Stilles Land

Eine Filmkritik von Mike Swain

Eine Wendechronik der skurrilen Art

Als eine „vertane Chance“ bezeichnet Regisseur Andreas Dresen in einem Interview auf der zugehörigen DVD sein Erstlingswerk Stilles Land. Vertan ist der Film höchstens in dem Sinne, dass er sein Zielpublikum 1992 kaum erreichte, jedoch sicher nicht als Startpunkt einer bemerkenswerten Karriere, die Dresen zu einem der anerkanntesten deutschen Autorenfilmer hat reifen lassen. Filme wie Halbe Treppe, Willenbrock oder auch Sommer vorm Balkon haben Dresen mittlerweile bekannt gemacht und als Vorreiter eines modernen deutschen Kinos etabliert, das gekonnt Anspruch mit Unterhaltung zu kombinieren weiß.
Wir schreiben das Jahr 1989 und die DDR ist ein Staat, dessen Verfallsdatum fast schon erreicht ist. Den engagierten jungen Theaterregisseur Kai (Thorsten Merten) verschlägt es in den hohen Norden der Volksrepublik in ein Provinztheater. Resignation bestimmt das reichlich skurrile Ensemble, das ihm anvertraut worden ist. Kai ist überzeugt, dass auch sein Theater einen gesellschaftlichen Beitrag zur aktuellen politischen Lage im Arbeiter-und-Bauern-Staat leisten muss und beschließt Becketts Warten auf Godot auf die Bühne zu bringen. Denn auch in der DDR wird allgemein gewartet; und zwar darauf, dass etwas passiert, dass sich endlich etwas ändert.

Doch die Arbeiten am neuen Stück erweisen sich als schwierig, zu ablenkend sind die Nachrichten aus Berlin, die mit Hilfe einer eigens aus der Hauptstadt importierten Antenne über die Mattscheiben der theatereigenen Glotze flimmern. Auch der Versuch eine Resolution an den Genossen Honecker zu schicken, endet in einem Alkoholdebakel und als dann endlich die Mauer fällt, streikt der altersschwache Theaterbus, so dass die letzte Vorstellung der DDR ohne die Truppe stattfinden muss, die sich zumindest kurzzeitig von ihrer Lethargie befreit hat. Doch auch die ersten Sendboten einer neuen Zeit erweisen sich schließlich nicht als die erhofften Heilbringer.

Behutsam und anhand von Alltäglichkeiten registriert Andreas Dresens Film die Wende. Fernab jener Ostalgie, die erst Filme wie Sonnenallee oder Goodbye, Lenin! zur Stilrichtung erheben sollten, beinhaltet Stilles Land fast schon einen dokumentarischen Ansatz. Sicherlich knarrt es bei diesem Debüt manchmal auch leicht im Filmgebälk, doch dafür ist die Atmosphäre umso authentischer.

Die bei der Filmgalerie 451 in der Reihe „Debütfilme“ erschiene DVD ist üppig mit Extras ausgestattet. Neben einem sehr ausführlichen Interview mit Andreas Dresen finden sich auf einer zweiten Scheibe noch 6 Kurzfilme des Regisseurs.

Stilles Land

Als eine „vertane Chance“ bezeichnet Regisseur Andreas Dresen in einem Interview auf der zugehörigen DVD sein Erstlingswerk Stilles Land.
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