3° kälter

Deutschland, ein Trauerspiel

Eines Tages war Jan (Sebastian Blomberg) einfach weg, wie vom Erdboden verschluckt, ohne ein Wort des Erklärens oder Bedauerns. Zurück bleiben die anderen, seine Familie, seine Freundin und Marie (Bibiana Beglau), die Jan immer noch liebt. Trotzdem hat sie irgendwann Frank (Johann von Bülow ) geheiratet, der Verlust aber treibt sie immer noch um, nachts schreibt sie Briefe an den Verschwundenen, die sie anschließend im Papierkorb entsorgt, weil Worte das gar nicht ausdrücken können, was sie empfindet. Als Frank eines Tages einen dieser Brief findet, leitet er ihn an Jan weiter, denn Frank ist der einzige, der um den Aufenthaltsort des Verschwundenen weiß und der die ganze Zeit geschwiegen hat. Ein Fehler, wie er nun weiß, denn das Schweigen und die Lüge stehen wie eine unsichtbare Schranke zwischen ihm und seiner Frau. Als Jan plötzlich nach fünf Jahren der Abwesenheit wieder auftaucht, gerät die Erstarrung, die sein Verschwinden hinterlassen hat, in Bewegung, die emotionalen Panzer brechen auf, das mühsam erlangte Gleichgewicht gerät ins Schwanken.
Bleischwer liegt der graue Himmel über der tristen Landschaft, und ebenso schwer lasten die Metaphern der Einsamkeit und Entfremdung über Florian Hoffmeisters Film 3° kälter, der im letzten Sommer die deutschen Farben in Locarno vertrat. Das dürfte den Zuschauern des Festivals mit Sicherheit die Laune verhagelt haben, denn so viel teutonische Erdenschwere und Bedeutungshaftigkeit ist wahrlich nicht jedermanns Sache. Und wer auf der Piazza Grande oder im Kino keinen Pullover dabei hatte, dürfte sich eine üble Erkältung zugezogen haben, denn statt der Titel gebenden 3° senkt das Werk die Raumtemperatur mindestens um gefühlte 20° ab.

3° kälter ist depressiv dräuendes und sichtlich bemühtes Kunstkino mit zugegebenermaßen wunderschön düsteren Bildern, aber einem reichlich löchrigen Drehbuch, in dem sich der Zuschauer die Begründungen für das Handeln der Figuren selbst zusammensuchen muss. Wie beispielsweise bekommt Frank die Adresse von Jan in Spanien heraus? Warum ging Jan weg? Und warum scheint sich das Schicksal einer weiteren Trennung bei Jans Bruder Olli (Florian David Fitz) zu wiederholen, dessen Freundin Babette (Katharina Schüttler) in wenigen Tagen die Stadt verlassen wird – ebenfalls ohne Begründung. Fragen über Fragen, die allerdings – statt den Zuschauer zum Nach- und Weiterdenken zu bewegen – tiefste Ratlosigkeit hinterlassen. Mit der Mischung aus Wortkargheit und Symbolüberfrachtung erinnert 3° kälter entfernt an die Filme Ingmar Bergmanns, doch ein großer Wurf ist dieser Film beleibe nicht, trotz seines Silbernen Leoparden in Locarno. Zu gewollt, um wirklich gut zu sein oder zu berühren.

3° kälter

Eines Tages war Jan (Sebastian Blomberg) einfach weg, wie vom Erdboden verschluckt, ohne ein Wort des Erklärens oder Bedauerns. Zurück bleiben die anderen, seine Familie, seine Freundin und Marie (Bibiana Beglau), die Jan immer noch liebt.
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Meinungen

Justin · 20.03.2006

Sehr kopfig, sehr kopfig!