2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß

Mein Vater, der Nazi

Viel mehr als jene Titel gebenden und an Jean-Luc Godard erinnernden zwei oder drei Dinge sind es tatsächlich nicht, die Malte Ludin, geboren im Jahr 1942, über seinen Vater weiß. Doch das Wenige ist bereits schrecklich genug. Denn Hanns Elard Ludin war glühender Nationalsozialist, Hitlers Gesandter und Bevollmächtigter Minister des Großdeutschen Reiches für die Slowakei und damit verantwortlich für die Deportation der slowakischen Juden. Kein Naziführer der ersten Garde also, aber ein mächtiger und einflussreicher willfähriger Erfüllungsgehilfe.

Im Dezember 1947 wird Hanns Ludin in Bratislava von den Sowjets hingerichtet, sein jüngster Sohn ist zu diesem Zeitpunkt gerade fünf Jahre alt und kennt seinen Vater kaum. Doch die Vergangenheit ließ Malte Ludin nicht los. Obgleich in der Familie nur wenig über den Vater gesprochen wurde, war er doch stets präsent, ein dunkler Schatten, der unheilvoll über den Ludin schwebte. Eine Art Schweigegelübde ließ jede Art von Fragen verstummen, bis sich Malte Ludin ans Werk machte, die Wahrheit über seinen Vater zu ergründen.

Doch während Malte Ludin selbst aus der Distanz gegenüber dem fremden Vater, den er kaum kannte, in der Lage ist, ein differenziertes Bild von Hanns Ludin zu zeichnen, stoßen seine Nachforschungen innerhalb der eigenen Familie auf Widerstände. Immer wieder läuft er gegen Mauern, hört Beschwichtigungen, Mutmaßungen, Erklärungsversuche. In diesen Szenen gleitet der Film beinahe mühelos vom Feld des Privaten ins öffentliche Leben, zeigt er doch Parallelen auf zwischen privatem Verdrängen und gesellschaftlichen Verhaltensweisen, die das gleiche bezwecken. Neben dem Porträt seines Vaters entsteht so quasi nebenbei das Bild einer Familie, wie es sie in Deutschland hundertfach geben dürfte. Denn die Nazi-Diktatur war – auch wenn das kaum jemand wahrhaben will – nicht ausschließlich das Regime eines elitären und hermetisch abgeschlossenen Machtzirkels, sondern eine Diktatur, bei der es unterhalb der Machthaber ein ausgeklügeltes System von Vasallen, Statthaltern und Funktionären des Schreckens gab. Ein Umstand, den die Geschichtsschreibung à la Guido Knopp und Bernd Eichinger gerne in Vergessenheit geraten lässt, in dem sie den Fokus der medialen Aufmerksamkeit immer wieder auf wenige ausgesuchte Nazigrößen setzt. Selbst ein Regime des Schreckens wie das nationalsozialistische braucht eben seine Superstars, um die Massen locken zu können.

Es ist nicht nur die Familie, die Malte Ludin befragt, es sind auch die Opfer seines Vaters, die er aufsucht. Und das sind die bewegendsten Momente in einem Film, der einen niemals kalt lässt, der Vergangenheitsbewältigung auf einer sehr persönlichen Ebene betreibt und deshalb ein wichtiges Stück Erinnerungskultur leistet. Und die ist derzeit mehr denn je bedroht. Denn die Generation derer, die das Dritte Reich selbst mitbekommen haben, geht auf die Achtzig zu. Und wenn sie einmal tot sind, dann bleiben allein solche Filme, um gegen das Vergessen, das Schönreden und die unsäglichen, von Politikern, Intellektuellen und Bischöfen verbreiteten Vergleiche mit der Zeit der Nazi-Diktatur anzukämpfen. Ein exemplarischer Film über Erinnern, Vergessen und den Umgang mit individueller Schuld und politischer Verantwortung.

2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß

Viel mehr als jene Titel gebenden und an Jean-Luc Godard erinnernden zwei oder drei Dinge sind es tatsächlich nicht, die Malte Ludin, geboren im Jahr 1942, über seinen Vater weiß. Doch das Wenige ist bereits schrecklich genug.

