Switch

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Verschwörung mit Blick auf den Eiffelturm

Sophie Malaterre (Karine Vanasse) ist eine junge Zeichnerin und Designerin aus Montréal, immerzu und ziemlich vergeblich auf der Suche nach dem Durchbruch oder zumindest einem Job, der sie über die nächsten Monate bringt. Als sie wieder einmal vertröstet wird, empfiehlt ihr eine Bekannte eine Website zum Wohnungstausch und schlägt ihr nachdrücklich eine Reise nach Paris vor. Sophie findet in Bénédicte schnell eine Tauschpartnerin, die unbedingt Urlaub in Kanada machen möchte.
Und so landet sie schon bald in Paris, in einem bezaubernden kleinen Häuschen, dessen Hinterhof Blick auf den Eiffelturm bietet – fast zu schön, um wahr zu sein. Und am nächsten Morgen, als Sophie wie betäubt und mit Kopfschmerzen erwacht, stürmt ein Spezialkommando der Polizei ihre Wohnung. Im zweiten Schlafzimmer liegt eine Leiche, ihre Papiere sind verschwunden, und für den ermittelnden Beamten Damien Forgeat (Éric Cantona) ist sie nur die in der Wohnung gemeldete Bénédicte Serteaux, über die sich allerlei beängstigende Informationen in den Akten finden…

Man durfte gerade in den letzten Jahren beobachten, wie gekonnt in Frankreich flotte Verfolgungsthriller inszeniert werden – aus den letzten Jahren kommen da allein schon On The Run von Eric Valette und Fred Cavayés Point Blank in den Sinn. Frédéric Schoendoerffers neuester Film sortiert sich elegant in diese Reihung ein, lässt sich allerdings mit seiner Exposition wesentlich mehr Zeit als die beiden genannten Filme – und das kommt ihm nicht unbedingt zugute. Denn Schoendoerffer, der auch das Drehbuch mitverfasst hat, konstruiert hier einen wilden Verschwörungsthriller, in dem man wohl mit der Protagonistin mitfiebern, zugleich aber zumindest eine Weile misstrauisch werden soll, ob sie denn wirklich das Unschuldslamm sei, als das sie sich gibt.

Leider misslingt dieses zweite Element vollständig, stattdessen wird das Netz, dass sich um Sophie zieht, immer dichter – bis der Zuschauer nur noch die ganz große Verschwörung dahinter vermuten kann. Die Auflösung, so viel sei schon verraten, kann dann mit dieser Erwartung nicht mithalten, im Gegenteil: Die Motivation und Begründung für das ganze Spektakel fällt fast schon kleinlich aus. Hier steckt viel kriminelle Energie in einem Rachefeldzug, der nie recht motiviert wird – was nicht zuletzt daran liegen mag, dass die geheimnisvolle Bénédicte, die man hinter all den Anstrengungen und Grausamkeiten vermuten muss, nie recht an Kontur gewinnt.

Vielleicht hat Schoendoerffer, der 2004 mit Agents Secrets – Im Fadenkreuz des Todes eine Art Anti-Agentenfilm gemacht hatte, in dem das Leben der Geheimagenten alles andere als glamourös daherkam, mit Switch einen Anti-Verschwörungsthriller drehen wollen, in dem sich am Ende alles in einer großen Luftblase auflöst; aber dafür ist sein neuer Film eigentlich zu konventionell in Struktur und Bildersprache. Das macht ihn beileibe nicht schlecht, im Gegenteil; dieses Katz-und-Maus-Spiel, das schnell zu einer Verfolgungsjagd zwischen drei Gruppen wird, die sich gegenseitig auf der Spur sind, ist solide und stellenweise spannend geschrieben und inszeniert.

Geerdet wird das ganze von Cantonas fast schon stoischer Performance als Polizist Forgeat; der ehemalige Fußballer gibt seinem Ermittler eine Besonnenheit, die erst dann langsam ins Kippen kommt, als die Beweislage sich langsam zu Sophies Gunsten verschiebt – Cantonas massiver Körper wirkt da wie eine träge Masse, die sich nur langsam vom Offensichtlichen zum Verborgenen hinbewegen lässt. Das ist allemal eine willkommene Abwechslung zu den wenig überzeugenden Wunderhirnen und Kurzschließern, die den Kriminalfilm sonst so gerne bevölkern.

Ganz retten kann Cantona Switch deshalb natürlich nicht. Er bleibt ein unterhaltsamer Film, dessen Handlung am Ende eben nur einen ziemlich fadenscheinigen raison d’être bekommt. Das können die Franzosen eigentlich besser.

Switch

Sophie Malaterre (Karine Vanasse) ist eine junge Zeichnerin und Designerin aus Montréal, immerzu und ziemlich vergeblich auf der Suche nach dem Durchbruch oder zumindest einem Job, der sie über die nächsten Monate bringt. Als sie wieder einmal vertröstet wird, empfiehlt ihr eine Bekannte eine Website zum Wohnungstausch und schlägt ihr nachdrücklich eine Reise nach Paris vor.
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