Summer of Sam

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Serienkiller trifft Sozial-Schmonzette

Locker basierend auf der authentischen Geschichte des Serienmörders David Berkowitz, der in den Jahren 1976/77 sein Unwesen in New York City trieb, hat der US-amerikanische Regisseur Spike Lee mit Summer of Sam einen Film inszeniert, der zwischen einem Thriller und einem breit gefächerten Sozialdrama oszilliert. Sehr bemüht um die Darstellung der Atmosphäre in den 1970er Jahren ist der Film, dessen Produktion rund 22 Millionen Dollar kostete, sehr großzügig mit entsprechenden Details ausgestattet, von den Kostümen bis zum Disco-Sound sowie der Installierung einschlägiger Subkulturen. Dabei stehen die Protagonisten der New Yorker Bronx mit ihren Verstrickungen deutlich im Vordergrund der Handlung, während der Fall des Serienmörders im Grunde nur wenig Raum einnimmt und eher als Aufhänger fungiert, um den das Szenario dieser jungen urbanen Gesellschaft einen Sommer lang kreist.
Wenn sie als strahlend attraktives Paar auf der Tanzfläche der Disco auftauchen und eine heiße Tanznummer aufs Parkett legen, ist dem jungen Paar Dionna (Mira Sorvino) und Vinny (John Leguizamo) nicht anzusehen, dass ihre junge Ehe ganz gewaltig in der Krise steckt. Das liegt vor allem daran, dass Vinny nach wie vor jede Gelegenheit in Form einer attraktiven Frau nutzt, um das Spektrum seiner Sexualität auszuleben, während er bei der zunächst ahnungslosen Dionna an einer braven, moralisch gehemmten Eheerotik festhält. In der Bronx, wo Vinny mit anderen italoamerikanischen Jungs herumhängt, ist gerade wieder sein alter Kumpel Richie (Adrien Brody) aufgetaucht, nunmehr zum Punk gestylt, was allerdings in seiner alten Szene wenig Anklang findet. Es fällt Richie, der inzwischen auch seine eigene Musik macht, schwer, wieder in der Bronx Fuß zu fassen, und um sich über Wasser zu halten tritt er in einem Club als Stripper auf und lässt sich anschließend für das schnelle Geld auf Intimitäten mit den homosexuellen Gästen ein.

In diesem heißen Sommer des Jahres 1977 ist die Polizei einem immer wieder zuschlagenden Serienmörder (Michael Badalucco) auf der Spur, der sich selbst als „Son of Sam“ bezeichnet und in der Bronx gerade ein Paar in seinem Wagen erschossen hat, als Vinny in der Nähe einen seiner Seitensprünge absolviert. Sein Kumpel Joey T (Michael Rispoli) sieht sich mit seiner Gang dazu berufen, den Killer aufzuspüren, und dabei gerät ausgerechnet Richie in den Fokus des Verdachts, der sich geradezu zu einer Hetzjagd auf den unliebsamen Punk auswächst …

Sowohl der Thriller als auch das allzu seichte Sozialdrama Summer of Sam scheitern letztlich über die gesamte Länge von über zwei Stunden, in der lediglich einzelne Versatzstücke um einen lauwarmen Brei herum platziert werden, die Dramaturgie es aber nicht vermag, die losen Elemente der Figuren und ihrer ganz eigenen Geschichten zu einem schlüssigen Konzept zu verknüpfen. Die Themen wie die sexuelle Doppelmoral und die Vorurteile gegenüber Randgruppen laufen in eine wenig ansprechende Leere, der Charakter des Serienmörders bleibt blass und vage und die Darstellung der 1970er Jahre erscheint bei aller Sorgfalt allzu stilisiert und inszeniert, so dass die Stimmung bald nach Beginn des Films in nichtssagenden Plattitüden verpufft. So ist es kaum verwunderlich, dass der Film an den Kinokassen nicht einmal seine Produktionskosten einspielte. Doch Regisseur Spike Lee, der als Mitbegründer des New Black Cinema der 1980er Jahre einige Berühmtheit erlangt und allemale schon weitaus bessere Filme vorgelegt hat, wird diese Schlappe ohne weiteres verkraftet haben, zumal er inzwischen wieder mit Rennern wie Inside Man (2006) durchaus kommerziell erfolgreiche Filme inszeniert hat.

Summer of Sam

Locker basierend auf der authentischen Geschichte des Serienmörders David Berkowitz, der in den Jahren 1976/77 sein Unwesen in New York City trieb, hat der US-amerikanische Regisseur Spike Lee mit Summer of Sam einen Film inszeniert, der zwischen einem Thriller und einem breit gefächerten Sozialdrama oszilliert.
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