Rififi am Karfreitag

Ein Gangster will nach ganz oben

Anfang der 80er Jahre erlebte das britische Kino, trotz schwerster wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, eine ungeahnte Renaissance. Hatten jahrzehntelang mehr oder minder seichte Komödien die Filmproduktion dominiert, gingen jetzt junge Regisseure ans Werk, die, als Antwort auf den Neokapitalismus der Thatcher-Regierung, harte und realistische Filme produzierten, deren politisch motivierter Hintergrund nicht zu leugnen war. Dieses „New British Cinema“ zeichnete sich jedoch auch durch typisch angelsächsische Eigenschaften, nämlich eine ordentliche Prise schwarzen Humors und eine gepfefferte Portion Ironie, aus. Eines der herausragenden Beispiele dieser Gattung ist Rififi am Karfreitag (The Long Good Friday) von John MacKenzie.
Vorgeblich ein Thriller, setzt sich der Film mit damals aktuellen Themen auseinander. John MacKenzie fasst es selbst zusammen: „Der Film beinhaltete alle möglichen Themen, von Terroristen bis zum typischen Thatcherismus – es ging um den kapitalistischen Schläger gegen den überzeugten Terroristen.“

Harold Shand (Bob Hoskins) ist ein Gangsterboss im Londoner East End. Seine kriminellen Unternehmungen bringen ihm ein kleines Vermögen ein. Jetzt möchte er seine Karriere mit einem großen Ding krönen. Er plant mit amerikanischen Gangstern zusammen in Immobilien in den Londoner Docklands, dem Prestigeprojekt der Regierung Thatcher, zu investieren. Zurückgekehrt von einem Besuch in Amerika, erfährt er, dass zwei seiner Gangmitglieder ermordet worden sind. Harold vermutet, dass eine rivalisierende Bande hinter den Angriffen steckt. Doch es stellt sich heraus, dass alles viel schlimmer ist als er vermutet. Während seiner Abwesenheit hat sein Stellvertreter Geschäfte mit den Terroristen der IRA gemacht und diese übers Ohr gehauen. Die Situation spitzt sich zu, als die amerikanischen Gangster London besuchen und nur knapp einem IRA-Attentat entgehen, dessen Ziel eigentlich Harold war. Harolds großes Immobiliengeschäft, der Deal seines Lebens, droht zu platzen. Die Amerikaner geben ihm 24 Stunden Zeit das Problem aus der Welt zu schaffen. In typischer Gangster-Manier macht Harold sich daran die Dinge zu klären.

Rififi am Karfreitag erinnert an die amerikanischen Gangsterfilme aus den 30er Jahren, deren Helden angstlose Kriminelle waren, die über Verbrechen zu Reichtum und Ansehen kamen. Der Film zeichnet sich vor allem durch das kongeniale Spiel von Bob Hoskins und Helen Mirren, sie spielt die Gangsterbraut Victoria, aus. Die gradlinige und immer spannende Story hält den Zuschauer bis zum unweigerlichen, bösen Ende in ihrem Bann.

Rififi am Karfreitag

Anfang der 80er Jahre erlebte das britische Kino, trotz schwerster wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, eine ungeahnte Renaissance.
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Meinungen

Martin Zopick · 31.08.2023

Der Titel lässt aufhorchen. Der äußerst komplexe Plot führt uns in die Londoner Unterwelt, wo Harold (eindrucksvoll Bob Hoskins) und Victoria (damals die blutjunge Helen Mirren) das Sagen haben. Sie versuchen mit halbseidenen Amerikanern Geschäfte zu machen, die letztendlich aber an der Skepsis der Transatlantiker scheitern. Ihr Anführer ist Charlie (ganz selten hier noch mal Eddie Constantine). Als die Krake Harold ihre Tentakeln nach Irland ausstreckt, kommen noch Vertreter der Schwulen Szene hinzu. Hier glänzt kurz aber eindrucksvoll Pierce Brosnan als Killer.
Jede Szene ist geprägt von der Atmo des Milieus, von Bars und heruntergekommenen Fabrikanlagen. Man hängt unliebsame Kollegen an den Füßen in Kühlhäusern auf, nagelt andere kreuzigungsmäßig auf den Holzboden. Es wird Verrat und Rache geübt. Nur Harold und Victoria lavieren sich durch brenzlige Situationen – auch mal zusammen gegeneinander – bis sie sich ihre Schwäche gestehen. Nach Massakern und wuchtigen Explosionen könnte die IRA wie der vorübergehende Sieger aussehen. Die meisten Akteure sind tot. Harold und Victoria sitzen in zwei getrennten Autos at Gun Point von Pierce Brosnan. Keine Geschäfte, rette sich wer kann.
Niemand ist weder King noch Krösus. Die Zuschauer bleiben etwas verunsichert zurück, froh dem Schlamassel entronnen zu sein. Eine Identifikation war nicht möglich. Muss ja auch nicht unbedingt sein. Nur der kleine Bob Hoskins ist der Größte und Helen Mirren die Schönste.