Die Wiese

Eine Filmkritik von Mike Swain

Italien en miniature

Von Goethes Die Leiden des jungen Werthers ließen sich die Gebrüder Taviani zu ihrem Film Die Wiese inspirieren. Damit wäre für eine Filmkritik eigentlich beinahe schon zu viel gesagt, denn wer das Werk des deutschen Dichterfürsten kennt, der kennt nun auch schon fast das Filmende.
Vor dem Hintergrund des toskanischen Fleckens San Gimignano entspannt sich die Geschichte um ein klassisches Liebesdreieck. Im Mittelpunkt steht die Angestellte und passionierte Laienschauspielerin Eugenia, die von Isabella Rossellini dargestellt wird und die hier in ihrem zweiten Film auftritt. Eugenia macht die Bekanntschaft von Giovanni (Saverio Marconi). Der junge, aber bereits desillusionierte Jurastudent ist nach San Gimignano gereist, um sein Elternhaus zu verkaufen. Giovanni verliebt sich Hals über Kopf in Eugenia, die ihm auch nicht abgeneigt ist, obwohl sie mit dem Agrarwissenschaftler Enzo (Michele Placido) liiert ist. Doch das Paar führt angeblich eine offene Beziehung, in der keine Eifersucht am Platz ist. Als Enzo auch nach San Gimignano kommt, um dort mit einigen Genossen brachliegendes Ackerland zu besetzen, auf dem er eine landwirtschaftliche Kommune nach marxistischem Vorbild gründen will, scheint zunächst alles in bester Ordnung. Doch Liebe ist eben keine bloße Theorie und noch während Eugenia es genießt, im Mittelpunkt, der um sie buhlenden Männer zu stehen, entbrennt in Enzo und Giovanni die Eifersucht. Trotz aller Beteuerungen tolerant zu sein, wollen beide Eugenia nur für sich allein. Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis der ohnehin bereits labile und Problem beladene Giovanni den Kürzeren ziehen wird.

San Gimignano stellt in Die Wiese eine Art italienischen Mikrokosmos dar. Denn neben dem Beziehungsgeflecht zwischen Eugenia, Enzo und Giovanni arbeiten die Gebrüder Taviani noch zahlreiche weitere Themen in ihren Film ein. Die Vater-Sohn Beziehung zwischen Giovanni und seinem männlichen Elternteil findet ebenso ihren Raum wie auch die utopische bäuerliche Gesellschaft, die Enzo begründen möchte und deretwegen er mit der Staatsgewalt in Konflikt gerät. Genau an dieser ablenkenden Themenvielfalt und dem Mangel an Fokus krankt der Film ebenso wie an den zahlreichen, monologisch ausgebreiteten politischen Theorien und philosophischen Exkursen über Themen, die mit dem zentralen Erzählstrang in kaum einer Verbindung stehen und die Handlung unnötig in die Länge ziehen. So bewegt sich Die Wiese leidlich zäh und stockend auf das zu erwartende Ende hin. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen. Der Lichtblick des Films ist Isabella Rossellini, die für ihre schauspielerische Leistung 1980 von der italienischen Filmkritik als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet wurde.

Die Wiese

Von Goethes Die Leiden des jungen Werthers ließen sich die Gebrüder Taviani zu ihrem Film Die Wiese inspirieren.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen