Weltverbesserungsmaßnahmen

Kommentar zur Lage der gebeutelten Nation

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“, wusste Heinrich Heine schon vor mehr als 150 Jahren, und heute ist die Situation nicht wesentlich besser, im Gegenteil. Die Probleme im einstigen Wirtschaftswunderland sind drängender als je zuvor und die Politik übt sich nach wie vor in Wahlversprechen und hohler Rhetorik, die längst kein Mensch mehr glaubt. Höchste Zeit also, dass das Volk sich wieder an seine Souveränität erinnert und tatkräftig mit anpackt, wenn es um die Umgestaltung des Landes und die Sicherung unseres Wohlstand und unserer Natur geht. So sieht es zumindest aus, wenn man dem Film Weltverbesserungsmaßnahmen von Jörn Hintzer und Jakob Hüfner Glauben schenken darf, der einige bemerkenswerte Vorschläge zur Lösung der vordringlichsten Probleme parat hat. Ob diese allerdings samt und sonders zur Nachahmung empfohlen werden können, sei vorerst mal dahin gestellt.

Die lahmende Binnennachfrage, die laut zahlreichen Experten einem nachhaltigen Aufschwung im Wege steht, soll beispielsweise durch den „Sorbischen Euro“ wieder angekurbelt werden. Dieser gilt nur in der Oberlausitz und löst sich dank eines komplizierten technischen Verfahrens binnen weniger Wochen buchstäblich in Luft auf, wenn die Kohle bis dahin nicht auf den Kopf gehauen wurde. Ebenso findig wie skurril mutet die Idee eines selbst ernannten Parkplatzwächters an, der die Autos nach ästhetischen, sprich farblichen Gesichtspunkten einwinkt, um etwas mehr Ordnung ins bunte Gewimmel zu bekommen. Auch nicht ohne kommt das Leihgeschwister-Programm daher, dass dem Trend zum Einzelkind und die damit einhergehende Vereinzelung auf unorthodoxe Weise begegnet, indem es Arbeitslose als „Leihgeschwister“ vermittelt. Und selbst die gefürchtete Praxisgebühr kann mit Hilfe einer ganz konkreten Weltverbesserungsmaßnahme umgangen werden, der so genannten „Aktiven Krankenversicherung“, bei der die sensationell niedrigen Tarife vor allem deshalb erreicht werden, weil der „Kranke“ auch noch einen Großteil der ärztlichen Tätigkeiten übernimmt, bis hin zu kleineren chirurgischen Eingriffen.

Es gibt kaum ein Problem, dass die Protagonisten von Weltverbesserungsmaßnahmen nicht in den Griff bekommen und es zaubert schon ein breites Grinsen ins Gesicht, wenn hier ganz low-tech-mäßig eine innovative Lösung nach der anderen aus dem Hut gezaubert wird. Mag sein, so der Tenor des Films, dass wir unsere Technologieführerschaft in vielen Bereich der Industrie verloren haben. Doch die Bauernschläue des enormen kreativen Potenzials, das in diesem unserem Lande brachliegt, kann durchaus zum Vorteil aller genutzt werden, und wenn es nur darum geht, einen spöttischen Vorschlag zur Lösung beinahe jeder Krise abzuliefern und manchen Lacher zu ernten.

Ähnlich wie bei Muxmäuschenstill haben hier – was beinahe schon erstaunlich und lobenswert genug ist – zwei Filmemacher die bundesrepublikanische Wirklichkeit und die Gesellschaft ins Visier und aufs Korn genommen und mit anarchischem Humor jenseits gängiger Dramaturgiestrickmuster („Plot Point 1, Plot Point 2 und zwischendrin die Story fallen lassen“) einen Film gedreht, wie man ihn nicht alle Tage sieht. Mitunter schießen die seltsamen und bizarren Storys zwar über das Ziel hinaus, aber die Frische und Frechheit, die dieser Film atmet, lassen das schnell in Vergessenheit geraten. Und darüber hinaus haben die Weltverbesserungsmaßnahmen der Realität noch etwas Entscheidendes voraus – sie haben allesamt ein Happy End. Vielleicht wird also doch noch alles gut…

Wer sich übrigens selbst mit einbringen will, dem sei die Website www.weltverbesserungsmassnahmen.de des Films ans Herz gelegt, denn hier können weitere Weltverbesserungsmaßnahmen vorgschlagen werden, Wer weiß, vielleicht rettet ja eine der Ideen von heute schon morgen die Welt.

Weltverbesserungsmaßnahmen

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“, wusste Heinrich Heine schon vor mehr als 150 Jahren, und heute ist die Situation nicht wesentlich besser, im Gegenteil.

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Meinungen

jackson · 15.10.2005

Ein sehr schöner Film

urlauber123 · 19.08.2005

Der Film hat mir recht gut gefallen (schön schräge Geschichten!). Der Kinobesuch hat sich auf jeden Fall gelohnt. Am besten umgesetzt waren m.E. der "Sorbische Euro" und die "AKV". Als Gesamtwerk steht es aber um Längen hinter MUXMÄUSCHENSTILL.