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Meinungen

Die Studentin · 04.08.2022

Ich habe eine wissenschaftliche Arbeit im Fach Geschichte über den Film geschrieben. Fast zwanzig Jahre später hat sich die NS-Täterforschung als Perspektive in der Wissenschaft etabliert. Über die Kommentare hier zu stolpern, die Malte Ludins Entscheidung und mutigen Schritt mit seinem Medium, Film, die Familiengeschichte zu erinnern und das Familiengedächtnis zu zeigen, passt absolut zum gegenwärtigen Forschungsstand. Malte Ludin hat eine historische Quelle geschaffen, die das schwierige Thema der kritischen Auseinandersetzung und die aktive Verhinderung mit dem NS in Deutschland zeigt. Wobei der NS deutsche Familiengeschichte ist. Und zwar in jeder deutschen Familie. Es hat immer wieder beträchtliche Widerstände in der Aufarbeitung gegeben, sobald beleuchtet wurde, dass die Täter und Mithelfer aus der Mitte der Gesellschaft waren (und das nicht nur in Deutschland). Verleugnung, Abwertung, auch Beschimpfungen sind und waren die Konsequenzen, mit denen diejenigen, die das Tabu brachen, leider rechnen mussten. Mich hat der Film sehr berührt, irritiert, entrüstet und nachdenklich gemacht. Die körpersprachliche Ebene zeigt mir rechtfertigende, traumatisierte Schwestern, die aber vor allem eins sind: Nicht im Frieden. Wenn man der Wirklichkeit betrachten kann, anstatt sich Wünschen hinzugeben, wird das Gemüt ruhiger. Kreativität ist ein geeigneter künstlerischer Weg sich mit Fragen nach Identität auseinanderzusetzen. Egodokumente sind ein wichtiger Teil zeitgenössischer Künstler und Kunst. Sie bilden das kulturelle Gedächtnis- sie sind Teil des kollektiven Gedächtnis. Ihre Position ist genauso wichtig, wie andere.

Claudia · 24.02.2021

Der Film war erschreckend, wie die Kinder des Täters so ziemlich alles abgewiegelt haben.. Er brachte mich auch zum Denken.. Wie würde ich mich äußern, wenn mein innigst geliebter Großvater auch ein offensichtlich agierender Naziverbrecher wäre..

mschwandner@sympatico.ca · 03.11.2008

Das Ausmass der in der Familie stattfindenden Verdraengung und Verleugnung, selbst angesichts unwiderlegbarer Fakten, ist erschuetternd. Umso mehr ist der Mut des Regisseurs zu bewundern,die unangenehmen Fragen von Verantwortung und Schuld und dem eigenen Umgang damit zu stellen. Das zu tun, ist ja noch um ein ein Vielfaches schwieriger, wenn man emotional mit den Taetern und Mittaetern verbunden ist, was die Interviews mit den Schwestern auf tragische Weise verdeutlichen. Ein gleichzeitig sehr intimer wie hochgradig politischer Film, der Bestandteil eines jeden Lehrplans an Schulen sein sollte.

Hafner Doris · 20.02.2007

Unglaublich guter Film, bin sehr betroffen über den Mut von Malte Ludin, aber auch dessen Neffen, die sich wirklich mit Betroffenheit in dieses Thema und Schicksal einließen. Habe selten so etwas Gutes an Reflektion des Nationalsozialismus aus eigener Betroffenheit gesehen. Hut ab.

Stephan an Radiologen · 26.02.2006

Sehr geehrter Herr Dr. Berndt,

Die Aufregung um den Film von Malte Ludin finde ich natürlich und gut. Sie spricht für seine Qualität. Ich habe mir den Film zweimal angeschaut und finde ihn ausgezeichnet, ehrlich und schließlich auch befreiend und daß nicht nur für Malte Ludin selbst. Er gibt uns doch die Möglichkeit, sich einer schmerzvollen Vergangenheit „ohne wenn und aber“ (mit dieser Wendung meine ich „die Verdrängung“) zu stellen. Und dies macht uns vielleicht vorsichtiger als es unsere Eltern waren, angesichts des Bösen, das immer gleich neben uns und manchmal auch in uns selbst da ist und sich nicht irgendwo auf einem anderen Planeten befindet. Die Nazigrößen waren doch keine Außerirdischen, sondern wir selbst und unsere netten Nachbarn.

Über Ihre „psychoanalytischen Ausführungen“ zum Vater-Sohn-Fall Ludin könnte man wirklich nur schmunzeln, wenn es sich nicht dabei um eine ziemlich ernsthafte Auseinandersetzung mit der unheilvollen Vergangenheit dieses Landes handelte. So wie Sie es sehen oder sehen wollen und da hilft Ihnen, wie ich meine, Ihre ganze klassische Bildung wenig, blockieren sie die ganze Diskussion nur ab. Übrigens hat gerade die Psychoanalyse unseren Blick für den verdeckten Text gerade Ihrer Zeilen geschärft. Zwar bemühen Sie fleißig Euripides, reden aber von dem „von der Schöpfung biologisch angelegten Überlebensinstinkt des Menschen“ (ich zitiere Sie), von „tapferen Schwestern Malte Ludins“ und von „Treue auch über den Tod hinaus“.

