Mamma Roma (1962)

Eine Filmkritik von Stefan Otto

Aus römischen Mietskasernen

Mamma Roma, eine gealterte Prostituierte, versucht einen Neuanfang. Sie gibt ihre Arbeit auf, holt ihren Sohn Ettore zu sich und zieht mit ihm in eine andere Wohnung in einem anderen Viertel Roms. Anstatt sich zu prostituieren verkauft sie nun Gemüse auf dem Markt. Da der kränkliche Ettore weder die Schule besuchen noch ein Handwerk erlernen will und sich stattdessen einer Bande Kleinkrimineller anschließt, befleißigt sich die Mamma als listige Schmiedin kleinbürgerlichen Glücks und unternimmt einen durchtriebenen Versuch, ihren Sohn als Kellner in einer Trattoria in Lohn und Brot zu bringen. Als er sich ausgerechnet in eine Prostituierte verliebt, sorgt sie dafür, dass er einer anderen Frau begegnet.

Mamma Roma (1962), Pier Paolo Pasolinis zweiter Film, spielt wie sein Regiedebüt Accatone im Milieu des „sottoproletariato“, der Unterschicht italienischer Vorstädte. Er zeigt eine Welt der Huren und der Zuhälter, der Diebe und der Hehler, die zwischen Neubauten und altertümlichen Ruinen leben, zwischen Amouren und Diebestouren. „Ein Leben mit Aussicht auf den Friedhof“, wie Mamma Roma beim Blick aus dem Fenster sagt.

„Pasolini ist alles andere als ein kühler Seismograf des Elends“, erklärte der deutsche Regisseur Eckhart Schmidt. „Er registriert nicht teilnahmslos, er entdeckt — sensibel für unaussprechbare optische Momente, leidenschaftlich engagiert, mit einmaliger Ausdruckskraft — die Schrecken und die Schönheiten einer brutalen, stolzen und auswegslosen Welt.“ Mamma Roma ist realistisch, poetisch, bewegend und schmerzlich zugleich.

Während die meisten Rollen mit Laiendarstellern besetzt wurden, wird die Roma selbst von der Römerin Anna Magnani gespielt, die bereits in Rossellinis Roma, Città aperta (1945) die Hauptrolle hatte und später in Fellinis Roma (1972) zum dritten Mal in einem Porträt der italienischen Hauptstadt zu sehen war. In Pasolinis Mamma Roma ist sie überragend: temperamentvoll, einfühlsam, liebevoll, streng, hart und zerbrechlich.

Mamma Roma (1962)

Als ihr Zuhälter und Vater ihres Kindes eine andere Frau heiratet, versucht Mamma Roma (Anna Magnani) die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen: Sie zieht mit ihrem 16-jährigen Sohn, der auf dem Land in einem Internat aufgewachsen ist, in eine bürgerliche Gegend und betreibt einen Gemüsestand. Das neue gemeinsame Leben entpuppt sich als spannungsgeladener als geplant, und plötzlich erscheint auch der Zuhälter Carmine wieder, inzwischen von seiner neuen Frau getrennt, und stellt sie vor ein Ultimatum.

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