Little Buddha

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Die Flüchtigkeit der idealisierten Tiefgründigkeit

Eines Tages sind sie einfach da, die freundlichen buddhistischen Mönche in ihren schlichten, farbenfrohen Gewändern, und nähern sich behutsam, aber hartnäckig der Familie Conrad an, die gerade in Seattle ein neues großes Haus bezogen hat. Im Gegensatz zu seiner Frau Lisa (Bridget Fonda), die sich recht aufgeschlossen und interessiert zeigt, sind dem Architekten Dean (Chris Isaak) diese tief religiösen Besucher eher suspekt, die auffällige Neugier an seinem Sohn Jesse (Alex Wiesendanger) bekunden. Doch der Tibeter Lama Norbu (Ruocheng Ying), der extra aus seinem Exil in Bhutan in die USA gereist ist, um den achtjährigen Jungen in Augenschein zu nehmen, offenbart rasch den Grund für diese zielstrebige Kontaktaufnahme: Die Zeichen, Visionen und Träume innerhalb seiner Ordensgemeinschaft weisen deutlich darauf hin, dass ihr bedeutender verstorbener Lehrmeister „Lama Donnerschlag“, nach dessen Reinkarnation weltweit Ausschau gehalten wird, möglicherweise mit Jesse wiedergeboren wurde. Es entwickelt sich eine zugeneigte Verbindung zwischen Jesse und den Mönchen, bis sein Vater Dean schließlich seine Skepsis aufgibt und mit seinem Sohn in die so fremde Welt nach Bhutan reist. Dort soll innerhalb des ehemaligen Lebensumfeldes von Lama Donnerschlag überprüft und entschieden werden, welches Kind die Reinkarnation des Meisters darstellt, denn inzwischen kommen dafür noch zwei weitere Kandidaten in Frage …
Geruhsame, prächtige Bilder in kräftigen Farben, Symbole und Rituale der buddhistischen Lebenswelten sowie die in märchenhafter Einfassung episodisch erzählte Geschichte des historischen Buddhas Siddhartha Gautama, der von Keanu Reeves verkörpert wird, bilden den opulenten Rahmen, in den die Entdeckung des kleinen Jungen aus den USA als Reinkarnation eines östlichen Lehrers eingebettet ist. Dabei setzt Regisseur Bernardo Bertolucci ganz auf die Darstellung von Schönheit und Harmonie, um seinem romantisierenden Lehrstück über die Traditionen des tibetischen Buddhismus in den Zeiten der Moderne eine atmosphärische Dichte zu verleihen. Wichtige Aspekte des Themas wie die politisch prekäre Position Tibets werden allenfalls vordergründig erwähnt, denn Little Buddha von 1993 konzentriert sich im Sinne eines positiv verklärten Wohlfühlfilms auf die zwar fremd, doch überwiegend zauberhaft anmutenden Komponenten. Diese drastisch wohlwollend-westliche Perspektive der Werbung und des überwiegend oberflächlichen Verständnisses für die buddhistische Kultur verpasst zwar die Chance zur respektablen Ambivalenz, stellt aber nichtsdestotrotz eine visuell wunderschöne Reise in die Mythen und Ausprägungen einer Weltreligion dar, deren sanfter Humanismus als sagenhaft überhöhtes Ideal propagiert wird. So präsentiert sich Little Buddha als ebenso hübsches wie gefälliges modernes Märchen, das allerdings so flüchtig bleibt wie seine sanft rieselnden Blütenblätter und die bunten Bilder aus gefärbtem Sand, die bereits bald nach ihrer mühsamen Entstehung wieder der Vergänglichkeit anempfohlen werden.

Little Buddha

Eines Tages sind sie einfach da, die freundlichen buddhistischen Mönche in ihren schlichten, farbenfrohen Gewändern, und nähern sich behutsam, aber hartnäckig der Familie Conrad an, die gerade in Seattle ein neues großes Haus bezogen hat.
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