Deutschland: Schicksalsstunden

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Deutschlandspiele

Zwölf DVDs und ein Begleitbuch in einer Box. Fernsehdokumentationen und dokumentarische Fernsehspiele über die jüngere deutsche Geschichte, von der Wannseekonferenz bis zur Wiedervereinigung, von 1942 bis 1989 beziehungsweise — wenn man die Nachwirkungen miteinbezieht — bis heute. Politische Dokudramen, die eigentlich nie so dröge sind, wie man sie vielleicht einschätzt, bevor man sie gesehen hat.
Heinz Schirks Die Wannseekonferenz (1984) rekonstruiert die historische Konferenz „zur Lösung der Judenfrage“ auf Grundlage des Originalprotokolls, und das entstandene Fernsehspiel dauert mit 90 Minuten ungefähr genauso lange wie die damalige Sitzung. Oliver Storz‘ Im Schatten der Macht (2003) erzählt mit guten Darstellern die Spionageaffäre Günter Guillaume nach, über die Willy Brandt 1974 stürzte. Roman Brodmanns nur dreiviertelstündiger Film Der Polizeistaatsbesuch von 1967 ist der älteste Film in dieser Box und handelt vom Besuch des Schahs in Deutschland und vom Tod des Demonstranten Benno Ohnesorg. Eine reine Dokumentation ohne Spielszenen wie auch Marc Bauders Jeder schweigt von etwas anderem (2006) über „Staatsfeinde“ der DDR und die Auswirkungen von Urteilen der DDR-Justiz bis heute. Die übrigen Filme setzen auf die Verknüpfung von Zeitzeugeninterviews und dokumentarischen Aufnahmen mit Spielszenen: Raymond Ley mit Die Nacht der großen Flut (2005) über die Hamburger Sturmflut von 1962, Sebastian Dehnhardt, Uli Weidenbach und Manfred Oldenburg mit Der Olympia-Mord (2006) über das Attentat der Palästinenser auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1972, Hans Christoph Blumenberg mit Der Aufstand (2003) über den DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953 und mit Deutschlandspiel (2000) über die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten sowie Heinrich Breloer, der Meister selbst, glücklicherweise gleich mit zwei Zweiteilern, die das Beste sind in der ganzen Box: Todesspiel (1997) über die Entführung von Hanns Martin Schleyer durch die RAF und des Urlauber-Fliegers „Landshut“ durch palästinensische Terroristen sowie Eine geschlossene Gesellschaft (1987), ein Dokudrama, das keine politische Schicksalsstunde rekonstruiert, sondern zurückblickt auf die private, gleichwohl symptomatische Schulzeit des Regisseurs in den 50er Jahren.

Die Filme, die den Zuschauern zehn Abschnitte aus der deutschen Geschichte vor Augen führen, stammen alle aus den Archiven von ARD und ZDF. Achtung: Manche Filme wurden für diese Edition eigens neu geschnitten. DVD-Extras: Fehlanzeige. Es gibt nicht einmal eine Kapiteleinteilung, dafür aber immerhin ein Begleitbuch, das neben eher kurzen Blicken auf die Filme einige ausgewählte Beiträge aus der ZEIT versammelt, originale Artikel über die Ereignisse, die die Filme wiedergeben, unter anderem von Marion Gräfin Dönhoff, Theo Sommer und Karl-Heinz Janssen.

Deutschland: Schicksalsstunden

Zwölf DVDs und ein Begleitbuch in einer Box. Fernsehdokumentationen und dokumentarische Fernsehspiele über die jüngere deutsche Geschichte, von der Wannseekonferenz bis zur Wiedervereinigung.
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