Im Jahr der Schildkröte

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine schicksalhafte Begegnung

Eine namenlose, nächtliche, verschneite Stadt, irgendwo in Deutschland. Der verwitwete ehemalige Buchhalter Heinz Kamp (Heinz Bennent) findet keinen Schlaf und unternimmt einen Spaziergang durch die dunklen Straßen. Dabei stößt er auf Claudia (Karina Fallenstein), eine seltsame junge Frau, gut 40 Jahre jünger als er. Aus einem Impuls heraus bietet er ihr ein Lager für die Nacht an, so verloren wirkt sie. Am nächsten Tag ist das Mädchen verschwunden. Und als Kamp abends nach Hause kommt, ist seine Wohnungstür aufgebrochen. In ihm keimt ein Verdacht: Ist es möglich, dass vielleicht das Mädchen dahinter steckt? Wie dem auch sei, Kamp unternimmt nichts.
Dann steht sie plötzlich eines Abends wieder vor seiner Tür, und es ist mehr als offensichtlich, dass sie sich in einer verzweifelten Lage befindet. Ohne groß zu überlegen, hilft Kamp der Frau, warum, das weiß er selbst nicht. Obwohl er eigentlich längst mit seinem Leben abgeschlossen hat, erweckt Claudia Gefühle in ihm, seine Lebensgeister, seine Energien beginnen wieder zu erwachen. Er ist bereit, sich zu verändern, sein Leben neu zu gestalten – vielleicht sogar mit ihr, trotz aller Unterschiede. Doch als Claudia mit all seinen Ersparnissen einfach abhaut, bricht eine Welt für ihn zusammen. Bis er schließlich die ganze Wahrheit über das Mädchen erfährt…

Der Film Im Jahr der Schildkröte basiert auf Hans Werner Kettenbachs wundervollem Roman Sterbetage, den die Regisseurin Ute Wieland in ihrem Leinwand-Debüt gekonnt inszenierte. Der Film war unter anderem für den Bundesfilmpreis nominiert, darüber hinaus erhielt Heinz Bennent für seine Darstellung des Heinz Kamp das Filmband in Gold und Karina Fallenstein des Max-Ophüls-Preis als Beste Nachwuchsdarstellerin. Schade eigentlich, dass Ute Wieland nach diesem Film lange Jahre fast ausschließlich für das Fernsehen arbeitete und anschließend ausgerechnet mit einer Komödie wie FC Venus auf der Leinwand reüssierte. Ein stiller und eindrücklicher Film über ein ungewöhnliches Liebespaar, den man nicht versäumen sollte.

Im Jahr der Schildkröte

Eine namenlose, nächtliche, verschneite Stadt, irgendwo in Deutschland. Der verwitwete ehemalige Buchhalter Heinz Kamp (Heinz Bennent) findet keinen Schlaf und unternimmt einen Spaziergang durch die dunklen Straßen.
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