City of Men

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Die Hölle auf dem Hügel

Nach einer in Brasilien ungeheuer erfolgreich gelaufenen Fernsehserie, die 2002 startete und den harten Daseinskampf in einem Armenviertel an der Peripherie Rio de Janeiros thematisiert, entstand im letzten Jahr ein gleichnamiger Spielfilm. City of Men / Cidade dos Homens wurde auf einigen internationalen Filmfestivals gezeigt und von Paulo Morelli inszeniert, nachdem Fernando Meirelles (City of God / Cidade de Deus, 2002) Regie bei der Fernsehserie führte, deren Hauptakteure Douglas Silva und Darlan Cunha auch in der Kinoversion diese Figuren verkörpern, die mittlerweile von Laiendarstellern zu deutlich gereiften Charakteren herangewachsen sind, immer in Begleitung ihrer filmischen Alter-Egos, deren Entwicklungen sich zeitgleich mit ihren ganz persönlichen draußen im Leben im Prozess des Erwachsenwerdens ereignet haben.

Oben auf dem Hügel, innerhalb der gefürchteten Favela, herrschen die auf illegaler, alltäglicher Waffengewalt basierenden Gesetze der heruntergekommenen, vernachlässigten Stadtrandregion in einem von den Verantwortlichen nur allzu häufig ignorierten Niemandsland. Einigermaßen funktionierende Familienstrukturen haben sich dramatisch reduziert, und längst sind die angesagten, macht- und ohnmachtsvollen Gangs mit ihrer rüden Nestwärme zur einzigen halbwegs gesicherten Verortung für junge, verlorene Menschen avanciert. Innerhalb dieser gefährlichen, trostlosen Lebenswelt haben die beiden innigen Freunde Acerola (Douglas Silva) und Laranjinha (Darlan Cunha), die sich bereits aus fernen Kindertagen kennen und nun bald 18 werden, es weitgehend geschafft, sich jenseits der Bandenmentalität einigermaßen geschützt einzurichten und sich den größten Ärger vom Leib zu halten.

Acerola ist bereits seit einer Weile Vater, doch seine Bemühungen um seinen kleinen Sohn Clayton (Vinícius und Vítor Oliveira) fallen mal mehr, mal weniger sorgfältig aus, während Laranjinha von dem Gedanken, seinen leiblichen, unbekannten Vater aufzuspüren besessen ist und zudem gerade einen heftigen Flirt mit einem besonders hübschen und warmherzigen Mädchen anbahnt. Doch ihre persönlichen Angelegenheiten geraten aus den Fugen, als sich der sozial brodelnde Topf in der Machtzentrale auf dem Hügel bedrohlich aufzubäumen beginnt, zumal Acerolas Freundin sich von der Hoffnungslosigkeit der Umgebung zu emanzipieren beginnt und ihn samt Kleinkind für eine unbestimmte Weile zurücklässt. Indessen findet Laranjinha mit Acerolas Unterstützung tatsächlich seinen Vater, der lange wegen Mordes einsaß, doch das große Glück über dieses Begegnung stellt sich keineswegs ein. Im Gegenteil: Durch die allmähliche Annäherung zu diesem verschlossenen Mann stößt Laranjinha allerdings auch auf Details aus dessen Vergangenheit, deren Schwere die Beziehung zu Acerola zum ersten Mal auf eine ernsthafte Zerreißprobe stellt, und das ausgerechnet in einem Augenblick, als die Geschehnisse in der Favela beängstigend eskalieren …

Die Kombination, eine besonders enge, wachsend konfliktreiche Jungenfreundschaft im Milieu eines sozialen Brennpunkts anzusiedeln, ist sicherlich kein filmisches Novum und bildet beinahe schon ein eigenes Genre, doch Paulo Morelli gelingt mit City of Men eine moderne Umsetzung dieses Themas mit einer unsentimentalen, positiv ausgerichteten Authentizität, die entscheidenden, förderlichen Entwicklungen Raum lässt und dennoch einen schonungslosen Blick auf diesen tabuisierten Bereich der brasilianischen Gesellschaft wirft. City of Men stellt einen sehr bewegenden Jugendfilm dar, der einem möglicherweise mystifizierenden Pathos dadurch entkommt, dass er sich ernüchternd, doch optimistisch und konsequent den spärlichen Perspektiven seiner Protagonisten zuwendet, deren Entscheidungen er die Verantwortung für das eigene Schicksal zuweist, trotz des geringen Spielraums, der ihnen letztlich dabei bleibt – eine gewagte, doch mutige Haltung, die den Respekt des Regisseurs seinen facettenreichen Figuren gegenüber zum Ausdruck bringt.
 

City of Men

Nach dem Erfolg der von Fernando Meirelles (City of God) produzierten gleichnamigen TV-Serie, folgt die Leinwandadaption. Die Handlung spielt in den Favelas Ro de Janeiros, in denen sich rivalisierende Gangs erbitterte Kämpfe liefern.

Nach einer in Brasilien ungeheuer erfolgreich gelaufenen Fernsehserie, die 2002 startete und den harten Daseinskampf in einem Armenviertel an der Peripherie Rio de Janeiros thematisiert, entstand im letzten Jahr ein gleichnamiger Spielfilm.

 

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