Die Sünderin

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der Skandalfilm der Nachkriegszeit

Ein Donnerwetter der moralischen Entrüstung senkte sich im Nachkriegsdeutschland auf diesen Film von 1951 und vor allem auch auf seine Hauptdarstellerin herab, deren Karriere als Schauspielerin damit allerdings erst so richtig in Schwung kam: Die Sünderin mit Hildegard Knef. Politiker und Kirchenvertreter gleichermaßen protestierten vehement gegen die Aufführung eines deutschen Films, in dem nicht nur eine junge Frau völlig nackt aus einer Distanz heraus zu sehen war, sondern der auch noch belastete Themen wie Euthanasie und Suizid mit einiger Freizügigkeit behandelte. Dieser öffentliche Skandal bescherte dem Werk einen beachtlichen kommerziellen Erfolg, auch wenn während der Vorstellung im Kino die Atmosphäre schon einmal durch eine Stinkbombe verdorben wurde, die ein eifrig um das sittliche Wohl seiner Mitmenschen besorgter Priester dort zum Einsatz brachte. Aus heutiger Sicht stellt Die Sünderin ein ansprechend gestaltetes und doch ein wenig angestaubtes Drama über das Leben einer Frau dar, die bereit ist, für ihre große Liebe alles zu tun, bis hin zur völligen Selbstaufgabe.
In einem Tonfall zwischen Resignation und Verzweiflung erzählt die attraktive Marina (Hildegard Knef) aus dem Off die triste Geschichte ihres Lebens, die nach einem umfangreichen Rückblick zur Anfangsszene zurückkehrt. Schon früh lernt Marina am Beispiel ihrer Mutter (Änne Bruck), die sich lukrativ mit betuchten Herren trifft, und an den mit Schmuckstücken vergüteten Zudringlichkeiten ihres Stiefbruders (Jochen-Wolfgang Meyn), dass es im Leben einer jungen Frau eine glatte Rechnung von Geben und Nehmen ist, die die (Un-)Annehmlichkeiten des Schicksals bestimmt. Auch als sie schließlich ihre Familie verlässt, sind es die Zuwendungen spendabler Männern, von denen sie abhängt, bis sie schließlich ein recht wohlständiges Dasein als käufliche Dame führt und in gehobenen Kreisen verkehrt.

Eines Abends, als sie mit einem Verehrer in ihrem mondänen Stammlokal sitzt, stolpert der heruntergekommene Maler Alexander (Gustav Fröhlich) betrunken durch den Raum und bleibt schließlich reglos auf der Erde liegen, zur Belustigung des illustren Publikums, dem dieser Zwischenfall reichlich Stoff für seine arroganten Lästereien beschert. Aus Mitleid verfrachtet Marina den hilflosen Mann in ihre Wohnung, entschlossen, ihn am nächsten Tag so rasch wie möglich wieder loszuwerden. Doch zwischen den beiden einsamen Seelen entwickelt sich eine tiefe Liebesbeziehung, und mit Marinas Unterstützung kommt Alexander wieder auf die Beine. Auch Marina lässt ihren unsteten Lebenswandel hinter sich, muss aber bald erfahren, dass bei Alexander ein Hirntumor diagnostiziert wurde und die drohende Erblindung ihn am Rande der Verzweiflung balancieren lässt.

Nach einem kurzen, erfolglosen Intermezzo in Italien kehrt das Paar nach Deutschland zurück, wo Alexander sich dann doch noch schweren Herzens für die notwendige Operation an seinem Kopf entscheidet. Wider Erwarten gelingt der Eingriff, und nun beginnt für die beiden eine sorglose Zeit der Fülle, denn Alexanders Bilder verkaufen sich mit einem Mal prächtig. Als seine Sehkraft nach einer Weile dennoch stark nachlässt, wird es für Marina zur verzweifelten Passion, dem einzigen Mann, der sie je geliebt hat, zu helfen und ihn am Leben zu erhalten, denn sie weiß längst, dass er eine tödliche Dosis an Schlafmitteln hütet, die er im Falle seiner Erblindung einzunehmen gedenkt …

Auch wenn Die Sünderin jenseits der spannenden Rezeptionsgeschichte ein wenig antiquiert wirkt, birgt der vielschichtige, konfliktreiche Stoff durchaus einige interessante Aspekte, vor allem in Bezug auf die Position der Frauenfigur, die bedrohliche Erkrankung und die Thematik von Freitod und Sterbehilfe. Man kann sich durchaus vorstellen, dass auch eine Neuverfilmung der Geschichte auf einer modernen Ebene eine bedenkenswerte Angelegenheit wäre, die allerdings heutzutage um einige Dimensionen heftiger ausfallen müsste, um überhaupt auch nur den Funken eines Skandals auszulösen. Für Fans von Hildegard Knef, die in dieser Rolle keinesfalls nur auf Grund ihrer vagen Nacktheit sehenswert ist, gehört Die Sünderin selbstverständlich zum Pflichtprogramm, ebenso wie die Dokumentation Hildegard Knef zwischen Gestern und Heute von Walter Harrich, welche die musikalisch besessene Künstlerin in späten Jahren porträtiert und als Extra auf der DVD enthalten ist, die nun innerhalb der „Edition Deutscher Film“ von Arthaus erscheint.

Die Sünderin

Ein Donnerwetter der moralischen Entrüstung senkte sich im Nachkriegsdeutschland auf diesen Film von 1951 und vor allem auch auf seine Hauptdarstellerin herab, deren Karriere als Schauspielerin damit allerdings erst so richtig in Schwung kam: „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef. Politiker und Kirchenvertreter gleichermaßen protestierten vehement gegen die Aufführung eines deutschen Films, in dem nicht nur eine junge Frau völlig nackt aus einer Distanz heraus zu sehen war, sondern der auch noch belastete Themen wie Euthanasie und Suizid mit einiger Freizügigkeit behandelte.
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