Sehr geehrte Herr Doktor. Sie sind höchstwahrscheinlich wirklich kein Nazi, denn Sie seien nur drei Jahre älter als Malte Ludin. Ihr Vokabular haben Sie aber leider ganz unkritisch aus der Nazizeit übernommen. Auch damals schon waren die Taten der Anderen (Untermenschen) „barbarisch“, nicht wahr.

Aber noch einmal zur Psychoanalyse. Es ist vor allem eine Technik und keine Lehre. Und sie lehrt uns, die Mechanismen der Verdrängung, der Projektion und der Übertragung zu verstehen. All das, was sie dem armen Malte Ludin nicht wünschen, ich zitiere Sie „Ich wünsche ihm nicht das Schicksal, das der antike Ödipus in der Mythologie nahm“, wünschen Sie ihm doch. Also die Blendung, die Vertreibung aus der Volksgemeinschaft, das Bettlerleben bis zum Schluß. Sonst würden sie darüber nicht sprechen, nicht wahr? Und das alles, nur weil er, ich zitiere Sie, „das Andenken seines Vaters schändet“.

Sehr geehrter Herr Doktor Berndt. Ich bekomme eigentlich ein wenig Angst vor Ihnen. Denn Ihre Aggressionen sind doch ziemlich gewaltig. Vielleicht haben Sie ein Vater-Sohn-Problem, von dem Sie noch wenig wissen? Ich glaube, man muß sich die Frage stellen, wer heute eigentlich in diesem Lande wirklich noch Mut hat. Diejenigen, die weiter verdrängen, oder solche Leute wie Malte Ludin, die sich solchen unbewußten Aggressionen von ihren Volksgenossen stellen.

· 20.11.2005

Malte Ludin schafft mit "2 oder 3 Dinge" etwas, was selten ein Film zur Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit schafft: der Zuschauer wird, vorgeführt am Konflikt des Regisseurs mit seinen Schwestern, hineingezogen in die Frage: Welche Position beziehe ich nun gegenüber dieser Vergangenheit, wie gehe ich generell mit Vergangenem (auch in meiner eigenen Familie) um. Der Film legt den Zuschauer nicht fest, aber er diskutiert Entscheidungsmöglichkeiten, das ist enorm viel. Geschichte ist eben doch nicht vergangen, sie ist lebendig, selbst wenn sie unaufgearbeitet bleibt. Ausgewichen sind schon zu viele, damals wie heute.

R.Siano · 21.10.2005

Der Film von Malte Ludin ist eine ausgezeichnete Aufarbeitung des Problems der zweiten und dritten Taeter-Generation.Das Unvermoegen und die Schwierigkeit, damit umzugehen werden blossgelegt, ich wuesste keine bessere Darstellung.

Beate · 04.07.2005

Als Enkelin eines in Auschwitz tätigen SS-Oberscharführers habe ich meine Familie und meine Position in diesem System "Familie" wieder gefunden. Für mich war es hilfreich, über diesen Film mit der Enkelgeneration einer anderen Täterfamilie in Kontakt zu treten. Schließlich hat die Auseinandersetzung der Enkel über den Schulunterricht hinaus noch nicht statt gefunden. Ödipus hin oder her: die Verbrechen unserer Großeltern wirken weiter und wir haben Verantwortung dafür zu übernehmen, wie wir persönlich damit umgehen. Diesen Weg können wir Enkel aber nur durch die Auseinandersetzung mit unseren Eltern finden. Dazu braucht es viel Mut. Denn wie viel an menschlichem Miteinander dabei auf dem Spiel steht, zeigt dieser Film überdeutlich: Kontaktabbrüche, Vorwürfe, Verleumdungen und Trauer.
Vielen Dank, Herr Ludin. Ihr Film war ein Gespräch mit meinem Vater, der ihre Offenheit im Umgang mit seinem Vater (noch) nicht hat.

Gast 2 am 20.5.2005 · 20.05.2005

@Linnemann am 20.05.2005
Holla, Sie haben mit Ihrer Pöbelei offenbar ins Schwarze getroffen, wie man an der Pöbelei des Gastes unter mir erkennen kann. (Das Vokabular weist ihn möglicherweise als Hobby-Psychologen aus.) Wenn Sie etwas verbessern wollen, so schreiben Sie doch einfach mal was Substantielles.

