40 qm Deutschland

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Von Anfang an herrscht in diesem düsteren Drama des aus der Türkei stammenden Hamburger Filmemachers und Autoren Tevfik Başer eine Atmosphäre der Beklemmung, die das Geschehen auch nicht wieder verlassen wird. 40 qm Deutschland, der unter anderem mit dem Filmband in Gold und dem Silbernen Löwen beim Internationalen Filmfestival von Locarno ausgezeichnet wurde, schildert das triste Schicksal eines türkischen Paares der so genannten Gastarbeitergeneration. Die Dreharbeiten fanden bis auf wenige Sequenzen im Hausflur allein in der Enge einer 40 qm kleinen Wohnung statt, die das ganze Universum einer jungen Frau darstellt, die in diesem Stück Deutschland ein trostloses Dasein am Rande des Wahnsinns fristet.
Dursun (Yaman Okay), der als Fabrikarbeiter in Deutschland lebt, bringt seine türkische Braut Turna (Özay Fecht ) aus einem Dorf in der Heimat in seine kleine Altbauwohnung, wo sie fortan mit ihm leben soll. Turna hat sich ihren Ehemann keineswegs ausgesucht, sondern es handelt sich um ein Arrangement, bei dem sie keine Chance hatte, sich zu verweigern. Die junge Frau, die ihre Vermählung als einschneidend unangenehmes Ereignis erlebt, zieht mit ihren kargen Habseligkeiten geradewegs in ein Gefängnis ein. Während sie sich zu Anfang noch wohnlich einrichtet und recht erwartungsfroh erscheint, muss Turna bald feststellen, dass Dursun sie in der Wohnung einschließt, während er außer Haus ist. Seine Motivation beschreibt Dursun als Schutz, denn was sich bei den Deutschen sozial ereignet, begreift er als Gefährdung seiner Position als alles bestimmender Ehemann. So bleibt Turna der begrenzte Blick aus dem Fenster, der überwiegend auf Häuserfronten trifft, und ihre einzige Kommunikation mit der Außenwelt beschränkt sich auf gelegentliche, wenige Gesten, die sie mit einem kleinen Mädchen (Grit Mackentanz) durch die Glasscheiben hindurch austauscht. Turna rast geradezu in eine wahnsinnige Depression, doch von Dursun erfährt sie in ihrer Not keinerlei Verständnis. Eines Tages wird deutlich, dass Turna schwanger ist …

Es sind die ganz großen Themen der Fremde, des Exils, der Isolation und der Verlorenheit, die Tevfik Başer hier im Milieu derjenigen inszeniert, die als Arbeitskräfte gerufen wurden und als Menschen erschienen. 40 qm Deutschland ist ein konzentriertes Zweipersonenstück, das ebenso unprätentios wie zielstrebig auf die unvermeidliche Katastrophe zusteuert, deren Ausprägung letztlich doch überrascht. Es ist eine Qualität des Films, dass er trotz seines knappen Umfangs von 76 Minuten schwer erträgliche Längen produziert, die gelungen die scheinbar unendliche Zeit in diesem engen Raum repräsentieren. Mit seinem Spielfilmdebüt, zu dem er auch das Drehbuch verfasste und als Koproduzent auftrat, hat Tevfik Başer auf eindringliche Weise ein Territorium ausgeleuchtet, das ihm vertraut ist. 40 qm Deutschland zeichnet sich durch eine berührende Authentizität aus, die durch die türkischsprachigen Dialoge mit deutschen Untertiteln noch intensiviert wird. Doch dieser Film könnte durchaus beinahe auch ohne Rede auskommen, so deutlich wird auch der nonverbale Aufschrei der Subalternen durch die Protagonisten verkörpert.

40 qm Deutschland

Von Anfang an herrscht in diesem düsteren Drama des aus der Türkei stammenden Hamburger Filmemachers und Autoren Tevfik Başer eine Atmosphäre der Beklemmung, die das Geschehen auch nicht wieder verlassen wird.
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