Kleine Morde unter Freunden

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Von der Korrumpierbarkeit der Freundschaft

Die banale Volksweisheit, dass es um die Qualität einer Freundschaft übel bestellt sei, sobald ein nicht unerheblicher finanzieller Aspekt eine Rolle spiele, wird in dieser kriminalistischen, schonungslos skurrilen Komödie aus dem Jahre 1994 auf die Spitze getrieben. Das Spielfilmdebüt des britischen Regisseurs Danny Boyle, das seinerzeit bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes uraufgeführt wurde, stellt eine ebenso humorige wie bitter-böse Satire über die brutale Gier nach dem ganz großen Geld dar.
Einem gnadenlosen Casting gleich veranstalten die attraktive Ärztin Juliet Miller (Kerry Fox), der zynische Journalist Alex Law (Ewan McGregor) und der penible Buchhalter David Stephens (Christopher Eccleston) die Suche nach einem vierten Mitbewohner für ihre exklusive Wohngemeinschaft im schottischen Edinburgh. Mit knallhartem, vergnüglichem Sarkasmus interviewt das eingeschworene Trio die zahlreichen Bewerber für das hübsche freie Zimmer, und es sieht zunächst ganz so aus, als sei kein einziger Kandidat ihrer werten Gesellschaft würdig.

Als sich schließlich der cool und elegant wirkende Hugo (Keith Allen) bei Juliet vorstellt, kommt sie mit Alex und David überein, das Zimmer an ihn zu vermieten, der dann auch rasch mit seiner übersichtlichen Habe dort einzieht. Doch viel bekommen seine neugierigen neuen Mitbewohner nicht von ihm zu sehen, und als sich Hugo auch nach ihren massiven Aufforderungen nicht zeigt, beschließen sie, schlichtweg die Tür des verschlossenen Raums aufzubrechen – und finden den nackten Hugo tot auf seinem Bett vor.

Offensichtlich von einer Überdosis Drogen dahingerafft hinterlässt Hugo einen Koffer voll mit einer beträchtlichen Barschaft, dessen Fund das überraschte Trio davon abhält, die Polizei zu alarmieren. Zunächst ratlos, doch zunehmend von der Aussicht auf ein enormes Vermögen verführt, begeben sich die verschworenen Freunde daran, die Leiche zu beseitigen, wobei sie in professioneller Manier einen Schlächter auslosen, der den toten Hugo unkenntlich verstümmeln soll. Es ist ausgerechnet der sensible David, dem diese unangenehme Aufgabe zufällt.

Von dieser blutigen Aktion sichtbar traumatisiert beginnt David, sich beängstigend zu verändern. Paranoid wacht er über das auf dem Dachboden versteckte Geld, und sein Misstrauen Juliet und Alex gegenüber nimmt zwanghafte, schikanöse Züge an, bis er sich schließlich über der Wohnung verbarrikadiert und seine Freude durch in die Decke gebohrte Löcher beobachtet. Die Situation gewinnt an Turbulenz, als sowohl die Polizei als auch zwei skrupellos gewalttätige Gangster auf den Plan treten, die offensichtlich hinter dem Geld her sind …

Mit einigen Preisen prämiert überzeugt Kleine Morde unter Freunden durch seine rasante Dramaturgie, seine grandios aufspielenden Akteure sowie seinen vergnüglich-respektlosen Humor, der den einen oder anderen schrägen Seitenhieb auf die schottische Gesellschaft austeilt. Die Wandlung des dreieinigen, überheblichen und gegen die verachtete Gewöhnlichkeit der Außenwelt spottenden Bollwerks zu einer kleinen Hölle aus Misstrauen, Feindseligkeit und Verrat vollzieht sich ebenso stimmig wie spannend innerhalb der prägnanten Charaktere.

Die großartige Kameraführung von Brian Tufano, die zu Beginn des Films durch den urbanen Raum rast, verleiht dem Film eine ansprechende visuelle Dynamik, die sich in ausdrucksstarken bewegten Bildkompositionen manifestiert. Erscheinen die wachsenden Brutalitäten auch anfangs als eine abstoßende, unüberwindbare Unmöglichkeit, schlägt dieses Widerstreben im Verlauf der Handlung in verbissenes, geradezu leidenschaftliches Engagment um – einem grausamen Abgesang auf das Pathos von Freundschaft und Verschworenheit gleich.

Kleine Morde unter Freunden

Die banale Volksweisheit, dass es um die Qualität einer Freundschaft übel bestellt sei, sobald ein nicht unerheblicher finanzieller Aspekt eine Rolle spiele, wird in dieser kriminalistischen, schonungslos skurrilen Komödie aus dem Jahre 1994 auf die Spitze getrieben.
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