@Linnemann · 20.05.2005

Wenn Dich die Diskussion nicht interessiert, dann halte Dich doch einfach raus. Kann doch nicht so schwer sein, oder musst Du einfach immer Deinen Senf dazu geben? Ist das eine Art Zwangsneurose?

Linnemann · 20.05.2005

Meine Güte, ist das eine verquaste Diskussion. Aus welchen Löchern kommt denn Ihr her?

@Dr. Gunther Berndt · 15.05.2005

Wie Sie vielleicht wissen, ist der Ödipus-Komplex mittlerweile selbst bei gläubigen Freud-Adepten ziemlich umstritten. Denn es gab noch eine weitere Theorie Freuds zu den Konflikten seiner Patienten mit ihren Eltern - Kindesmissbrauch. Und damit ist nicht nur der körperliche Missbrauch gemeint.
Allerdings erschien ihm selbst diese Ursache als so ungeheuerlich, dass er sich lieber auf die "Hilfskonstruktion" des Ödipus-Komplexes zurückzog.
Malte Ludin ist keineswegs ein "Einzelfall" und ich finde seine Art der Auseinandersetzung nicht pathologisch, sondern bewundernswert. Wesentlich härter geht übrigens Niklas Frank, der Sohn des "Schlächters von Polen" mit seinen Eltern ins Gericht. Ein Interview zu seinem Umgang mit der Schuld der Eltern findet sich bei Spiegel-Online: www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,355767,00.html

Vorwärts und NICHT vergessen!

Dr. med. Gunter Berndt, Radiologe · 14.05.2005

Antwort an Anke Suworow vom 13.5.05:--sehr geehrte Frau Suworow, - ein Radiologe ist keineswegs "nur" ein "medizinischer Fotograf", wie manche Menschen glauben mögen. - Er ist approbierter Arzt mit vollem mediznischen Studium, Staatsexamen, Pflichtassistentenzeit und dann spezieller Facharzt-Ausbildung in Strahlendiagnostik und Strahlentherapie. - Er hat bei diesem Werdegang gelernt, Sachverhalte nüchtern und wissenschaftlich begründet zu bewerten, was sich nicht nur auf sein eigentliches Fachgebiet sondern auch sonstige Wissensgebiete bezieht. - Das ist allgemeine und nicht 'besondere' ärztliche Kompetenz, die Sie ansprechen -- Mein spezielles Interesse an der Freud'schen Psychoanalyse begann bereits in meiner späten Gymnasialzeit; daher der Gedanke mit der Ödipus-Situation. -- Mein Schlußsatz sprach nicht von 'krankhaft' sondern zeigte nur 2 mögliche Denkansätze für eine Bewertung auf, die sich jeder Betrachter zueigen machen oder auch ablehnen kann; sie stellen keine Verknüpfung dar. - Ich selber habe meine Meinung offen gelassen.

Anke Suworow · 13.05.2005

@ Dr. med. Gunter Berndt, Radiologe schreibt: "Aus ärztlicher Sicht kann er einem eher leid tun" --- Welche besondere ärztliche Kompetenz hat ein Radiologe ? ; --- Wenn es sich hier um ein 'krankhaftes' Verhalten handelt, wieso kann man sich dann von dem Charakter "angewidert" abwenden ? --- Ich glaube aus dem Widerspruch folgern zu können, daß beide Argumente nur Keulen sind. --- Vielen Dank für die Information aus Ernst von Salomons Fragebogen. Das ist eine interessanter Hinweis - aber Hauen und Stechen paßt nicht in eine ernsthafte Diskussion.

Gast von unten an Riki · 11.05.2005

So langsam beginne ich zu begreifen, wie Verschwörungstheorien entstehen und befördert werden. AMEN

