Diva (1981)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Farbe Blau

Jules (Frédéric Andrei) ist Postbote, Opernliebhaber und ein leidenschaftlicher Fan der weltberühmten Diva Cynthia Hawkins (Wilhelmenia Fernandez). Als er während eines Konzertes der Sängerin einen heimlichen Mitschnitt anfertigt, merkt er plötzlich, dass sich ihm geheimnisvolle Verfolger an die Fersen heften. Doch es sind nicht übereifrige Personenschützer der Diva, die ihm nachsetzen, sondern die Killer eines mächtigen und geheimnisvollen Gangsterbosses, der auf der Jagd nach einem zweiten Tonband ist, das sich im Besitz von Jules befindet. Auf diesem Band befindet sich die belastende Aussage eines Callgirls, die die finsteren Ganoven mit allen Mitteln an sich bringen wollen. Jules gerät in immer tiefere Nöte, bis sich ihm plötzlich der exzentrische Gorodish (Richard Bohringer) und dessen Freundin Alba (Thuy An Luu) zur Seite gesellen…

Jean-Jacques Beineix’ Debütfilm Diva ist ohne Zweifel einer der wichtigsten europäischen Filme der frühen achtziger Jahre: Stilistisch ausgefeilt bis maniriert, katapultierte der Thriller voller Zitate und Querverweise den französischen Film in die Gegenwart und fügte Märchenhaftes, Film-Noir-Referenzen und die neonblaue Pop-Ästhetik des New Wave zu einem Gesamtkunstwerk zusammen, das Maßstäbe setzte. Der Film wurde mit mit vier Césars ausgezeichnet, und zwar in den Kategorien „bestes Erstlingswerk“, „beste Kamera“, „beste Musik“ und „bester Ton“.

Mit Diva legte Jean-Jacques Beineix den Grundstein für eine bemerkenswerte Karriere, die nach dem unterschätzten Der Mond in der Gosse / La lune dans le caniveau (1983), dem durchwegs überzeugenden Betty Blue – 37,2 am Morgen / 37°2 le matin und dem kryptischen IP5 – Die Insel der Dickhäuter / IP5 – L’île aux pachydermes (1992) nach und nach im Sande verlief. Die nachfolgenden Filme konnten nie wieder den Ruhm und den Erfolg der Filme der achtziger Jahre erreichen. Und trotzdem gilt der Regieexzentriker Jean-Jacques Beineix als Wegbereiter des modernen französischen Kinos, ohne den Filmemacher wie Leos Carrax, Luc Besson oder auch Jean-Pierre Jeunet ihre Filme nicht hätten drehen können. Und Diva ist sowieso ein echter Kultfilm, der eine ganze Generation von Kinogängern geprägt hat.
 

Diva (1981)

Jules (Frédéric Andrei) ist Postbote, Opernliebhaber und ein leidenschaftlicher Fan der weltberühmten Diva Cynthia Hawkins (Wilhelmenia Fernandez).

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Meinungen

Martin Zopick · 03.05.2022

Der Film hat seinen festen Platz im Film-Olymp. Er ist Kult, nicht nur wegen der genialen Handlung, auch nicht wegen der liebevollen Hommagen an Billy Wilder, John Landis u.a. oder den film noir, auch nicht wegen der fantastischen Musik. Er drückt das Lebensgefühl einer Generation aus, die ausgeflippt in einer neonerleuchteten Loft lebt, Airbrush sprayt und das Leben meditativ genießt und es als Performance gestaltet.
Der Gegensatz: junger Postbote und Operndiva, die musikalisch eigentlich keine Berührungspunkte haben, schafft eine einmalige Ausgangssituation für diesen außergewöhnlichen Romantik-Thriller. Beide Teilbegriffe dieser Kategorisierung kommen ausgeglichen zum Tragen. Im Mittelpunkt steht die titelgebende Diva Wilhelmenia Wiggins-Fernandez (eine Black Beauty par excellence) deren göttliche Stimme alle verzaubert, nicht nur Opernfans, und die ein mehrmaliges Anschauen rechtfertigt.
Und dann der Schluss! Als sich die beiden Protagonisten auf der Bühne! Gegenüberstehen, zieht sich die Kamera ganz langsam diskret zurück und überlässt uns unserer Fantasie.