Youssou N’Dour – I Bring What I Love

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Aktivist, Musiker und Mensch

Dieser Musiker aus dem Senegal, der es liebt, in traditioneller Kleidung aufzutreten, hat zweifellos ein Charisma, das besonders bei Live-Konzerten seine Fans zutiefst bewegt. In feinem blauem Zwirn steht er konzentriert auf der Bühne, sammelt sich, und dann ertönt der melodische Sprechgesang, mit dem er sein Publikum begrüßt: „Ich bin Youssou N’Dour und rufe alle Menschen Afrikas. Tauschen wir unsere Ideen aus, vereinen wir unsere Seelen!“ Die Spiritualität, die sich bei derartigen Veranstaltungen in der Menge ausbreitet, ist jedoch nicht nur eine abgehobene Geisteshaltung, denn Youssou N’Dour ist keineswegs nur ein stark religiös orientierter Mensch, sondern ein sozialpolitisch engagierter Pragmatiker, der nicht nur Entwicklungen auf musikalischem Territorium voranbringen will.
Wenn der senegalesische Sänger, der aus einer Familie stammt, die zur künstlerischen „Kaste“ der Griots gehört und in besonderem Maße die literarische Gesangstradition ihres kulturgeschichtlichen Hintergrunds pflegt, innerhalb der Dokumentation Youssou N’Dour – I Bring What I Love von seinem Erfolg spricht, schwingt noch vor dem Stolz eine offensichtlich tief empfundene Dankbarkeit mit. Richtet sich diese für den Muslim, der gemäß der islamischen Tradition im Senegal wie die meisten Gläubigen die mystische Ausrichtung des Sufismus praktiziert, auch primär an Gott, so kommt gleich danach seine über 90jährige Großmutter. Der Familienmensch Youssou N’Dour pflegt zu dieser alten Dame eine besonders enge Verbindung, die sich auch immer wieder in seinen Songtexten widerspiegelt.

Diese Dokumentation von Elizabeth Chai Vasarhelyi, die den Musiker bei seinen internationalen Konzerten sowie weiteren Aktivitäten über drei Jahre hinweg immer wieder begleitet hat, beschränkt sich im Verzicht auf Kommentare auf die unmittelbare Darstellung des Wandelns und Wirkens Youssou N’Dours in der Welt, flankiert von Aussagen seiner Familie, Freunde und Musikerkollegen. Trotz der lebhaften, eindrucksvollen Bilder von Live-Auftritten und anderen Impressionen des Universums von Youssou N’Dour gestaltet sich der Film zunächst auf Grund der allzu kurzen Sequenzen und abrupten Schnitte recht sprunghaft und unruhig. Dabei entsteht beim Zuschauer häufig der Wunsch, die musikalischen Mitschnitte sowie auch den Sänger und seine Umtriebe etwas ausführlicher betrachten zu können.

Doch im weiteren Verlauf widmet sich Youssou N’Dour – I Bring What I Love den einzelnen Themen, die das Leben des Sängers bestimmen, wachsend ausführlicher, zuvorderst den religiösen und sozialpolitischen Aspekten – und immer wieder der Familie. Da berichtet seine energische Mutter von rebellischen Jugendzeiten, sein dynamischer Vater betont die Strenge seiner Erziehung zu einer unermüdlichen Arbeitshaltung und Youssou N’Dour selbst zeigt sich zur Feier des Opferfestes im Kreise seiner Familie. Gegen Ende erzählt die Dokumentation verstärkt von der ambivalenten Wirkung und Rezeptionsgeschichte seines Albums „Égypte“, das international überaus erfolgreich war und einen Grammy gewann, im Senegal jedoch auf Grund seiner ungewohnten Kompositionen auf einigen Unmut stieß.

Die Dokumentation, die beim Toronto International Film Festival Premiere feierte und anschließend weltweit auf einigen weiteren Festivals zu sehen war sowie zweifach ausgezeichnet wurde, zeigt Youssou N’Dours Auftritte – teilweise mit seiner Band Super Étoile de Dakar – vor allem bei politischen Veranstaltungen wie bei der von Amnesty International organisierten Human Rights Now! Tour 1988 gemeinsam mit Peter Gabriel und 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm unter dem Motto „Deine Stimme gegen Armut“. So stellt Youssou N’Dour – I Bring What I Love ein vielschichtiges, bewegendes Porträt des charismatischen Aktivisten, Musikers und Menschen aus dem Senegal dar, das zweifellos um einiges länger hätte sein können, um vor allem der musikalischen Komponente deutlich mehr Raum zu geben.

Titel wie „Stimme Afrikas“ und „Afrikanischer Künstler des Jahrhunderts“ ehren den UNICEF-Botschafter und das Ratsmitglied des World Future Councils Youssou N’Dour, der 2007 vom Time Magazine unter die 100 einflussreichsten Menschen gewählt und im vergangenen Jahr fünfzig wurde. Neben dieser offiziellen Bedeutsamkeit zählt es zu den Qualitäten dieser Dokumentation, dass der Musiker hier auch jenseits allen Pathos in seiner ganz privaten Dimension gezeigt wird, vor allem im Schoße seiner Familie, wo er sich nach eigener Aussage manchmal noch wie ein 15Jähriger fühlt. Am Ende des Films erscheint eine Widmung an Youssou N’Dours Großmutter Marie Sène Mawo, die während der Entstehung der Dokumentation, innerhalb welcher sie einige Male in enger Verbundenheit mit ihrem berühmten Enkel zu sehen ist, im Alter von 96 Jahren verstarb.

Youssou N’Dour – I Bring What I Love

Dieser Musiker aus dem Senegal, der es liebt, in traditioneller Kleidung aufzutreten, hat zweifellos ein Charisma, das besonders bei Live-Konzerten seine Fans zutiefst bewegt. In feinem blauem Zwirn steht er konzentriert auf der Bühne, sammelt sich, und dann ertönt der melodische Sprechgesang, mit dem er sein Publikum begrüßt: „Ich bin Youssou N’Dour und rufe alle Menschen Afrikas. Tauschen wir unsere Ideen aus, vereinen wir unsere Seelen!“
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