Riki · 09.05.2005

2. Eintrag heute (9.5.05) von mir als Antwort auf @ von vorhin: - Es ist erstaunlich, daß der Ludin-Film (Start: 7.4.05) am 3.5.05 erst knapp 3000 Kino-Besucher gehabt hat, wie Du (wahrscheinlich "Mike"?)als Ergebnis zentraler Ermittlung berichtest. - Diese Zahl weckt natürlich Überlegungen, warum sie (wirtschaftlich)so katastrophal niedrig ist: Hängt das vielleicht doch mit ungenügender Qualität des Filmes bzw. Ablehnung desselben durch eine Vielzahl der Besucher zusammen, die ihre Eindrücke natürlich in ihrem persönlichen Umfeld weitergeben ("Mund-Propaganda"). - Sie fühlen sich evtl. ebenfalls von dem (wie Dr. Berndt in seinem Eintrag vom 17.4. mit dem "Ödipus-Komplex" überlegt hat)quasi posthumen "Vatermord" des Sohnes Malte Ludin abgestoßen, was ich - wie in meinem 1. Eintrag bereits anklang - nachvollziehen und auch verstehen kann. -##- Das hat im vorliegenden Fall nichts mit "einem Sprung aus der rechten Ecke" zu tun, wie Du es für viele andere Filme darstellst, die sich mit dem Faschismus befassen. -##- Es hat in meinen Augen eher etwas mit Anständigkeit, Menschenwürde und Kultur zu tun, wenn die Vorfahren und insbesondee die Eltern geachtet und in Ehren gehalten werden, auch wenn sie persönlich gefehlt haben. -##- Und ein Weiteres: Insbesondere wir Christen (ich jedenfalls zähle zu deren kleiner werdenen Zahl in unserem Lande)unterscheiden uns von den beiden anderen abrahamitischen Religionen u.a. darin, daß Christus das Prinzip der Erlösung (durch den gnädigen Gott) auch des
schuldigen Menschen dem mosaischen Glauben ("Rache bis ins 3. und 4. Glied") hinzugefügt hat (der Islam hat diesen Gedanken nicht weiterentwickelt). - Martin Luther rückt diesen Gesichtspunkt der Gnade ins Zntrum seines Erlösungsglaubens. -##- Wenn auch in unseem Lande dieser christliche Gedanke z.Zt. wenig gepflegt wird: Er ist doch eine derGrundlagen unserer abendländischen Kultur und Ethik. - Und er prägt das Denken und Handeln vieler Menschen (und natürlich auch Kino-Besucher)zum Glück nachhaltiger(bei vielen in der Tat unbewußt). -##- So kann man m.E. die schlechten Besucherzahlen des Filmes und auch die schlechten Bewertungen des Filmes durch die Leser Deiner Web-Seite auch zu verstehen versuchen. -##- Und (zuletzt) zum Trost für und zur Besänftigung aller Streithähne auf dieser Web-Seite: Hans und Malte Ludin werden sich dereinst vor ihrem himmlischen Richter widersehen und ich glaube fest und wünsche es beiden: Nicht nur Malte sondern auch sein Vater Hanns werden Gnade vor Gott finden.

@Riki · 09.05.2005

1. Die Besucherzahlen waren zu diesem Zeitpunkt richtig - die Kinobesucherzahlen aller Filme werden zentral ermittelt. 2. Die Bewertungen, obwohl sicher gefaked, wurden ja bisher nicht gelöscht. Ich bin überzeugt unsere Besucher sind intelligent genug, um sich selber einen Reim darauf zu machen.

Trotzdem ist es sehr schade, dass bei fast jedem Film, der sich mit dem Faschismus befasst, ein paar Gestalten aus der rechten Ecke springen und die Diskussion um den Film zu ihrem Zwecke benutzen und dominieren wollen. Siehe auch die Kritik zu Das Goebbels Experiment - dazu noch die unzähligen Bemerkungen zu Sophie Scholl, die teilweise unterste Schublade waren ...

Riki · 09.05.2005

Antwort an 1.) Gast(3.5.) und 2.)Mike (4.5.): - Woher willst Du wissen, daß nur 3000 Leute den Film gesehen haben? - Die Einträge in dieses Gästebuch zeigen doch deutlich: Man kann diesen Film und seinen Regisseur recht gegensätzlich bewerten, wenn man von unterschiedlichen Denkansätzen ausgeht und nicht unter der drohenden "Faschismuskeule" das eigene Denken vergißt. - Insbesondere der Beitrag des Arztes vom 17.4. gibt neben dem sachlichen Hinweis auf die persönliche Bewertung des Hanns Ludin durch Ernst v. Salomon einen interessasnten möglichen Blick auf das mögliche Seelenleben des "Nazi-Sohnes" und Regisseurs frei: Der Hinweis auf Ödipus - Vatermord und die daraus erwachsende eigene Seelenqual des Sohnes ist ein interessanter Aspekt für die Motivation des Regisseurs. - Als junge Frau kann ich die Haltung der Töchter Ludin eher verstehen und begrüßen als die des Malte Ludin. -##- Du, Mike, hast mit Deinem Kommentar zum Beitrag des Dr. Berndt gezeigt, daß in einer freien Gesellschaft unterschiedliche Meinungen nicht zur Unterdrückung des Andersdenkenden führen sollten. -##- Ob die Leser - Abstimmung "manipuliert" ist, mag dahingestellt bleiben. - Jede "TED" - Abstimmung ist nicht repräsentativ; und jedes Leserforum im Netz ist es ebenfalls nicht. - Das ist kein Grund, ein nicht genehmes Ergebnis in "1/10 Sekunde" zunichte zu machen. - Wenn Du so etws andenkst, solltest Du solche Foren garnicht erst einrichten.

