Dream House

Eine Filmkritik von Lida Bach

Haus der langen Schatten

„Es waren einmal zwei kleine Mädchen, die zogen in ein Haus“, erzählt Will Atenten. Die Mädchen sind seine Töchter Trish (Taylor Geare) und Dee Dee (Claire Geare) und das Haus das malerische Vorstadtheim, in das der aspirierende Schriftsteller (Daniel Craig) mit seiner Frau Libby (Rachel Weisz) zieht. Hier will der scheinbar glückliche Hauptcharakter von Jim Sheridans verkapptem Psychodrama Dream House seinen ersten Roman schreiben, denn für das Erfinden von Geschichten hat Will ein Talent – ein gefährliches Talent.
Für die Produzenten, die den von David Lockua verfassten Seelenspuk komplett neu schnitten, gilt das leider nicht. Die unentschlossene Verformung der Seelenstudie zum Geisterhausstreifen, zu der das mit Caleb Deschanels stimmiger Kameraführung, Sheridans dramatischer Intuition und das Ensemble solide ausgestatteten Dream House gerät, beschert dem Publikum ein ähnlich bizarres Déjà-vu wie dem ambivalenten Protagonisten. In dem neuen Umfeld, wo Will die junge Nachbarstochter Chloe (Rachel Fox) und ihre geschiedenen Eltern Ann (Naomi Watts) und Jack (Marton Csokas) mit seltsamer Vertrautheit begegnen, hofft er mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Dafür hätte er keinen besseren Ort finden können als das Titelgebäude, obwohl erst genau das Gegenteil der Fall scheint. Wer als Familienmensch im Horrorfilm in ein Haus zieht, sollte vorsorglich drei Dinge abklären. Erstens: Ist das Haus auf einem alten Indianerfriedhof gebaut? Zweitens: Wurden die letzten Mieter oder gar alle, die je dort lebten, Opfer eines schrecklichen Verbrechens? Drittens: Wurde einer der Vormieter wahnsinnig und wenn ja, steht Drittens in direktem Zusammenhang mit Erstens und Zweitens?

Ein furchterregendes Beispiel für eine Wohnstätte, die alle drei Kriterien erfüllt, ist das Overlook Hotel in The Shining. Dessen abgründige Atmosphäre versucht die lückenhafte Story vergeblich zu kopieren. Das Nachahmen von Handlungselementen fällt den Produzenten indes leichter. Wills verspätete Nachforschungen enthüllen, dass ein Jahr zuvor die Familie, die das vermeintliche Traumhaus bewohnte, Opfer eines furchtbaren Mordes wurde. Der Hauptverdächtige war der Vater Peter Ward, der zu allem Übel mangels Beweisen freigesprochen wurde und in einer Nervenklinik landete. Das größte Übel aber ist, dass Wards Ehefrau Elizabeth hieß und seine beiden Töchter Katherine und Beatrice. Ihre Namen sind keine anderen als die, von denen sich die Kosenamen von Wills Liebsten herleiten. Selbst wer Shutter Island nicht gesehen hat, muss nicht lange überlegen, welch schreckliche Entdeckung das spannungsarme Amnesie-Märchen für Will bereit hält. Die Handlungswege sind so überdeutlich ausgeschildert, dass man nie das Vergnügen hat, sich darin zu verirren.

Die Endschnittfassung, von der der Regisseur und die Hauptdarsteller sich distanzierten, stößt das Publikum mit verräterischen Hinweisen geradezu vor den Kopf, am gröbsten im Trailer. Danach rätselt man nicht, ob der sich um das Haus drückende Beobachter (Elias Koteas) der zurückgekehrte Ward ist. Man rätselt, warum der tatsächliche Peter Ward von niemandem namentlich angesprochen wird und warum er mittels eines aufwendigen Geistesprozesses zu seinem einstigen Heim zurückfindet, nur um von dort in einem weiteren aufwendigen Geistesprozess in sein späteres Heim, nämlich die Nervenheilanstalt, zurück zu traben. Man rätselt, wie ein Psychiater einen zutiefst verwirrten Patienten aus der Anstaltsobhut entlassen kann, zudem an den Ort eines Verbrechens, das der Patient möglicherweise selbst begangen hat. Aber am meisten rätselt man, wie Filmproduzenten diesen Psychiater all diese Plotdetails schon im Trailer verraten lassen können.

Eine Schweigepflicht sollte auch für Produktionsfirmen und deren Filmwerbung gelten. Wer die fatale Vorschau ignoriert, findet in Dream House immerhin einen passablen Schablonen-Horror, dessen grausigster Aspekt das weggeworfene Potential ist.

Dream House

„Es waren einmal zwei kleine Mädchen, die zogen in ein Haus“, erzählt Will Atenten. Die Mädchen sind seine Töchter Trish (Taylor Geare) und Dee Dee (Claire Geare) und das Haus das malerische Vorstadtheim, in das der aspirierende Schriftsteller (Daniel Craig) mit seiner Frau Libby (Rachel Weisz) zieht. Hier will der scheinbar glückliche Hauptcharakter von Jim Sheridans verkapptem Psychodrama „Dream House“ seinen ersten Roman schreiben, denn für das Erfinden von Geschichten hat Will ein Talent – ein gefährliches Talent.
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