Ein Dichter in der Familie

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Hommage an und für Tana Schanzara

Eine ganz besondere Huldigung wurde der Schauspielerin Tana Schanzara anlässlich ihres 80. Geburtstags im letzten Jahr zuteil: Der Journalist und Autor Werner Streletz, innerhalb dessen Schaffen die Beschäftigung mit der Sprache, der Kultur und vor allem mit den Menschen des Ruhrgebiets eine zentrale Rolle spielt, hat der „Revier-Duse“ ein filmisches Denkmal auf den Leib geschrieben, in dem sie selbstverständlich die Hauptrolle übernahm. Regie führte Johannes Klaus, unter anderem Leiter des Studiengangs Schauspiel an der Bochumer Folkwang Hochschule, überwiegend ein Mann des Theaters. Herausgekommen ist ein ganz bezaubernder Film mit dezenter Heiterkeit und bewegender Tragik über die Korruption von Erinnerungen, in dem Tana Schanzara die Facetten ihres Talents auch jenseits des Kommödiantischen unter Beweis stellt.
Obwohl er bereits vor neun Jahren verstorben ist, dreht sich das Leben von Grete Krause (Tana Schanzara), einer emotional sehr ausgeprägten Frau von Mitte siebzig, noch immer intensiv um ihren Ehemann Hans (Ernst Stötzner), in Gedanken und idealisierten Erinnerungen, die sie kaum mit jemandem teilen kann. Auch Karin (Magdalena van den Hoven), eine Frau Anfang dreißig, die Grete täglich das „Essen auf Rädern“ bringt, hat zwischen Tür und Angel meist wenig Zeit, der sympathischen Witwe zuzuhören.

Am 80. posthumen Geburtstag von Hans aber verbringt Karin einmal privat einen ganzen Tag mit Grete, um das Andenken an ihren geliebten Toten mit ihr gemeinsam zu zelebrieren. Sie besuchen sein Grab, kehren im Friedhofscafé ein und kochen schließlich zu Hause ein Mahl, das Hans zu Lebzeiten besonders gern aß. Grete ist ganz in ihrem Element und entwirft erzählerisch ein grandioses Bild des Verstorbenen, der ein phantasievoller, schräger Dichter war, in dessen Gedenken sich ihr eigenes Leben nur spiegelt. Doch im Laufe des Tages und im Gespräch mit Karin enthüllen sich zunehmend auch düstere Seiten dieses seltsamen Mannes, die sich in Gretes glorifizierende Erinnerungen drängen.

Ein Dichter in der Familie ist ein völlig unabhängiges Projekt, das von Drehbuchautor Werner Streletz und Regisseur Johannes Klaus selbst produziert wurde, um für ihre langjährigen Wegbegleiterin ein bleibendes Dokument zu inszenieren, das „der Flüchtigkeit einer Theaterproduktion enthoben“ ist, so Streletz.

Tana Schanzara, die im Verlauf ihrer langen Karriere mit Regisseuren wie Peter Zadek, Rainer Werner Fassbinder, Claus Peymann und Leander Haußmann zusammengearbeitet hat, gehört bereits seit 1956 zum festen Ensemble des Schauspielhauses Bochum. Wir kennen sie aus zahlreichen Fernsehproduktionen wie Tatort und Kinofilmen wie Jazzclub – der frühe Vogel fängt den Wurm, doch auch ihre humoristischen Solo-Programme, die mit Solo für Tana 1985 begannen, waren ein großer Erfolg. Auch Magdalena van den Hoven und Ernst Stötzner, die neben Tana Schanzara brillieren, sind zwar überwiegend auf der Theaterbühne beheimatet, doch auch aus Fernseh- und Kinofilmen bekannt. Während van den Hoven bisher überwiegend in Kurzfilmen zu sehen war, hat Stötzner bereits neben seinen Theater-Engagements bei Regisseuren wie Peter Stein und George Tabori in Filmen wie Die Einsamkeit der Krokodile von Jobst Oetzmann und Underground von Emir Kusturica gespielt.

Ein Dichter in der Familie ist ein sehr eindringlicher, persönlicher Film, der ganz vom hervorragenden Spiel seiner Darsteller lebt, und über die Hommage an Tana Schanzara hinaus eine Geschichte um Lebenslügen und die trügerische Welt der Erinnerungen.

Ein Dichter in der Familie

Eine ganz besondere Huldigung wurde der Schauspielerin Tana Schanzara anlässlich ihres 80. Geburtstags im letzten Jahr zuteil.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Dieter Rasche · 13.03.2006

nicht ganz so prickelnd,
musste leider mit dem schlaf kämpfen (und habe verloren).

m.w. · 31.01.2006

also mir persönlich hat ja bersonders MAGDALENA VAN DEN HOVEN gefallen. von der will ich mehr sehen!!!