alma · 05.05.2005

Als ich paar Szenen aus dieser Dokumentation gesehen habe, blieb mir die Luft weg, u. wisst ihr warum? Weil ich mich noch immer frage, wie viele ehemaligen Jugendlichen mit den tief begrabenen Fragen ihrer Eltern u. Großeltern sich rumschlagen MUESSEN!!! Und ich bin mir sicher, es sind eine ganze Menge, jedoch den Mut zu einer offenen Dokumentation haben wenige...Es freut mich, dass wir endlich , in letzter Stunde den Mut haben, ich lebte unter uns gesagt wie Hr.Ludin, uns zu outen....wir, die ohne Vergangenheit leben mussten, aber mit sooooooooooooo intakten Familien....Viele vergessen, dass die Kindheit nach dem Krieg nicht ein Autounfall war, sondern unser Erbe u. für lange Zeit unsere Gegenwart worauf wir unsere jetzige Zukunft gebaut haben....Die Zeitfalle schnappt aber auch zu, u. vor unserem Ergrauen wollen wir wissen, auch nur paar Dinge...schade, dass wir diese unsichtbare Mauer anscheinend nicht durchbrechen werden u. für unsere Kinder wird sie , hoffentlich, nicht mehr wichtig...Fuer mich braucht der Film keine Charts , sondern Dialoge, unter uns, die Betroffenen....

Mike · 04.05.2005

@Unter mir - es gibt eben Menschen, die nichts besseres zu tun haben. Anlehnend an die politische Haltung dieser Person(en) warten wir mal ab, bis sie 1000 Votes abgeliefert haben und löschen Sie dann aus der Datenbank. Die ganze Mühe in einer 1/10 Sekunde für die Katz.

Gast · 03.05.2005

Habe den Film nicht gesehen aber diese Diskussion gelesen. Was mir auffällt: Den Film haben in Deutschland bisher noch nicht mal 3000 Menschen im Kino gesehen, aber hier ist er mit über 180 Bewertungen (höchste Klickrate) der angeblich schlechteste Film in den Lesercharts. Da muss jemand diesen Film schon sehr hassen und sich grosse Mühe gegeben haben um ihn mit aller (gemeinsamer?) Anstrengung in den Keller zu jagen.

@Gast · 20.04.2005

Natürlich einseitig. Wie soll bitteschön ein Film eines Sohnes über seinen Nazi-Vater auch sonst sein, wenn nicht einseitig? Und die Bezeichnung "Zeitgeistfilm" finde ich reichlich merkwürdig und diskreditierend. Und unverständlich obendrein. seit wann ist die auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in dieser Form zeitgeistig? Wenn du jetzt Guido Knopp oder "Der Untergang" und "NAPOLA" angeführt hättest, würde ich dir sogar zustimmen, aber nicht bei diesem Film

Dokumentarfilm heißt nicht OBJEKTIV, das sollte man eigentlich spätestens seit Michael Moore wissen.

@Jan-Peter · 20.04.2005

Danke für den Beitrag, ich stimme dir in fast allem vorbehaltlos zu. Insbesondere in deiner Einschätzung der Vorgänge, die gerade passieren und bei denen jeder einfach nur zuschaut.

Klar, es ist ja auch viel einfacher, an allem rumzunörgeln und eine spöttische bis zynische Haltung an den tag zu legen und alles zu verurteilen. Nur: Bringt uns das weiter?

Immerhin aber ist es gut, dass diese Diskussion stattfinden KANN.

