hammett unter Einlösung einer einst versprochenen Gefälligkeit, mit ihm die verschwundene junge Chinesin Chrystal Ling (Lydia Lei) aufzuspüren. So durchstreifen die beiden Herren den als „Chinatown“ bezeichneten Bezirk der Stadt, wo Hammett kein Unbekannter ist, doch sie werden durch ein ausbrechendes Chaos in den vollen Straßen getrennt, wobei Hammett auch seine frisch geschriebene Geschichte abhanden kommt, noch bevor er sie in die Post geben konnte. Als er nach weiteren Unerquicklichkeiten mit der Polizei und der Begegnung mit einem allzu auffälligen Verfolger, der sich als Journalist ausgibt und ihm ein Foto von Chrystal Ling zusteckt, nach Hause zurückkehrt, findet er dort eine aparte Asiatin vor …
Es ist ein zynischer, melancholisch-heiterer Ton, der die Atmosphäre dieses stilisierten Krimis bestimmt, der sich nach dem gleichnamigen Roman von Joe Gores um die authentische Figur des Schriftstellers Samuel Dashiell Hammett (1894-1961) rankt, dem hier erfundene Ereignisse in die Biographie geschraubt werden, die seinem Charakter und Lebenswandel entsprechen. Dabei stellt Hammett, der 1982 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes im Rennen um die Goldene Palme uraufgeführt wurde, sowohl eine lässige Huldigung an den US-amerikanischen Autor (Rote Ernte / Red Harvest, 1929, Der Malteser Falke / The Maltese Falcon, 1930, Der dünne Mann / The Thin Man, 1934) als auch eine Hommage an die – fiktive – Spezies der individualistischen Privatdetektive dar, die selbst wider Willen immer gern in herumvagabundierenden Schlamassel geraten, so cool sie auch sein mögen. Mit seiner klugen, schönen Geliebten Kit (Marilu Henner) an seiner Seite gelingt es Hammett jedoch, die Hintergründe um die geheimnissvolle Chrystal Ling aufzudecken, aber damit ist die Gefahr noch nicht vorüber, und auch dieses Erlebnis wird wieder Inspirationen für künftige Geschichten liefern.

Die signifikante Verknüpfung von fiktiven und real existierenden Elementen, die bei diesem Film ausgehend von seiner Grundidee der Verortung des Phantasierten im Biographischen ansprechend zum Tragen kommt, bringt ein kreatives Spiel der Möglichkeiten zum Ausdruck, das sich allerdings bei Zeiten allzu glatt geschliffen gestaltet, um wahrhaft und anhaltend zu begeistern. Betrachtet man die ebenso langwierige wie wechselhafte Entstehungsgeschichte von Hammett, die von umfangreichen Unstimmigkeiten zwischen dem Regisseur Wim Wenders, der damit seinen ersten Hollywood-Film inszenierte, und dem Produzenten Francis Ford Coppola, der häufig konträre Vorstellungen favorisierte und auch durchsetzte, gezeichnet war, so ist kräftig zu vermuten, dass dieser umstrittene Entstehungsprozess sich nachhaltig auf dieses dennoch gelungene Werk ausgewirkt hat, mit dem letztlich kaum einer der zahlreichen beteiligten Protagonisten glücklich war. Während Francis Ford Coppola große Teile des abgedrehten Materials auf der Basis eines stark veränderten Drehbuchs erneut filmen ließ, verarbeitete Wim Wenders seine ärgerlichen und auch andere Erfahrungen bei dieser Kooperation und mit dem Filmgeschäft im Allgemeinen wohlweislich erfolgreich kreativ, indem er diese in seinem ebenfalls 1982 erschienenen Film Der Stand der Dinge thematisierte, der mit dem Goldenen Löwen von Venedig sowie mit dem Filmband in Gold und in Silber prämiert wurde. Es ist lediglich Spekulation, ob Hammett in Schwarzweiß und um einiges puristischer und schauspielerisch ambivalenter ausgestattet – wie von Wim Wenders ursprünglich beabsichtigt – stimmungsvoller, lebendiger und intensiver ausgefallen wäre. Dass der Film in seiner auf US-amerikanische Moden ausgerichteten Form schließlich insgesamt beim Publikum durchfiel, hat nicht verhindert, dass er wiederum auch seine begeisterten Fans fand, die ihm gar das Attribut „Kult“ beigesellen. Dass es sich hierbei um einen charmanten und trotz aller Turbulenzen absolut sehenswerten Film handelt, spricht für die Qualität seines schlichten, doch spitzbübischen Stoffes, der die äußerst populäre Gattung des Krimis augenzwinkernd würdigt.

Hammett

Gleichermaßen erschöpft, erleichtert und zufrieden lässt sich der Krimi-Schriftsteller Samuel Dashiell Hammett (Frederic Forrest) auf die Kissen sinken, denn gerade hat er eine seiner schrägen, spannenden Geschichten fertiggestellt, die ihm in seiner Nachbarschaft im San Francisco der späten 1920er Jahre und darüber hinaus eine respektable Popularität bescheren.
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