Mau Mau

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Abgesang auf eine Kiez-Kneipe

Es ist zuvorderst ein überschaubares Stammpublikum, das in der Hamburger Kiez-Kneipe Mau Mau verkehrt, einem räudigen kleinen Etablissement mit Striptease-Vorführungen. Die Wirtin Inge (Marlen Diekhoff), die gerade wieder einmal ihren ehemaligen Gatten Heinz (Peter Franke) beherbergt, unterhält geradezu familiär anmutende Beziehungen zu ihrer Animierdame Rosa (Catrin Striebeck), der Stripperin Doris (Myriam Mézières) und auch zu ihren Gästen, die sich bei ihr ebenso amüsieren wie auch schon mal kräftig streiten, je nachdem, was der Abend so hergibt. Auch wenn Inge mit den Ihrigen bemüht ist, dieses Schicksal noch abzuwenden, und sei es durch die Anbandlung mit dem offensichtlich religiös verstörten, vermögenden Witwer Kowalik (Henryk Bista): Das Mau Mau steht kurz vor der Schließung, und Uwe Schraders gleichnamiger Film porträtiert die anhängigen Protagonisten in diesen letzten Tagen des Untergangs eines bedeutenden Teils ihrer Lebenswelt.
Mau Mau von 1992 ist der letzte Teil der Trilogie, die neben Kurzfilmen wie Phantom aus dem Jahre 1979 mit Otto Sander in der Hauptrolle, der mit dem Silbernen Bären der Internationalen Filmfestspiele Berlin prämiert wurde, das filmische Schaffen des deutschen Regisseurs Uwe Schrader darstellt, mit Kanakerbraut (1983) begann und mit Sierra Leone (1987) fortgesetzt wurde. Die Uwe Schrader Edition, innerhalb welcher die komplette Trilogie erscheint, beinhaltet zudem die bewegende Dokumentation Kein Mord, kein Totschlag (1985), die sich ebenfalls mit unspektakulären Randgestalten des urbanen Raums befasst, die auf unterschiedliche Weise mit der Polizei in Berührung kommen. Auch diesem äußerst sehenswerten, nicht fiktiven Film haftet die für Uwe Schrader charakteristische Intensität des Atmosphärischen eines Milieus an, das zwischen Desolation und Verzweiflung oszilliert, nicht ohne den eigenen, permanenten Niedergang nichtsdestotrotz zu zelebrieren.

Mit dem Fokus auf dem ganz alltäglichen Wahnsinn begleitet Mau Mau seine zutiefst beeindruckend agierenden Figuren für eine kleine Weile, um sie dann – so hat es den Anschein – wieder unbeobachtet sich selbst zu überlassen, derart authentisch gestaltet sich die Inszenierung. Der Film war seinerzeit beim Filmfestival von Locarno für den Goldenen Leoparden nominiert und erhielt von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden – heute die Deutsche Film- und Medienbewertung – das Prädikat „wertvoll“. Unter den zahlreichen Nebendarstellern tauchen nunmehr berühmte Namen wie Monica Bleibtreu, Birol Ünel und Emanuel Bettencourt auf, die repräsentativ für die Qualität eines engagierten Ensembles stehen, das durch seine Präsenz innerhalb dieser Low Budget Produktion sicherlich auch seine Wertschätzung dem Regisseur gegenüber zum Ausdruck bringt, ein derart couragiertes, ungefälliges und radikales Projekt jenseits von Mode und Kommerz zu realisieren. Mau Mau berührt, bewegt und schafft dort Aufmerksamkeit und Bedeutung, wo sich der Blick nur allzu gern abwendet.

Mau Mau

Es ist zuvorderst ein überschaubares Stammpublikum, das in der Hamburger Kiez-Kneipe Mau Mau verkehrt, einem räudigen kleinen Etablissement mit Striptease-Vorführungen. Die Wirtin Inge (Marlen Diekhoff), die gerade wieder einmal ihren ehemaligen Gatten Heinz (Peter Franke) beherbergt, unterhält geradezu familiär anmutende Beziehungen zu ihrer Animierdame Rosa (Catrin Striebeck), der Stripperin Doris (Myriam Mézières) und auch zu ihren Gästen, die sich bei ihr ebenso amüsieren wie auch schon mal kräftig streiten, je nachdem, was der Abend so hergibt.
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