Bowling for Columbine

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

A Man Needs His Gun

Würden Sie diesem Mann ein Auto abkaufen? Oder eine Meinung? Oder einen Film? Nein? Dann müssen Sie gar nicht erst weiterlesen. Allerdings gehören Sie dann auch zu einer cineastischen Minderheit. Denn der Mann ist einer der erfolgreichsten Dokumentarfilmer aller Zeiten und dazu noch ein Bestseller-Autor, dessen Bücher millionen-, nein milliardenfach gelesen werden. Willkommen in der Welt des Michael Moore!
Über seinen Film Bowling for Columbine muss man eigentlich gar nicht mehr viele Worte verlieren, das Thema dürfte wohl mittlerweile in jeden Haushalt mit Tageszeitung, Radio und Kabelanschluss geschwappt sein. Die Gewaltbereitschaft der Amerikaner ist es, die den Filmemacher Michael Moore erzürnte und das Publikum amüsierte. Dabei hatte die ganze Story einen todernsten Hintergrund, das Massaker an der Columbine Highschool in Littleton, Colorado. „Sind wir verrückt nach Waffen oder sind wir einfach nur verrückt?“, so lautet die zentrale Frage des Films, doch diese ist freilich nur eine rhetorische Figur, denn die Antwort steht längst fest – Möglichkeit B.

Trotzdem lässt Michael Moore nichts unversucht, dem Mysterium des gemeinen Amerikaners auf die Spur zu kommen. Er befragt Komplizen des Attentäters von Oklahoma Timothy McVeigh, wagt sich Auge in Auge an den Schockrocker Marilyn Manson heran, der in dem Tollhaus der Abnormitäten noch der einzig Vernünftige zu sein scheint, und stellt schließlich noch dem Ex-Westernhelden und Präsidenten der National Rifle Association Charlton Heston nach – frech, impertinent und manipulativ. Und mehr noch: Er wagt sich sogar auf das feindliche Territorium der Kanadier, um verblüfft festzustellen, dass dort sogar Haustüren unverschlossen sind.

Ein Dokumentarfilm, der Diskussionen angestoßen hat und schon allein deshalb einer der wichtigsten Beiträge der letzten Jahre zu dieser Gattung, ein Werk, das Grenzen in Frage gestellt und neu gezogen hat, ein Meilenstein der Filmgeschichte ohne Frage. Ständiger Kritikpunkt und zugleich Moores größte Stärke ist sein absoluter Mangel an jeglicher Objektivität. Das Prinzip des „sauberen“ Dokumentarfilms hat nämlich in seinem Universum längst ausgedient, hier wird montiert, verdreht und zugespitzt auf Teufel komm raus. Insofern ist es denn auch nicht verwunderlich, dass der selbsternannte Aufklärer keine Antwort auf die Frage parat hat, woher die Gewalt in den USA kommt – wie auch? War die Frage jemals wichtig? Und: Sind solche scheinbar einfachen Fragen, wie sie Michael Moore stellt, heute überhaupt noch einfach beantwortbar?

Aber wahrscheinlich bekommt jedes Volk eben nicht nur die Politiker, die es verdient, sondern auch die Kritiker. Solange Präsidentschaftswahlen dann sowieso mit dem bekannten Ergebnis ausgehen, tut das ja auch niemandem wirklich weh. Weitermachen, Mr. Moore, bringt zwar nix, aber wenigstens konnten wir mal wieder in einem Dokumentarfilm ordentlich lachen.

Bowling for Columbine

Würden Sie diesem Mann ein Auto abkaufen? Oder eine Meinung? Oder einen Film? Nein? Dann müssen Sie gar nicht erst weiterlesen. Allerdings gehören Sie dann auch zu einer cineastischen Minderheit.
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