· 20.04.2005

einseitig - ein typischer Zeitgeistfilm

Jan-Peter Ruhland · 20.04.2005

@Linnemann –
Gerade die Passage mit Ödipus (man kann sicher darüber streiten) empfand ich als eine mögliche Interpretation Malteschen Verhaltens.
Wir müssen zusehen, daß wir nicht noch weiter in eine Unduldsamkeit des Denkens verfallen. Diese ist nämlich nicht im Alleinbesitz rechter Ideologen. Sie ist nicht an eine politische Farbe oder Staatsform geknüpft. Sie entsteht aus der Arroganz und Ignoranz der maßlos gewordenen Macht an allen Orten und zu allen Zeiten wieder neu.
Ich habe mich schon oft gefragt, wie aus einer ‚guten’ Staatsform (Demokratie) eine ‚schlechte’ wird. In den letzten Jahren glaube ich es erleben zu können. Es wird langsam (natürlich mit den besten Absichten) immer ein Scheibchen nach dem anderen von wichtigen Dingen geopfert.
Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Jeder muß seine Vorstellungen äußern dürfen, auch wenn sie uns schrecklich erscheinen. Wir müssen den Menschen und die Ideen von einander trennen. Ich bin verleitet zu vermuten: Die schrecklichste Untugend ist, Gedanken zu verbieten. Eine andere, einen Menschen wegen seiner Religion, seiner Anschauungen nicht mehr zu respektieren. Da gibt es keine Einschränkungen.
In diesem Sinne bitte ich Sie zu unser aller Nutzen, Ihre Vorstellung deutlicher zu präzisieren.

@Linnemann · 19.04.2005

Das mag so sein. Doch diese Titulierung gilt in D als Beleidigung und wie bereits erwähnt, ich denke auch solche Meinungen muss man aushalten können. Zensur erscheint mir jedenfalls als ein denkbar schlechtes Mittel der Auseinandersetzung.

Linnemann · 19.04.2005

@mike
Ich habe den Herrn Doktor nicht beleidigt, sondern ihn als etwas bezeichnet, was aus dem Text klar herauszulesen ist. Oder wie interpretiert man die Ödipus-Passage...?
Aber was soll's, den Film sieht eh keiner und ausgiebige Ergüsse von anderen ...-Sprösslingen können dann halt hier oder sonst wo stehen.

Mike · 19.04.2005

Leute kriegt Euch ein. Beleidigungen werden grundsätzlich gelöscht. @ Linnemann - warum wird der Beitrag unter mir nicht gelöscht? Nun, die Meinung entspricht sicher nicht der redaktionellen, die kommt in der Kritik zu dem Film deutlich raus, aber in einer funktionierenden Demokratie, glaube ich können wir auch mit solchen Meinungen umgehen und sie konstruktiv und argumentativ entkräften.

