Land of Plenty

Ein Bericht zur Lage der (amerikanischen) Nation

Amerika ist seit jeher das Land der Träume für Wim Wenders, und immer wieder hat er den Blick westwärts gewandt, wenn ihm die Perspektiven (auch die persönlichen als Filmemacher) zu eng waren. Aus dieser Faszination heraus sind wunderbare Filme wie Paris, Texas entstanden, die die Suche des Regisseurs Wenders nach einer geistigen Heimat widerspiegelten, was in Zeiten des latenten oder manifesten Antiamerikanismus nicht immer mit Begeisterung aufgenommen wurde. Nun setzt sich Wenders in seinem neuen Film Land of Plenty abermals mit Amerika auseinander, doch der Blick auf das ehemalige Land der Träume hat sich spürbar verändert – er ist reifer geworden, weniger naiv und träumerisch denn kritisch und desillusioniert.

Der gespaltene, verunsicherte und ambivalente Blick wird dabei durch zwei Personen dargestellt, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Zum einen ist da Paul (John Diehl), ehemaliger Soldat einer Spezialeinheit, der noch heute unter den Nachwirkungen seiner in Vietnam erlittenen Verletzungen leidet. Durch die Ereignisse des 11. September 2001 sind die Dämonen seiner Vergangenheit wieder zum Leben erwacht, und so sucht Paul sein Heil darin, das Land vor tatsächlichen oder vermeintlichen Terrorangriffen zu schützen, was darin endet, dass der Ex-Soldat alles und jeden überwacht. Sein Gegenpart ist seine idealistischen Nichte Lana (Michelle Williams), die als Tochter eines Missionars in Afrika aufgewachsen ist und die somit für die andere, die altruistische Seite Amerikas steht. Als die beiden Zeugen eines Mordes an einem arabisch aussehenden Obdachlosen werden, reagieren sie sehr unterschiedlich darauf. Während Lana für ein würdiges Begräbnis des Mordopfers sorgt, glaubt Paul, darin das Anzeichen einer bevorstehenden Verschwörung zu erkennen. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg, um die Wahrheit herauszufinden und ihr gemeinsames, zerrissenes Land zu entdecken – eine Reise, die selbstverständlich auf Ground Zero enden wird.

Wenders Personen sind – und daraus macht er nie einen Hehl – keinen real existierenden Personen, sondern Archetypen, Symbole, Ikonen, die über sich selbst hinaus auf Ideale, Haltungen und Meinungen verweisen, die in den Augen des Regisseurs die gegenwärtige Lage der USA repräsentieren – eine politische Parabel also. Dementsprechend aufgeladen präsentiert sich der Film deshalb auch dem Publikum, weit entfernt von jeder „Street Credibility“ sind die Dialoge häufig genug Philosopheme, die mitunter zu künstlich und zu ambitioniert wirken. Doch trotz aller Symbolkraft und politischen Korrektheit, die den Film bisweilen sehr erdenschwer macht, gelingt es Wenders, eine enorm stimmungsvolle und in erlesenen (DV-)Bildern sorgfältig arrangierte Reise zu schildern, die neben einem (manchmal zu) reichen Subtext auch höchsten ästhetischen Genuss verspricht.

Schwere Kost, hervorragend umgesetzt!

Land of Plenty

Amerika ist seit jeher das Land der Träume für Wim Wenders, und immer wieder hat er den Blick westwärts gewandt, wenn ihm die Perspektiven (auch die persönlichen als Filmemacher) zu eng waren.

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