Kanalschwimmer

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Die Strecke Dover – Calais als Extremsport

Die Motivationen, sich selbst und der Welt zu beweisen, was ein eiserner Wille und ein trainierter Körper zu leisten vermögen, sind dabei ebenso unterschiedlich wie die anvisierten Ziele, wobei das Durchschwimmen des Ärmelkanals sicherlich zu den populären Projekten dieser Art zählt. Für seinen Film Kanalschwimmer, der drei Menschen bei dem Versuch porträtiert, die nahezu 33 Kilometer breite Wasserstraße zwischen Dover und Calais schwimmend zu durchqueren, erhielt der Regisseur und Journalist Jörg Adolph 2005 den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Dokumentation.
Es ist ein reger, dichter Schiffsverkehr, der auf dem Ärmelkanal herrscht, und dennoch gibt es immer wieder Menschen – erstmals anerkannt einen Engländer, der im Jahre 1875 dazu 21 Stunden und 45 Minuten benötigte –, die sich dem Wagnis aussetzen, diese gewaltige Strecke in kühlem, schmutzigem Wasser zurückzulegen. Das Kanalschwimmen im Ärmelkanal ist ein Sport mit entsprechenden regelmäßigen Veranstaltungen und eigenem Verband, dessen Boote die Versuche der Schwimmer begleiten, um die Zeiten zu dokumentieren und vor allem bei nicht selten auftretenden Schwierigkeiten sofort Unterstützung zu leisten. Jörg Adolph begleitete mit seinem Kameramann Luigi Falorni (Feuerherz) drei sehr unterschiedliche Männer bei ihren Vorbereitungen und der Durchquerung des Englischen Kanals: den 60jährigen Briten Bryan Finlay, von Kindheit an ein passionierter Schwimmer, Jose Mataafä aus Samoa, ebenfalls eine begeisterte Hardcore-Wasserratte, und den professionellen deutschen Langstreckenschwimmer Christiof Wandratsch, der dabei nur knapp den Ärmelkanalrekord verfehlte, den er allerdings zwei Jahre später mit 7 Stunden, 3 Minuten und 52 Sekunden letztlich doch noch neu aufstellte.

Die Dokumentation enthält sich erläuternder Kommentare und lässt die Bilder und Protagonisten für sich sprechen, untermalt von den melancholischen Klängen der Musiker um die Band „The Notwist“ aus Oberbayern, deren Soundtrack zum Film mit dem Titel „Solo Swim“ eine erfreuliche Beigabe zur DVD ist. So ansprechend die Musik sich auch gestaltet, wirkt die Kombination mit der Darstellung der ehrgeizigen Schwimmer eher deprimierend und unterstreicht die zahlreichen Momente von Qual, Bitterkeit und Enttäuschung. Dass es ein verdammt gutes Gefühl ist, eine solch große Herausforderung zu bewältigen, wird sich der Zuschauer zweifellos bereits denken können, und eine intensivere Betrachtung dieser Thematik bleibt zu Gunsten weitgehend banaler Schilderungen etwa des Körpergefühls im Wasser und persönlichen Erinnerungen überwiegend auf der Strecke, so dass die Faszination, die dieser Sport offensichtlich birgt, wohl nur für Anhänger extremen Schwimmens spürbar wird.

Kanalschwimmer

Wenn Menschen nach ungewöhnlichen Herausforderungen suchen, die Körper und Geist in höchstem Maße beanspruchen, ziehen sie nicht selten los, um sportliche Rekorde zu brechen oder berühmte, schwierige Wegstrecken zu überwinden.
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