Dr.med. Gunter Berndt, Radiologe · 17.04.2005

Sie haben einen Eintrag vom 8.4.2005 (Ernst von Salomon)"wg. vermuteten Copyright-Verstoßes" gelöscht. -- Aus Erzählungen meines (1985 verstorbenen)Vaters (Arzt und Chirurg), der während des Krieges mit Hanns Ludin zu tun hatte, kann ich die Beurteilung bestätigen, die Ernst von Salomon in seinem autobiographischen Roman "Der Fragebogen" über Hanns Ludin abgegeben hat, soweit sie Ludins Bewertung der Deportation der slowakischen Juden in Vernichtungslager (statt deren Aussiedlung, wie sie auf Wunsch der slowakischen Regierung durchgeführt werden sollte) betrifft: -- Zum besseren Verständnis für die nachgewachsenen Generationen und zur Ergänzung der Darstellungen, die Malte Ludin (3 Jahre jünger als ich) über das Leben und Wirken seines Vaters in der Slowakei in seinem Film gibt, zitiere ich nachfolgend aus Ernst v. Salomon "Der Fragebogen" (1961) rororo-Taschenbücher die entsprechenden Passagen: -- Es heißt da auf S.635/636: "Als Ludin, Gesandter in der Slowakei, die Nachricht erhielt, daß die Juden der Slowakei, die auf den Wunsch der slowakischen Regierung Tiso hin ausgesiedelt worden waren, statt dessen in Vernichtungslager geführt wurden, brach er, der in bewegten Momenten gern in die Mundart seiner badischen Heimat verfiel, in den Ruf aus: 'Das ischt eine bodenlose Sauerei!' - Ich kannte Ludin so weit, daß ich ihm die Entrüstung glaubte, aber sie verwunderte mich. - Ich hatte ihn bedenkenlos jener Phalanx von Männern zugerechnet, die in Konsequenz zu ihrem Bekenntnis zur nationalsozialistischen Idee planmäßig, verwegen und kaltblütig alle die Aufgaben durchzuführen gewillt waren, die zur Verwirklichung der Idee standen. - Der Irrtum lag offensichtlich bei mir und allen jenen, welche eben tataächlich die Existenz einer solchen bindenden Idee nicht bezweifelten. - Aber Ludin berief sich 'auf das Leben, nicht auf die Idee!'" .... Und auf S. 668 dann weiter: " Hanns Ludin wurde von den Amerikanern an die Tschechoslowakei ausgeliefert. - Die Anklage gegen ihn ging davon aus, daß die Trennung von der Tschechei kein völkerrechtlich anerkannter Akt gewesen sei. - Die Anklage ignorierte den Umstand, daß nach dieser Trennung eine Reihe von großen Staaten bei der Regierung Tiso durch Diplomaten vertreten war, die Sowjetunion bis zum Ausbruch des russisch-deutschen Krieges durch einen Gesandten wie das Reich. - Die Anklage verweigerte dem Gesandten des Reiches die Qualifikation eines Diplomaten, sie beschuldigte ihn, Agent einer feindlichen Macht bei der Regierung von Hochverrätern gewesen zu sein. - Hanns Ludin wurde zum Tode verurteilt. - Er wurde am 17. Dezember 1947 durch den Strang hingerichtet. In der Tschechoslowakei erfolgte diese Hinrichtung nicht durch Erhängen, sondern durch Erdrosseln. - Hanns Ludin, entsetzlich abgemagert in seinem viel zu weit gewordenen grauen Flanellanzug, bekam den Strick um den Hals gelegt.Der Henker drehte ihn langsam zusammen. - Hanns Ludin litt zwanzig Minuten lang. - Seine letzten Worte waren ein Gedenken an seine Frau und seine Sohn Tille und der Ruf: Es lebe Deutschland!" -- Daß die Witwe Ludin, wie Malte L. in dem auf der Web-Seite des Filmes veröffentlicheten Interview sagt, lebenslang das Andenken ihres barbarisch strangulierten Mannes schützen wollte, entspricht einem von der Schöpfung biologisch angelegten Überlebensinstinkt des Menschen, wie ihn auch die tapferen Schwestern Malte Ludins zeigen: Es waren schon immer die "großen" Frauen in der Geschichte, die Treue bewahrten auch über den Tod hinaus. Da sind Detail der geschichtlichen Wahrheit zweitrangig. - Malte Ludins posthume quasi 2. Strangulierung seines Vaters, an den er sich nach eigener Angabe persönlich nicht mehr bewußt erinnern kann, gemahnt aus der Sicht der Freud'schen Psychoanalyse an den tragischen antiken Helden Ödipus, der (allerdings unwissentlich) seinen Vater umbringt. - Der psychologischen Beratung, von deren Begleitung der Dreharbeiten Malte Ludins Frau Iva Swarkova in ihrem Interview berichtet, bzw. psychoanalytischen Exploration und Behandlung hätte wohl eher Malte Ludin selbst bedurft. - Ich wünsche ihm nicht das Schicksal, das der antike Ödipus in der Mythologie nahm, als er die Zusammenhänge seiner Tat erfuhr: Er beraubte sich des Augenlichtes und wird von seinen Söhnen aus dem Lande gewiesen; es folgen Jahre eines unsteten Bettlerlebens, nur begleitet von seiner treuen Tochter Antigone. - Also wieder die "vatermörderischen" Söhne und die "treue Tochter". - Facit: Der Film ist eher das Psychodrama des Malte Ludin, der das Andenken seines Vaters schändet. - Aus ärztlicher Sicht kann er einem eher leid tun; aus charakterlicher Sicht wendet man sich dagegen eher angewidert ab.

Linnemann · 13.04.2005

@Alice Schwarz
Ich fand es widerlich, mir anzuhören/anzuschauen, wie die Töchter ihren Nazivater verteidigten/verherrrlichten. Die Haltung des Regisseur war viel zu unentschlossen. Ein überflüssiger Film. Ich wünsche mir sehr, dass dieser Film wenige Zuschauer erreicht.

Ernst von Salomon · 08.04.2005

Gelöscht wg. vermutetem Copyright-Verstoß

Alice Schwarz · 26.03.2005

Ein Dokumentarfilm der einen nicht mehr los lässt, wenn man das Kino schon lange danach verlassen hat....Ich war sehr beeindruckt und auch sehr berührt über den ehrlichen Umgang des Regisseurs mit seinem Vater. Gleichzeitig war ich entsetzt über seine Geschwister, die bis heute noch den Vater als Helden betrachten. Ein sehr beeindruckender Film... Ich wünsche mir sehr,dass dieser Film viele Zuschauer erreichen wird...